Rivalin der Götter erbin3
dem Boden, wo ich gelegen hatte, befand sich kein Blut. Meine Kleidung war nicht zerrissen, weil es nie eine Wunde gegeben hatte. Wenn ich versuchte, mich zu erinnern, erschien vor meinem geistigen Auge das Bild des Mannes mit der blutroten Maske mit zum Schlag erhobener Hand, der rückwärts fog, als Dekas Schlag roher Magie ihn traf. Doch ich konnte mich auch erinnern, dass er zugeschlagen hatte.
Kurz darauf erschien Nemmer und ließ etwas Schweres auf den Boden fallen. Eine Leiche. Ich blinzelte. Nein, einen der Weißmaskierten. Eingewickelt in etwas, das wie riesige, sich windende Schlangen aussah, die aus durchsichtigen Schatten geformt waren. Nemmers Magie. In dem Moment, als sie erschien, war die Hälfte von Wraths Soldaten zum Angrifübergegangen. Die andere Hälfte erkannte ihren Fehler und versuchte, sie aufzuhalten. Alle schrien aus Leibeskräften durcheinander, einige Ausfallschritte wurden abgebrochen, und dann gab es viel verwirrtes Durcheinanderrennen. Ich nahm an, dass Wrath, wenn er den Tag überlebte und immer noch seine Position innehatte, seinen Soldaten bald ein gründliches Training in Sachen »Götter – wie man sie schnell erkennt und nicht angreift« angedeihen lassen würde.
»Ich hab sie«, sagte sie und stemmte ihre Hände in die Hüften.
Sie warf mir einen Blick zu und grinste. »Sag deinen Sterblichen, sie können sich beruhigen. Die Gefahr ist vorbei.«
Ich starrte sie stumm vor Entsetzen an. Ihr Grinsen verblasste. Sie starrte mich an und schnippte dann vor meinem Gesicht mit den Fingern. Ich schrak zusammen.
»Was zur Hölle ist los mit dir?« Ihr Lächeln wurde bösartig. »Hattest du solche Angst vor deiner ersten Berührung mit sterblicher Gefahr, großer Bruder?«
Ihr Spott ärgerte mich nicht, denn ich war schon tausend Mal öfter in sterblicher Gefahr gewesen, als sie es je sein würde. Und meine Gedanken waren von weit merkwürdigeren Dingen mit Beschlag belegt.
Doch ich war nicht umsonst der Gauner. Mein Mund bewegte sich automatisch, während die Gedanken in meinem Gehirn weiter herumwirbelten. »Was mir Angst gemacht hat, war die Unfähigkeit, die ich dort unten gesehen habe«, fuhr ich sie an. »War es dein Plan, dass sie beinahe ihr Ziel erreicht hätten, oder wurden deine vielgepriesenen Profis im Schlaf überrascht?«
Nemmer verlor nicht die Beherrschung, aber sie war nahe dran. Wenigstens hörte sie auf zu lächeln. »Es gab zehn davon«, sagte sie. Das durchbrach meinen Schockzustand und brachte mich zurück in die Gegenwart. »Den mitgezählt, den dein Schreiberliebling getötet hat. Alle kamen aus unterschiedlichen Richtungen, keiner von ihnen war aufzuhalten – es sei denn, man zerstörte vollständig ihre Körper, oder die Masken wurden zerbrochen. Du hast Glück, dass nur einer von ihnen durchgebrochen ist. Wir waren auf einen Schlag dieser Größe nicht vorbereitet.«
Zehn von ihnen. Zehn Sterbliche, die man überlistet hatte, damit sie die Masken aufsetzten und sich in lebende Wafen verwandelten. Ich schüttelte den Kopf. Mir war schlecht.
»Geht es den Sterblichen hier oben gut?« Sie sprach in neutralem Tonfall. Wir waren also wieder bei unserem unausgesprochenen Wafenstillstand angelangt.
Ich sah mich um und bemerkte, dass Shahar und Dekarta zusammen in unserer Nähe standen und unserer Unterhaltung zuhörten. Auf der anderen Seite des Hofs war Remath auf den Stufen stehen geblieben und schien sich mit Ramina zu streiten. Wrath sah uns an. Eine Hand lag auf dem Schwertgrif, und sein Blick ruhte auf der maskierten Kreatur zu Nemmers Füßen.
»Den wichtigen Sterblichen geht es gut«, sagte ich und fühlte mich müde und voller Trauer. Zehn, die angeblich unwichtig waren, waren gestorben. Und wie viele Soldaten und Unschuldige in der Menge? »Es geht uns allen gut.«
Nemmer schaute mich wegen meiner Ausdrucksweise unsicher an, nickte aber und zeigte auf den gefesselten Mann mit der weißen Maske. Er war nicht tot. Ich sah, wie er sich gegen die Fesseln sträubte und vor Anstrengung keuchte. »Der hier ist also für dich. Ich nehme mal an, dass der Schreiberjunge irgendetwas über seine Magie herausfinden kann. Sterbliche verstehen die Denkweise anderer Sterblicher immer besser, als ich es je werde.« Sie zögerte und hob dann ihre Hand. Etwas anderes erschien darin. »Ich werde dir das hier auch geben. Hüte dich vor den intakten Masken. Doch wenn sie einmal zerbrochen sind, stirbt die Magie.«
Sie hielt sie vor sich: die zerbrochenen
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