Ritus
hielt einen Schlagstock. Der Tod war ihr nah, und trotzdem zeigte sie keine Anzeichen von Furcht.
Irgendwo im Hintergrund dudelte das A-Team los.
Die Frau grinste gefährlich und zeigte ihm ein Raubtiergebiss; die kräftigen Zähne glichen einer Wand aus spitzen Messern.
Die Sorge um seinen Vater machte ihm Angst, die er niederkämpfen musste, um die Kontrolle zu behalten. »Hey, Schnurrbart!«, schrie Eric einen der zu Statisten degradierten Männer an, die wie gelähmt herumstanden und nur abwarten konnten, wie der Kampf endete. »Geh ran.«
Der Mann wagte nicht, sich zu bewegen.
»Geh an das verfluchte Handy, oder ich schwöre …«
Dann geschahen zwei Dinge gleichzeitig: Einer der Männer bückte sich nach der P9, die zu seinen Füßen lag, und die Tänzerin nutzte seine Ablenkung. Der Schlagstock zuckte derart schnell vorwärts, dass ihm keine Zeit blieb. Er knallte gegen sein Gesicht und küsste ihn schmerzhaft; Eric strauchelte benommen gegen die Baldachinstütze und riss die Konstruktion ein. Die Welt um ihn herum verschwand in schwarzer Seide. Er sah die grünen Stoffblätter einer gestickten Palme vor sich und roch die Düfte von Essen und von Weihrauch, die sich darin gefangen hatten; neben sich hörte er das Keuchen eines Mannes. Er war also nicht allein unter dem Stoff begraben worden.
Immer noch rief das A-Team nach ihm, gleich darauf wurde die Melodie vom Dröhnen seiner eigenen Sig Sauer übertönt, mit der einer der Ägypter auf ihn schoss. Die Glaser-Geschosse sirrten um ihn herum durch den Baldachin, verfehlten ihn aber. Blind wie er war, hechtete Eric ungefähr in die Richtung, in der er den Kissenstapel vermutete; der musste als Deckung dienen, bis er sich aus dem Seidennetz befreit hatte.
Das Schießen endete, das Magazin war leer.
Upuaut hatte einen Mordsspaß, ihn zu quälen, denn das Handy bimmelte ohne Unterlass, lockte ihn, rief ihn zu sich und drohte trotz der heiteren Melodie mit dem Tod seines Vaters.
Aus Erics Angst wurde Panik. Mit roher Gewalt riss er sich aus der Stoffbahn frei – gerade noch rechtzeitig, um den Mann, der noch die leer geschossenen P9 in Händen hielt, mit einem Treffer in die Brust auf den Boden zu zwingen. Von den anderen Männern und der Tänzerin fehlte jede Spur.
»Scheiße, verdammte!« Eric lief geduckt auf die andere Seite des Kissenstapels, wo er das Handy vermutete, hob unterwegs die P9 auf und lud ein neues Magazin nach.
Plötzlich griff ihn die Tänzerin wie aus dem Nichts an. Sie hatte sich verwandelt, war halb Frau, halb Tier geworden, bewegte sich auf zwei Beinen und sah dabei aus wie eine überdimensionale Chimäre mit glänzendem Fell. Nur noch der Gurt aus den dünnen Metallplättchen lag um ihre Hüfte, die restliche Kleidung war abgefallen. Ihre Kurzstöcke zischten nieder.
Eric benutzte seinen weißen Lackmantel zur Abwehr, wirbelte ihn herum und fing so die Schläge ab, nahm ihnen einen Teil ihrer mörderischen Wucht. Gleichzeitig trat er ihr in den Unterleib. Sie kläffte überrascht auf; die Kappen aus gehärtetem Silber verursachten ihr Schmerzen und brachten sie aus dem Angriffsrhythmus. Das nutzte er, um seine Waffe durchzuladen.
»Flieg bis zu den Pyramiden, Dreckvieh!« Eric setzte ihr die Mündung der P9 genau in Herzhöhe aufs Fell und drückte in schneller Folge ab. Der Erfinder der Glaser-Munition hätte seine wahre Freude an dem gehabt, was die Kügelchen mit dem Leib der Tänzerin anrichteten. Nichts, was sich im unmittelbaren Eintrittsbereich befand, blieb zurück. Die Rippen und das Herz wurden zerrissen, das Wandelwesen bäumte sich jaulend auf – und fiel gleich darauf tot auf das Parkett. In wenigen Augenblicken verwandelte sie sich zurück. Vor ihm lag nun wieder eine nackte, schöne Frau von fünfundzwanzig Jahren mit einem Münzgurt um den Bauch und einem klaffenden Loch in der Brust. Nichts deutete darauf hin, dass sie Reißzähne und Klauen besessen hatte. Kein normaler Mensch würde ihm glauben, wenn er von einem Kampf mit einem Wandelwesen berichtete.
Das Handy klingelte noch immer. Eric hechtete in seine Richtung.
Unter den Resten des Baldachins bewegte sich etwas. Eine spitze Schnauze mit hellem Fell zerschnitt den Stoff und erweiterte den vorhandenen Riss, durch den sich ein weiterer Schakal hinauszwängte. Er sprang an Eric vorbei, schnappte sich das Handy und spurtete los.
»Du Wichsding!« Eric kniete sich hin, um mit der Glock ruhiger zielen zu können. Dreimal drückte er rasch hintereinander
Weitere Kostenlose Bücher