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Riven Rock

Riven Rock

Titel: Riven Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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in der Stadt – Roscoe erledigte die Formalitäten, während O’Kane und Schwester Gleason im Auto warteten, steif zu beiden Seiten ihres Arbeitgebers sitzend, aber Teufel auch, dachte O’Kane, immer noch besser, ihn spazierenzufahren, als ihn den ganzen Tag in diesem Salon einzusperren, zumal in seinem jetzigen Zustand, so erregt und durcheinander – wenn hier einer verrückt war, dann Kempf, und zwar, weil er sich einredete, daß Mr. McCormick nicht genau begriff, was los war. Sie aßen im Wagen, bei beschlagenen Fenstern, Mr. McCormick arbeitete sich durch zwei Thunfischbrötchen und anderthalb Flaschen Ginger-ale, O’Kane wickelte sein eigenes Sandwich aus – Roastbeef mit Rettichmayonnaise –, und zwar möglichst laut und unter dem Rascheln des Wachspapiers, um so zu verbergen, daß er sein Ginger-ale heimlich mit einem ordentlichen Schuß aus der Flasche aufbesserte, die ihm Roscoe besorgt hatte.
    Das Mittagessen schien ihre Laune zu bessern, und sie fuhren eine Zeitlang in Richtung Osten nach Ojai, dann bogen sie wieder auf die Küstenstraße, der Regen ließ kurz nach und wurde dann wieder stärker, ehe er in ein feines Nieseln überging. »Fa-Fahren wir beim B-Biltmore vorbei«, sagte Mr. McCormick, und dann: »Da vorne links, Roscoe«, und Roscoe gehorchte ihm, weil Mr. McCormick der Chef war. Irgendwie.
    Das Biltmore lag am Channel Drive, gleich bei der Olive Mill Road, und es war vor zwei Jahren erbaut worden, um dem Geschmack der reisenden Industriebarone zu entsprechen, nachdem das Potter abgebrannt und das New Arlington durch das Erdbeben ebenfalls zerstört worden war. Es war ein Spitzenhotel mit einhundertfünfundsiebzig Luxuszimmern, Ballsaal, Speisesaal, Tennisplätzen und allem Drumherum – und direkt am Strand gelegen, zum Schwimmen im Meer oder zum genüßlichen, müßigen Faulenzen im pudrig feinen Sand. Mr. McCormick war natürlich noch nie drin gewesen, er hatte nicht einmal das Gelände betreten, aber er ließ sich oft langsam daran vorbeifahren, um einen Blick auf die Menschen zu werfen, die durch die Portale des Biltmore gingen, einschließlich der Frauen – insbesondere auf die Frauen. Und das war auch in Ordnung so, solange er nicht auszusteigen versuchte, aber an diesem speziellen Tag wurde ihnen der Weg von dem durchfahrenden Zug nach Los Angeles versperrt, die Schranken waren geschlossen, der Regen stob als feiner Dunst vorbei und schimmerte auf den Bäumen, Kakteen und spitzblättrigen exotischen Sträuchern, acht weitere Autos standen vor ihnen. Der Zug ratterte und quietschte, kreischende Bremsen, die Illusion langsam rückwärtsdrehender, in der Schwebe der Zeit gefangener Räder.
    In diesem Moment sah O’Kane den Briefkasten, gleich über die Straße, keine zwanzig Schritt entfernt. »Dauert nur eine Minute«, sagte er, tastete nach dem Kuvert in seiner Tasche, und dann war er draußen auf der glänzenden Fahrbahn und roch den satten, feuchten, aufdringlichen Duft der auf dem Asphalt zerquetschten Eukalyptuskapseln. Er überquerte die Straße, warf den Brief in den Kasten ein und hatte sich gerade umgedreht, um zum Auto zurückzusprinten, als er den Hund sah, hellbraun mit einem weißen Fleck auf der Brust, zitternd und naß, der den schwarzglänzenden Karbunkel seiner Schnauze in den Fensterschlitz schob – und da streckte sich Mr. McCormicks Hand hinaus, die letzten Reste Thunfischsalat und Roggenbrot senkten sich in das gierige rosa Maul des Hundes. Auch das war in Ordnung, kein Problem, keine Eile, selbst das Donnern des Zuges war etwas zum Innehalten und Nachdenken an diesem milden, nassen, bedeckten Nachmittag, an dem sie dem Käfig Riven Rock entflohen waren, wo man sich die halbe Zeit über fragen mußte, wer eigentlich der Gefangene und wer der Wärter war.
    Sicher. Dann aber sah O’Kane, wie der Hund auf einmal abrupt zurückwich, als die Tür jäh aufgerissen wurde. Mr. McCormicks linker Schuh stand plötzlich auf dem Asphalt, dann auch der rechte, seine Hosenbeine mit der Bügelfalte, die Tür war jetzt weit offen und Mr. McCormick befand sich halb drin und halb draußen, er wandte sich kurz zurück, um mit den Fäusten auf den Schemen der ungestüm klammernden Schwester Gleason einzuschlagen. O’Kane rannte auf den Wagen zu, aber er kam zu spät, Mr. McCormick war bereits auf der Straße, in den Augen ein wilder Blick, sein Hut lag auf dem Boden wie ein totes Tier, und die gelbe Pelerine flatterte hinter ihm her. Er lief in vollem Tempo, rannte in seinem

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