Rivalen der Liebe
noch mal, Jules. Jetzt halt gefälligst still«, drängte er.
»Ach, du bist’s«, murmelte sie. Es war ihr Ehemann, der ihr zur Hilfe eilte, obwohl sie gar keine Hilfe brauchte. Nun gut, vielleicht doch, aber darum ging es ja gar nicht. Er war hier – zusammen mit ihr! Was hatte er hier zu suchen?
»Ja, ich bin’s. Und wenn du weißt, was gut für dich ist, dann kommst du jetzt einfach brav mit«, raunte Roxbury. Seine Stimme war tief und entschlossen und ließ kleine, wohlige Schauer über ihren Rücken rinnen. Mit einem Mal war die ganze Angelegenheit nicht mehr nur düster, sondern geradezu dramatisch.
»Willst du mich etwa entführen?«, zischte Julianna ihren Gatten an. »Und damit du’s nur weißt: Ich komme nicht mit zu dir nach Hause. Jetzt nicht. Was hast du hier überhaupt zu suchen?« Sie hatte ungefähr eine Million Fragen an ihn und wollte sofort alle Antworten. So sehr sie sich auch freute, ihn zu sehen, so wollte Julianna auf keinen Fall sofort wieder gehen müssen. Nicht, wenn sie so kurz davor stand, dieses verzwickte Geheimnis um den Mann, der sich auskennt, zu lüften. Genauso heftig wünschte sie aber, sich einfach in Roxburys Arme zu werfen und ihn leidenschaftlich zu küssen.
Und während Roxburys Gegenwart ihren Verstand verwirrte und ihre Gedanken sich in tausend verschiedene Richtungen drehten, entkam der Mann, der Bescheid weiß, schon wieder. Erneut wand sie sich in Roxburys Armen und versuchte ihm zu entkommen.
»Jules, jetzt gib endlich Ruhe und halt den Mund«, befahl dieser. »Du provozierst noch einen Aufstand. Ich habe nicht vor, dich jetzt gleich mit nach Hause zu nehmen, keine Angst. Wenn du die Information willst, nach der du so lange gesucht hast, brauchst du mir nur leise zu folgen.«
»Woher willst du so genau wissen, wonach ich suche?«, erwiderte Julianna angriffslustig.
»Sei nicht so begriffsstutzig«, erwiderte Roxbury nur. »Ich kenne dich, Julianna. Ich kenne deine Gedanken, bevor sie dir überhaupt in den Sinn kommen, ich weiß, was du schlagfertig erwidern wirst, ehe die Worte über deine hübschen Lippen kommen. Ich weiß, wie du nackt aussiehst, und ich weiß, dass du glaubst , die perfekte Verkleidung zu haben, während du hier nach dem Mann, der Bescheid weiß, suchst.«
»Wie hast du mich gefunden?«
»Ich bin dir von St. Bride’s hierher gefolgt und habe die ganze Zeit Blut und Wasser geschwitzt vor Angst um dich.«
»Schön und gut, aber wohin willst du mich jetzt bringen? Sag es mir endlich, Simon!«
»Ich werde den Mann, der Bescheid weiß, treffen. Du kannst solange hier warten, wenn du magst. Alleine. Mit all den betrunkenen Männern, die sich einen Teufel darum scheren, ob du eine Lady bist oder nicht. Ich habe dir ja beigebracht, wie man boxt, du wirst dich also problemlos verteidigen können.«
»Ich begleite dich«, lenkte Julianna hastig ein.
»Das habe ich mir schon gedacht«, meinte Roxbury selbstgefällig.
Triumphierend führte er seine Gattin die Treppe nach oben und dort an ein paar offenen Türen vorbei, hinter denen ein paar einfache Schlafkammern lagen. Und dann öffnete er eine Tür, die zu einem Wandschrank gehörte.
»Rein mit dir«, sagte er und gab ihr einen Stups in den Rücken. Fairerweise musste Julianna zugeben, dass es ein großer Wandschrank war. Trotzdem – es war ein Wandschrank. Ein kleiner, dunkler, enger und abgeschlossener Raum in einem Kaffeehaus in High Holborn. Dieser Ort stand auf der Liste derjenigen Orte, die eine Lady nicht aufsuchen sollte, ziemlich weit oben. Und schon gar nicht sollte eine Lady sich hier mit einem Schwerenöter blicken lassen.
Julianna hob daher einfach fragend eine Augenbraue.
»Ich weiß«, erwiderte Roxbury trocken. »Ich bin schon ein romantisches Kerlchen.«
Kapitel 52
Roxbury atmete ungeduldig aus. Diese verrückte Frau hatte vor einiger Zeit verkündet, es gebe nur eines, was sie sich auf der Welt wünsche, und das sei, die Identität des Mannes, der Bescheid weiß, aufzudecken.
Wenn es etwas gab, das Roxbury sich wünschte, dann war es seine Frau. Er würde sie wieder zurückgewinnen, hatte er in seiner Verzweiflung beschlossen, und das würde er schaffen, indem er ihr offenbarte, wer als Mann, der Bescheid weiß, in der Presse sein Unwesen trieb. Julianna schrieb wieder für ihre Kolumne – ihre Erzählstimme und ihren Witz hatte er sofort erkannt – und wenn sie die Geheimnisse ihres Rivalen erst kannte, würde sie für die Zukunft über ein Mindestmaß an
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