Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Olivier?“
„Na, Guidonis ist kein Inquisitor, daher sind Eure Worte ´allseits gefürchtet` eine maßlose Übertreibung!“
„Nein, nein, es ist tatsächlich so, Martell, die Leute fürchten sich vor Guidonis mehr als vor Saint-Georges und Abbéville zusammen. Der Prior ist zwar noch jung, hat aber bereits eine vorzügliche Reputation und ist, wie man hört, auf dem besten Weg einmal Generalinquisitor zur Bekämpfung der Albigenser zu werden. Sein Wahlspruch ist eindeutig: ´Im Zweifel gegen den Angeklagten`, denn er sagt, dass es sein Gewissen nicht erlaubt, mögliche Ketzer wieder freizulassen.“
Patrice hielt inne. Nachdenklich schaute er in die Runde und zupfte sich am Ohr.
„Etwas an diesem Mann erschreckt mich über alle Maßen“, fuhr er fort. „Ja, es jagt mir geradezu höllische Furcht ein. Dieser Mann …“, er senkte seine Stimme und warf einen Blick zur Tür, ob auch wirklich niemand hereinsah, worauf alle den Kopf vorreckten, um sich ja nichts entgehen zu lassen, „dieser Mann liebt es, weiße Handschuhe zu tragen.“
„Wei … weiße Handsch… schuhe? Da … da muss ich Elias Pa … Patrice re … recht geben! Der i …i … ist verrückt.“
„Danke, Jean Poux! Nun, vielleicht ist Guidonis nicht wirklich verrückt, aber ohne Zweifel überspannt, ehrgeizig und schrecklich eitel; er kennt keine Dankbarkeit, das sieht man daran, dass er, kaum im Amt, denen in den Hintern tritt, die ihn dorthin gebracht haben. Und dass man Délicieux mit anklagt, ist regelrecht ein Skandal.“
„Das sehe ich genauso“, warf Petrus von Vaiselle ein. „Guidonis ist jedoch – dem Herrn sei Dank - nicht ständig hier in Carcassonne, er hat auch in Limoges und Castres zu tun, und der Alte, ich meine Abbéville, kann jetzt wenigstens nicht mehr willkürlich Menschen verhaften. Was die Gefangenen in den königlichen Verliesen angeht, so ist es auch meine Meinung, dass sie dort besser aufgehoben sind als im Turm der Inquisition. Überlegen müssen wir jetzt und heute, was wir tun können, um Délicieux, Pequigny und Neveu zu helfen. Denn die Inquisition macht wieder was sie will, es wird weitere Anklagen im Stile des Castel Fabri geben, das kann ich euch heute schon prophezeien. Und es wird auch um Aimerics Witwe schlecht bestellt sein.“
Nach langer Beratung richteten die Konsuln an die Königin Johanna ein Gesuch, mit der Bitte, den König dazu zu bewegen, sie nicht im Stich zu lassen durch die Abberufung der Reformatoren, die schon so viel Gutes gestiftet und auf die sie ihre letzten Hoffnungen gesetzt hätten. Sie luden beide, König und Königin, herzlich ein, nach Carcassonne zu kommen und endlich persönlich für Ordnung und Recht zu sorgen.
Als Rixende nach ihrer Rückkehr von Elias Patrice erfuhr, dass und warum Saint-Georges seit kurzem in Avignon weilte, erschrak sie heftig. Das ist das Ende, dachte sie verzweifelt. Das Ende für unsere Liebe, aber auch das Ende für die Katharer von Lombrives. Wer, wenn nicht Fulco, hätte Simon und den Eingeschlossenen helfen können? Doch nun war der Geliebte ohne jeden Einfluss. Mutig wappnete sie ihr Herz, um vor Patrice stark zu sein.
Was sie dann aber von ihm zu hören bekam, war schlimmer, als sie es sich je hätte vorstellen können.
„Man hat ihn abgesetzt, den elenden Fälscher“, schimpfte der alte Mann, „diesen eitlen Hahn mit seinem überlegenen Getue. Einzig Jean Poux nimmt ihn in Schutz, er meint, Saint-Georges sei nur der Sündenbock Abbévilles gewesen. Poux hat ein zu gutes Herz für diese Welt. Ein feiner Mann, zuverlässig, ordentlich. Ihr kennt ihn?“
Rixende nickte kurz.
„Nun ja, der kleine Sprachfehler … Niemand ist vollkommen, oder?“
Patrice hatte es sich nicht verkneifen können, bei seiner Lobeshymne auf Jean Poux einen fragenden Blick auf Rixende zu werfen. Sie stand stocksteif vor ihm und tat, als ob sie das alles nichts anginge.
„Wie man hört“, fuhr Patrice fort, „scheint sich Saint-Georges an eine reiche Dame aus Carcassonne herangemacht zu haben, so wie er offenbar zuvor zahllose andere Frauen verführt hat. Ich möchte nur wissen, wer das ist.“
Noch immer schwieg Rixende.
„Ich wage gar nicht, es Euch zu sagen, Frau Rixende“, Elias Patrice sah nun verschämt zu Boden, „doch es geht das Gerücht, Ihr wäret diejenige ... Als ob es nicht reichte, dass man Euch ohne Grund der Häresie bezichtigte.“
Rixende glaubte im ersten Augenblick, sie müsse vor Scham im Erdboden versinken. Doch dann
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