Rivalen der Liebe

trafen auf ihre, und sein Kuss verhieß ihr eine Liebesheirat, die auf ewig halten würde.

Epilog
    White’s
    Der neue Earl of Selborne, der früher als Lord Brookes bekannt gewesen war, saß mit einem Brandy in der einen Hand und einer Ausgabe der London Weekly in der anderen direkt vor dem Kaminfeuer. Erst vor einer Woche hatte er sein Erbe angetreten und offiziell als Mann, der Bescheid weiß, seinen Ruhestand begonnen. Er schlich zwar nicht mehr ständig durch die Stadt auf der Suche nach neuen Gerüchten, aber er würde auf keinen Fall aufhören, die Klatschgeschichten zu verfolgen. Daher schlug er die Zeitung auf und las.
    Geheimnisse der Gesellschaft
    Von einer Lady mit Klasse
    Die erste Regel des Mannes, der Bescheid weiß, lautet: man spricht nicht über den Mann, der Bescheid weiß.
    Alle Farbe wich aus seinem Gesicht.
    Natürlich bricht ganz London regelmäßig diese Regel, und die Lady mit Klasse bildet da keine Ausnahme, denn sie weiß Neues über diesen Gentleman – oder sollte sie besser von Gentlemen sprechen? – der die beliebte Kolumne in einer kleinen Kammer in High Holborn verfasst. Die Lady mit Klasse erfuhr sämtliche Geheimnisse des Mannes, der Bescheid weiß, und könnte sie jederzeit enthüllen.
    Ein dünner Schweißfilm bildete sich auf Selbornes Stirn. Woher konnte sie das wissen? Seit vierzig Jahren war das Geheimnis bewahrt worden. Er trank gierig.
    Es gibt natürlich noch mehr Geheimnisse, die ich mit Ihnen teilen kann. So wurde uns beispielsweise zugetragen, dass Lady Stewart-Wortly es sich in einem Kloster in Frankreich gemütlich eingerichtet hat.
    Das wusste er bereits, aber es schenkte ihm nur wenig Genugtuung.
    Dort steht es ihr frei zu schreiben, wonach ihr der Sinn steht. Ob sie wohl weiter Benimmbücher für junge Ladys schreiben wird? Oder wendet sie sich nach den jüngsten Erfahrungen nun doch lieber dem Verfassen von Liebesromanen zu?
    Die bedeutende Sammlerin Lady Hortensia Reeves hat ihre riesigen Sammlungen dem British Museum vermacht und der Öffentlichkeit erklärt, sie werde zukünftig lieber Verehrer sammeln.
    Ganz London ist zudem sehr betrübt über den Verlust des sehr anständigen Earl of Selborne. Sein Erbe Lord Brookes ist sicher alles andere als anständig. Tatsächlich kann man wohl sagen, dass er ziemlich verrufen ist. Was hat er eigentlich in den vergangenen Jahren so getrieben, wenn ich fragen darf?
    Selborne schaute sich im Raum um und sank immer tiefer in seinen Sessel. Jahrelang war er unentdeckt entkommen, und jetzt hatte die Lady mit Klasse letztlich doch sein Geheimnis entlarvt!
    Als er den letzten Abschnitt ihrer Kolumne erreichte, hatte sein Gesicht bereits alle Farbe verloren. Seine Haut war feucht, und das Herz hämmerte ihm im Leib. Aber trotzdem konnte er sich ein ironisches Lächeln nicht verkneifen, weil er hier die Antwort auf ein Geheimnis fand, das ihn schon lange gequält hatte. Er hob grüßend sein Glas und kippte den restlichen Brandy.
    Man erzählt sich außerdem, dass Lady Roxbury jetzt einen atemberaubenden Diamantring mit Rubinen trägt, den ihr Ehemann ihr geschenkt hat. Allem Anschein nach – auch ihren eigenen Worten zufolge – ist diese Ehe tatsächlich eine Liebesheirat.

Schlussbemerkung der Autorin
    Es gab zu jeder Zeit Frauen, die sich nicht um Konventionen scherten und die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllten. Diese Frauen haben mich immer am meisten inspiriert und fasziniert, weshalb ich über genau diese Persönlichkeiten schreiben wollte. So wurden Sophie Harlow und die Schreibmädchen geboren.
    In der Regency-Epoche selbst, während der ersten drei Jahrzehnte des beginnenden 19. Jahrhunderts also, gab es keine Frauen, die den Schreibmädchen tatsächlich ähnelten. Es gab jedoch vor ihrer Zeit immer wieder Frauen, die sich aktiv im Verlagswesen betätigten: Mary de la Riviere Manley war die Herausgeberin und Gründerin von The Female Tatler (1709) und des Examiner (1711). Eliza Haywood brachte The Female Spectator heraus – das erste Magazin von Frauen für Frauen gemacht, das 1744 erstmals erschien. Mrs. Elizabeth Johnson war eine Buchdruckerin, die mit der British Gazette and Sunday Monitor 1779 die erste Sonntagszeitung herausgab. La Belle Assemblee , ein Modemagazin zur Zeit des Regency, beschäftigte zudem Frauen.
    In dieser Zeit wurden nahezu alle Artikel in Zeitungen und Zeitschriften anonym veröffentlich. Wer kann behaupten, dass sie nicht auch von Frauen verfasst wurden?
    Die Londoner Woche