Rivalin der Götter erbin3
»Selbstverständlich.«
Remath fuhr fort: »Gleichzeitig habe ich meine Tochter Shahar angewiesen, dass sie jetzt für Euch die Verantwortung übernimmt. Während Eures Aufenthaltes in Elysium hat sie Euch genauso zu gehorchen wie mir und um jeden Preis für Euer Wohlergehen zu sorgen.«
Moment. Ich runzelte die Stirn und wandte mich wieder Remath zu. Der Ausdruck auf Remaths Gesicht – besser gesagt, die sorgfältige Vermeidung jeglichen Ausdrucks – ließ mich wissen,
dass ihr vollkommen bewusst war, was sie gerade getan hatte. Der entsetzte Blick, den Shahar ihr zuwarf, bestätigte das.
»Nur um ganz sicherzugehen«, sagte ich langsam. »Ihr bietet mir Eure Tochter an, mit der ich tun und lassen kann, was mir beliebt.« Erneut warf ich Shahar einen Blick zu, aus deren Augen Mordlust sprühte. »Und was, wenn es mich gelüstet, sie zu töten?«
»Natürlich würde ich vorziehen, wenn Ihr es nicht tut.« Remath trug das mit stoischer Ruhe vor. »In einen guten Erben wird eine Menge Zeit und Energie investiert. Doch sie ist eine Arameri, Lord Si’eh, und unsere grundlegende Aufgabe hat sich seit der Gründerzeit unserer Matriarchin nicht geändert. Wir regieren durch die Gnade der Götter. Deshalb dienen wir den Göttern uneingeschränkt.«
Shahar warf mir einen Blick zu, der so verletzt war, wie ich es seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen hatte; sie fühlte sich verraten und empfand hilfose Wut. Nun ja, das war die Shahar, die ich in Erinnerung hatte. Nicht, dass diese Situation so furchtbar war, wie sie scheinbar dachte. Durch unseren Eid hatte sie nichts von mir zu befürchten. Hatte sie Remath davon erzählt? Zählte Remath auf das Versprechen aus der Kindheit, damit ihre Erbin sicher war?
Nein. Ich hatte hundert Generationen lang unter den Arameri gelebt. Ich hatte gesehen, wie sie ihre Kinder mit sorgfältig abgewogener Vernachlässigung aufzogen. Deshalb hatten Shahar und Dekarta die Freiheit gehabt, als Kinder frei im Palast herumzulaufen und mich kennenzulernen. Sie glaubte, dass jeder Arameri, der dumm genug war, im Kindesalter bei einem Unfall zu sterben, zu dumm zum Regieren war. Ich hatte auch immer wieder gesehen, wie die Köpfe der Arameri Wege ersonnen, um die Stärke ihrer Erben zu testen, auch wenn dabei die Seelen dieser Erben zu Schaden kamen.
Dies allerdings … Ich spürte, wie sich meine Fäuste ballten,
und musste alle Kraft aufbieten, mich nicht in eine Katze zu verwandeln. Es war zu gefährlich und außerdem Magieverschwendung.
»Wie könnt Ihr es wagen!« Trotz allem kam es als Knurren heraus. »Ihr glaubt, ich wäre irgendein lächerlicher, einfältiger Sterblicher, der sich bei dem Gedanken gefällt, den Spieß umzudrehen? Ihr glaubt, ich muss andere erniedrigen, um mich aufzuwerten? Ihr glaubt, ich wäre wie Ihr?«
Remath zog eine Augenbraue hoch. »Wenn man bedenkt, dass Sterbliche als Abbild der Götter geschafen wurden – nein, ich glaube, wir sind wie ihr.« Das machte mich so wütend, dass ich schwieg. »Aber bitte, wenn es Euch nicht gefällt, Shahar zu benutzen, dann lasst es. Sagt ihr, was genau Euch gefällt. Sie wird dafür sorgen, dass es erledigt wird.«
»Und das soll Vorrang vor meinen anderen Pfichten haben, Mutter?« Shahars Stimme war so kalt wie die Remaths, aber höher. Sie klangen sehr ähnlich. Doch die Wut in ihren Augen hätte Glas zum Schmelzen gebracht.
Remath warf einen Blick über ihre Schulter und schien angesichts der Wut ihrer Tochter zufrieden. Sie nickte einmal wie zu sich selbst. »Ja, bis ich etwas anderes sage. Morad, stell bitte sicher, dass Shahars Sekretär informiert wird.« Morad murmelte eine höfiche Zustimmung. Remath beobachtete weiterhin Shahar. »Hast du noch Fragen, Tochter?«
»Nein, Mutter«, antwortete Shahar leise. »Du hast deine Wünsche sehr deutlich gemacht.«
»Ausgezeichnet.« Mit einer, wie ich fand, mutigen Geste drehte Remath ihrer Tochter den Rücken zu und sah mich an. »Noch eins, Lord Si’eh. Gerüchte sind unvermeidlich, doch ich würde Euch raten, Eure Anwesenheit – oder sollte ich sagen Eure Natur – während Eures Aufenthalts hier nicht an die große Glocke zu hängen. Ich bin sicher, Ihr könnt Euch vorstellen, welche Aufmerksamkeit das erregen würde.«
Ja, jeder Schreiber und Gottfreundliche im Palast würde mich mit Fragen, Verehrung und Segensbitten in die Raserei treiben. Und da wir uns hier in Elysium befanden, würde es ebenso die unvermeidlichen Hochblüter geben, die
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