Rivalin der Götter erbin3
»Warum steht ihr nur hier herum? Macht, dass ihr zurück nach Elysium kommt, verdammt!«
Ein kurzes Knistern war zu hören. Ein Blitz entfuhr der Menge und schlug einen Bogen, um den zweiten Maskierten zu treffen. Auch eine Handvoll Wachen wurde getrofen, die schreiend davonfogen. Schreiberidioten. Wie der erste Maskierte, so stolperte auch dieser und blieb stehen. Kurz darauf warf er sich nach vorne, und seine Hände suchten verzweifelt Halt auf den Stufen, bis er wieder aufrecht rennen konnte.
Das hatte den Wachen genug Zeit gegeben, sich wieder zu fangen. Wrath Arameri, der sein blank gezogenes Schwert in der Hand hielt, rannte an der Spitze von zwei Reihen Soldaten an uns vorbei. Eine Reihe teilte sich auf und stellte sich im Kreis um uns auf, um Remath und den Rest von uns zu beschützen. Die andere Reihe wurde von Wrath angewiesen, die Wachen am Fuß der Treppe zu unterstützen. Wrath selbst begab sich an Remaths Seite und wagte es, ihr eine Hand auf die Schulter zu legen, während er sie zu den Tagsteintreppen drängte. Die beiden Maskierten rannten in einen Wald aus Piken und Schwertern. Aus der Reaktion der Männer oder, besser gesagt, aus dem Mangel daran – konnte man allerdings ablesen, dass die Schläge sie zwar langsamer machen, aber nicht aufhalten oder töten konnten. Sie waren bereits tot.
»Was im Namen der Dämonen?«, murmelte Datennay Canru. Ich folgte seinem Blick, und mein Mund wurde trocken. Ein dritter Maskierter war auf der Treppe einer nahegelegenen Weißen Halle der Itempaner aufgetaucht. Er trug die Uniform eines
Ordensbewahrers. Im Gegensatz zu den ersten beiden war seine Maske in dunklem Blutrot gehalten und hatte weiße und goldene Muster. Außerdem war ihr Mund geöfnet und deutete rachsüchtige Wut an. Auch dieser Mann rannte auf uns zu. Da die Menge sich jetzt ausdünnte und die Wachen beschäftigt waren, stand ihm nichts im Weg.
Nichts außer mir.
»O Götter, nein«, füsterte ich. Was konnte ich tun? En pulsierte heiß an der Haut meiner Brust. Ich grifnach ihr … und dann fiel es mir ein. Ens Macht war an meine gebunden. Wenn ich stark war, war sie es auch. Doch ich war jetzt nur noch sterblich. Wenn ich En benutzte, ihr die letzte Stärke entzog …
Nein. Ich würde nicht meine älteste Freundin töten. Nicht hierfür. Und ich würde meine neuen Freunde nicht sterben lassen, auch wenn einer davon mich verraten hatte. Ich war immer noch ein Gott, verdammt nochmal, sogar ohne Magie. Ich war immer noch der Wind und die Launenhaftigkeit, auch wenn man mich in sterbliches Fleisch gebunden hatte. Ich würde mich nicht vor einem einfachen Sterblichen fürchten, ganz gleich, wie mächtig dieser war.
Also fetschte ich die Zähne und schlug mit dem Schwanz, den ich nicht länger besaß. Dann rief ich eine Herausforderung und rannte die Treppe hinunter, dem blutrot Maskierten entgegen.
Meine Worte waren in der Ersten Sprache gesprochen. Ein Befehl. Ich hatte nicht erwartet, dass der Mann darauf hörte. Doch zu meinem Entsetzen blieb er stehen und wandte sich mir zu.
Diese Maske war ebenso wunderschön wie entsetzlich. Die Rinnsale der Farbe deuteten faulige Flüsse an, die seltsam abgewinkelten Augen gebogene Gebirge. Ihr Mund war ein stilisiertes Ding aus Lippen und Zähnen. Dazwischen befand sich eine dunkle Öfnung, doch das Gesicht des Trägers dahinter war nicht zu sehen. Dieser Mund war verdreht wie in einem Geheul äußerster Verzweifung. Mörder, füsterten die Markierungen mir zu.
Plötzlich dachte ich an all das Böse, das ich während des Kriegs der Götter getan hatte. Ich dachte an das Böse, das ich seitdem getan hatte; manchmal auf Geheiß der Arameri, manchmal aus meiner eigenen Wut oder Grausamkeit heraus. Ich vergaß meine Herausforderung, als die Schuld mich schier zerdrückte, und kam stolpernd zum Stehen.
Ich spürte einen Ruck. Plötzlich fühlte ich Enge und Schmerz. Blinzelnd schaute ich nach unten und sah, dass der Mann seine Hand in eine Klinge verwandelt und mir diese bis zum Handgelenk mitten in den Körper gestoßen hatte.
Ich starrte immer noch nach unten, als Dekarta mich erreichte. Er packte meinen Arm und sprach ohne Worte. Dabei schlug er mit dem Kopf einen weiten, wütenden Halbkreis. Klang und Macht fossen aus seiner Kehle. Ein verneinendes Brüllen, gespeist aus der lebendigen Energie seiner Haut, seines Bluts und seiner Knochen. Besser, als viele Götter es gekonnt hätten. Ich sah, dass die Kraft da, wo sie in den blutrot maskierten
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