Riven Rock
sagte er zu allen gewandt. »Das solltet ihr euch ansehen – die Stadt ist ziemlich zerstört, umgekippte Straßenbahnen, Häuser sind auf die Straße gestürzt, und überall brennt es. Und der Staub – Himmel, ich mußte mir einen Stofflappen vor den Mund halten, um nicht zu ersticken. Ich bin hergekommen, sobald ich konnte – hab den ganzen Weg laufen müssen.«
Brush brabbelte irgendwelchen Unsinn, daß angeblich die Milchkühe und die Hähne kurz vor dem Beben Alarm geschlagen hätten, und alle begannen gleichzeitig zu reden. O’Kane wandte sich an Mart. »Was ist mit Giovannella?« fragte er, doch ehe Mart antworten konnte, trat Mr. McCormick dicht an ihn heran, er zuckte und zappelte unkontrolliert. »Und Sie, Sie bluten ja – wissen Sie das, Eddie? Sie – Sie sind halbnackt, und S-Sie bluten...«
»Nicht so schlimm«, sagte O’Kane und blickte seinem Arbeitgeber in die Augen. Er roch seinen scharfen Atem, sah den Wahnsinn, der sich in seinem Blick zusammenballte, und nickte Mart zu: gut möglich, daß er gleich durchdrehte.
»Eddie, Sie bluten, Sie bluten...«
»Es geht ihr gut«, sagte Mart, trat etwas beiseite, um Mr. McCormick auszuweichen, und sah O’Kane mit einem Ausdruck an, der alles mögliche heißen konnte. »Sie ist in der Küche.«
»Ja«, dröhnte Brush und rückte mit weit ausgebreiteten Armen näher, als Mr. McCormick zurückwich, »das Haus hat sich recht ordentlich gehalten, wenn man seine Größe berücksichtigt – man sagt, es war das stärkste Erdbeben seit dem vor zwei Jahren in Tokio, oder sogar seit dem von San Francisco 1906, schlicht und einfach aus dem... aber gehen Sie nur rein, Eddie, gehen Sie rein, machen Sie sich ein bißchen frisch und sehen Sie nach der Köchin. Die wollten wir natürlich nicht mit nach draußen bringen«, sagte er halblaut, »wegen Mr. McCormick – aber machen Sie sich keine Sorgen seinetwegen, wir haben ja Mr. Vitalio hier, der sich um ihn kümmern kann.« Dabei blickte er zu Mr. McCormick, der jetzt auf der Grasnarbe vor dem Haus auf und ab marschierte, ebenso erregt wie damals wegen der Taschenratte, und dann zu dem Arbeiter, einem großen schwarzhaarigen Spaghetti, dessen kräftige Muskeln sich durch das Hemd abzeichneten. »Stimmt doch, Mr. Vitalio?«
Der Spaghetti warf einen unsicheren Blick auf den aufgekratzten Mr. McCormick, als erwartete man jeden Moment, daß er ihn niederringen sollte – was ja ohne weiteres noch eintreten konnte, ehe der Tag um war –, dann drehte er sich wieder zu Dr. Brush um und verschränkte die Arme vor der Brust. »Stimmt genau«, sagte er.
»In Ordnung also...« O’Kane drehte sich schon zum Haus. »Dann gehe ich mal rein und sehe nach Giovannella.«
Doch bevor er entkommen konnte, packte Brush ihn am Arm. »Ach so, Eddie, fast hätte ich’s vergessen: Wir werden Mr. McCormick wahrscheinlich ins Theatergebäude verlegen müssen – nur bis wir jemanden finden, der überprüfen kann, ob es im Haus noch sicher ist – und ich möchte, daß Sie heute nacht dableiben, schlicht und einfach aus dem Grund, daß es ihn bestimmt beruhigen wird, außerdem können wir ja nicht damit rechnen, daß Nick oder Patrick bald auftauchen, oder?«
O’Kane nickte nur, und dann riß er sich los, trottete die Einfahrt entlang, ging um das Haus herum und auf der Rückseite in die Küche. Drinnen war es ziemlich dunkel – die Lampen waren ohne Strom, natürlich –, und überall lag Zeug herum. Sämtliche Töpfe und Pfannen waren von den Haken gefallen, die Schubladen hatten ihren Inhalt quer über den Boden ausgeschüttet, und der große Eisschrank für das Fleisch stand in gefährlich schrägem Winkel gegen den Türrahmen gekippt. »Giovannella?« rief er. »Giovannella? Bist du hier?«
Zuerst kam keine Antwort, und er watete durch das Zwielicht, kickte Kochtöpfe, Käsereiben und zerbrochenes Geschirr beiseite, überall splitterndes Glas. »Giov? Wo bist du?«
In diesem Moment traf ein Nachbeben das Haus mit einem plötzlichen Schlag, als wäre die Erde eine lange, gekrümmte Peitschenschnur und das Haus und die Küche säßen an ihrem äußersten Ende. Gegenstände stürzten um. Gips rieselte herab. Es schepperte und krachte, dann war alles wieder still. Jetzt stieß Giovannella einen Schrei aus – und es war kein Schrei des Entsetzens, kein Flehen um Hilfe, sondern vielmehr ein Fluch, in dem sich Wut und Frustration Luft verschafften.
Er fand sie im Besenschrank, zitternd und mit hervorquellenden Augen, und ihre
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