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Ritus

Ritus

Titel: Ritus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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fünfhundertfünfzig Metern pro Sekunde achtmal schneller an den Körper ab als ein solides Projektil.«
    »Ich weiß es nicht!«
    »Man sagt, dass siebenundachtzig Prozent der Leute, die von herkömmlichen Kugeln getroffen werden, überleben. Aber über neunzig Prozent von denen, die Glaser-Munition abbekommen, sterben am Schock. Egal, wo sie was abbekommen.« Er zielte jetzt auf den Fuß seines Gegners. »Schauen wir mal.«
    Es knallte. Der teure Lederschuh bekam ein Loch, die Sohle wurde nach oben gedrückt, Blut und Gewebe platzten rechts und links heraus. Der Werschakal jaulte auf, machte zwei linkische Hopser rückwärts und fiel auf den Teppich, keuchte, hechelte und krümmte sich. Seine Regenerationsfähigkeit mochte jede Wunde heilen können, doch sie fing die Wirkung der Glaser-Munition nicht ab; das Wandelwesen starb vor den Augen der fünf verbliebenen entsetzten Männer. Mit dem Tod kehrte die menschliche Form zurück.
    »Wenn die Kügelchen aus Silber sind, wirkt die Munition noch besser. Habe ich vergessen zu erwähnen.« Eric stand auf. »Welches von den Arschlöchern war Upuaut? Und wo ist mein Vater?« Er zog den Hahn der P9 zurück. »Ich habe noch sechs Schuss und wenig Geduld. Also?«
    Das Handy vibrierte los. Mit der freien Hand fischte Eric es aus der Tasche und hielt es sich ans Ohr. »Ja?«
    »Sie wurden gewarnt«, raunte eine Frauenstimme. »Warum sind Sie trotzdem hierher gekommen, Herr von Kastell?«
    »Wo ist er?«
    »Was bieten Sie für sein Leben?«
    »Dein Leben.«
    Die Stimme lachte. »Machen wir ein Spiel. Ich habe mich nach einem Gott benannt, weil ich tatsächlich über Leben und Tod herrsche. Ich werde Sie noch einmal anrufen, und wenn Sie nicht abheben, wird Ihr Vater sterben. Nehmen Sie das Gespräch an, und ich lasse ihn auf der Stelle frei. Deaktivieren Sie besser Ihre Mailbox.« Das Gespräch wurde mit einem Klicken beendet.
    »Was ist das für eine Kacke?« Eric fluchte, stellte den Klingelton wieder an und feuerte dem Mann, der am weitesten von ihm weg stand, in die Brust. Ächzend fiel er rücklings auf die Kissen und starb mit aufgerissenen Augen. »Fünf Schuss, keine Geduld.« Der Lauf ruckte auf den Nächsten.
    Er hörte ein leises Klimpern, und aus den Augenwinkeln sah er den Schatten heranhuschen. Dem nur erahnten Angriff gegen seinen Kopf wich er mit einer Körperdrehung zur Seite aus, konnte aber nicht verhindern, dass er einen Schlag auf den rechten Arm erhielt. Die Hand öffnete sich, das Telefon fiel klappernd auf den Boden und schlitterte davon.
    Vor ihm stand die Bauchtänzerin. Die Hände hielten zwei Schlagstöcke vor dem trainierten Körper, die braunen Augen blickten ihn geringschätzig an. Ihre Haltung drückte Stolz aus – und eiskalte Überlegenheit. Sie glich einer Pharaonin, die vom Thron gestiegen war, um den anmaßenden Eindringling in ihrem Palast eigenhändig zu töten. Und Eric fand sie in dem knappen Outfit auch noch verdammt attraktiv.
    »Sie stören meinen Tanz.« Ihr Stock zuckte wie ein Blitz vorwärts, schnell, elegant und brachial; es gab keine Chance, in irgendeiner Weise auf den explosiven Angriff zu reagieren. Sie schlug ihm die Sig Sauer aus den Fingern, trat ihm synchron dazu gegen die Brust und schleuderte ihn gegen den Beistelltisch. Er krachte, zusammen mit intakten und kaputten Wasserpfeifen sowie den Teetassen, in den Kissenberg; heißer Tabak brannte in seinem Gesicht und versengte seinen Kinnbart.
    Eric rollte sich ab, so gut es bei dem weichen Untergrund ging, schnappte sich das Tischchen als improvisierten Schild und erwartete seine Angreiferin.
    Sie attackierte mit der Eleganz einer Tänzerin und der Wucht eines Sandsturms. Die harten Hiebe prasselten gegen das Blech, das sich mit jedem Treffer verbog. Das Ägyptische an ihr, der überhebliche Ausdruck, der unerwartete Mut, die Schlagstöcke, die an die Keulen jenes altägyptischen Gottes erinnerten, brachten ihn auf einen unerhörten Gedanken. War sie Upuaut?
    Gerade als die Tänzerin zu einem Doppelschlag ausholte, trat Eric unter seinem Schild nach ihrem vorderen Fuß und fegte sie von den Beinen. Er hob das Tischchen hoch und schleuderte es nach ihr. Sie rollte sich blitzschnell zur Seite, wollte aufspringen – und schaute in die Mündung der Glock.
    »Bleiben Sie bitte so, Schönheit.« Eric stand über ihr. Er hatte den Augenblick der Ablenkung genutzt, um die Zweitwaffe aus dem Stiefel zu ziehen. Die Tänzerin lag still, eine Hand hinter dem Rücken, die andere

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