Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
mehreren Planken und rührte sich nicht. Ihr herrliches dunkles Haar – die Gebende hatte sich bei dem Sturz gelöst - bedeckte das halbe Gesicht und breitete sich wie ein Schleier aus auf ihrem blauen Übergewand. Die neunschwänzige Katze des Kapitäns, von der Fulco nichts wusste, lag zu ihren Füßen. Der Inquisitor versuchte ihren linken Fuß mit der schmalen, geflochtenen Ledersandale zu ergreifen, um die junge Frau zu sich heranzuziehen. Als es ihm nach mehreren Versuchen endlich gelang, musste er sich mit seinem Gewicht beinahe auf Rixende legen, damit sie nicht wieder zurückrutschte. Blind tastete er mit seiner linken Hand nach einem Tau, das er dort irgendwo gesehen hatte, schlang es dann um Rixendes Körper und befestigte es an seinem eigenen. Dann erst hielt er inne, um zu prüfen, ob sie noch atmete. Rixende war ohne Bewusstsein, leichenblass, und er befürchtete schon das Schlimmste. Doch als er ihren Herzschlag fühlte und kurz darauf einen schwachen Hauch auf seinem Handrücken spürte, atmete er erleichtert auf. Sie lebte. Dem Herrn sei Dank, dachte er. Nun konnte er sich an das schwierige Unterfangen machen, mit seiner ohnmächtigen Last das brennende Wrack zu verlassen, um sie endgültig in Sicherheit zu bringen.
Als Rixende im kalten Wasser zu sich kam, die Augen aufschlug und Saint-Georges neben sich sah, stockte ihr der Atem. Träumte sie noch immer, oder ... Nein, irgend etwas musste geschehen sein – etwas Schlimmes, ein Unglück vielleicht, ja ein schreckliches Unglück ... dort ... das Schiff - es brannte!
Sie waren die letzten, die sich an dem Seil des Kapitäns entlanghangelten, und als sie beide gerettet waren, fielen sie vor den anderen Reisenden, die erschöpft am Ufer lagen, dankbar auf ihre Knie.
Der Kapitän kam wild gestikulierend auf sie zu, feuerrot im Gesicht, die eisblauen Augen weit aufgerissen, das Hemd in Fetzen, aber die geliebte Samtkappe in der Rechten.
„Dem Himmel sei Dank, Ihr seid gerettet, Herrin. Ich habe Euch überall gesucht! Ich ...“
„Schert Euch von dannen“, fuhr ihn Fulco an und ging drohend auf den Mann zu, als ob er sich auf ihn stürzen wollte. „Dein eigenes Leben hast du in Windeseile in Sicherheit gebracht, du Schuft, jedoch keinen einzigen Finger gekrümmt, um sie zu retten!“
„Wie könnt Ihr es wagen, Mönch ...“, brüllte der Kapitän und einige seiner Leute sprangen hinzu, um ihm beizustehen.
„Bitte“, rief da Rixende und hielt sich den schmerzenden Kopf, „streitet doch nicht meinetwegen. Sagt mir lieber, wo sich mein Reisegefährte Abu Ras Anfa befindet? Ich kann ihn nirgends entdecken!“
Der Kapitän machte ein finsteres Gesicht.
„Der Maure war bei den Pferden, als ihn einer meiner Männer zuletzt gesehen hat, und die sind in Panik geraten. Ich glaube nicht ... dass er sich in Sicherheit bringen konnte.“
„Abu Ras ist tot?“ schrie Rixende auf.
„Ach, Ihr habt zwar Euren Diener und Euer ganzes Gepäck verloren, das ist tragisch, aber ich ... ich bin ruiniert, edle Dame, völlig ruiniert bis ans Ende meiner Tage“, lamentierte der Kapitän, als ob er damit Rixende trösten könnte. „Ich bedaure nur eines, nämlich nicht mit meiner ´Jeanne’ untergegangen zu sein!“
„Redet doch keinen Unsinn! Euer Schiff ist ja gar nicht untergegangen, es ist durch Eure Schuld gestrandet!“ schrie Saint-Georges, noch immer erregt.
„Jawohl“, rief einer der Reisenden, „und das Blut derer, die dort drüben jämmerlich zugrunde gegangen sind, wird über Euch kommen, wenn es an der Zeit ist.“
Rixende bedeckte ihre Augen mit den Händen, und die Tränen quollen nur so darunter hervor. Armer Abu Ras, dachte sie, so sinnlos der Tod im Frühling deines Lebens. Trug sie schuld daran, weil sie ihn gebeten hatte, sie mitzunehmen? Hatte er ihretwegen die Pferde retten wollen? Und wie sollte sie jetzt ohne seine Hilfe jemals nach Cotllioure gelangen, wo Simon auf sie wartete? Die Wechselbriefe, die sie dort bei den Tempelrittern eintauschen wollte, sie wenigstens waren nicht verloren. Sie hatte sie noch in Carcassonne heimlich in dünnes Leder eingewickelt und in ihr Hemd genäht.
Als sie ihre Fassung halbwegs wiedergewonnen hatte, sah sie zu Saint-Georges hinüber. Die anderen Reisenden saßen mutlos im Sand, einige flüsterten miteinander, zwei stöhnten vor Schmerzen. Dem einen hing der linke Arm verdreht im Gelenk, und ein anderer hatte sich das Bein gebrochen, als er an Bord gestürzt war.
„Ich danke Euch von
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