Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
sie einzelne Geständnisse, die noch auffindbar waren, anfügten. Dann führten sie die Gefangenen endlich weg, wobei die Freude der Zuschauer auf der Gasse, in Entsetzen umschlug, weil die meisten Albigenser vor Schwäche nicht mehr laufen konnten und viele am ganzen Körper von Schwären gezeichnet waren.
Zum Schrecken Abbévilles sorgten die Reformatoren dafür, dass ein anderer Dominikaner, der Prior Bernard Guidonis, die Oberaufsicht über die Inquisition in Carcassonne und Albi bekam.
Das jedoch sollte sich als ein großer Fehler herausstellen.
„Seit einer Woche beraten wir und haben auch Rücksprache mit den Bürgern gehalten. Ich frage Euch heute, was hat sich wirklich verbessert, seit dieser Saint-Georges in unserer Stadt kein Unheil mehr anrichten kann?“ rief der Konsul Petrus von Vaiselle vor dem Gremium aus. „An seine Stelle ist ein weitaus gefährlicherer Mann getreten - Guidonis!“
„Und i … ich fra … frage mich, o … ob Saint-George ni … nicht nur der Sü … Sündenbock war!“
Jean Poux, der Weinhändler, war sicherlich nicht der einzige, der sich in diesen Tagen den Kopf zerbrach. Als es bekannt wurde, dass er um die Witwe Fabri freite, hatte es einige Leute gegeben, die glaubten, ihm über diese Frau und ihre Beziehung zu einem Mönch die Augen öffnen zu müssen. Doch er hatte dem Gerücht keinen Glauben geschenkt, selbst nicht, als sein erster Besuch im Roten Haus nicht von Erfolg gekrönt war.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Elias Patrice steuerte geradewegs auf das Rednerpult zu, warf seinen schwarzen Amtsmantel und die dazugehörige Samtkappe so achtlos auf eine Bank, dass die Kappe zu Boden fiel.
„Entschuldigt mein Zuspätkommen, aber ich wurde vom Seneschall aufgehalten. Es gibt Neuigkeiten, Senatoren. Das Unheil braut sich schon wieder über unserer Stadt zusammen.“
Man hätte eine Nadel fallen hören, so still war es auf einmal im Saal geworden.
Patrice räusperte sich energisch und fuhr fort:
„Hört, ihr Senatoren! Die Reformatoren des Königs haben aus für uns unerfindlichen Gründen ausgerechnet Bernard Guidonis nach Carcassonne geholt. Doch sie haben sich offenbar einen Kukuck ins Nest gesetzt.“
„Einen Kukuck? Wie meint Ihr das, Elias? Was ist geschehen?“ Martin Picardé war aufgesprungen.
„Guidonis und Abbéville haben sich verbündet. Die Reformatoren wurden heute morgen kurzerhand exkommuniziert und wegen Behinderung der Inquisition angeklagt. Délicieux ist ebenfalls angeklagt.“
„Wie das?“ Das blanke Entsetzen stand in die Gesichter der Männer geschrieben, Unruhe kam auf.
„Man will die Reformatoren aus dem Weg haben! Da steckt Rom dahinter!“ schrie jemand mit erhobener Faust.
„Ruhe, Männer, Ruhe“, sagte Elias Patrice und erhob beschwichtigend die Hände, „fest steht, dass sich dieser Guidonis offenbar von Abbéville hat einwickeln lassen. Ich hätte ihm zugetraut, dass er eigene Wege geht. Aber er ist ehrgeizig, und Abbéville hat, obwohl er nun unter Guidonis steht, noch immer die besten Beziehungen nach Rom.“
Vaiselle untermalte Patrices Worte mit einer eindeutigen Handbewegung.
„Der König sorgt dafür, dass die Gefangenen endlich eine ordentliche Behandlung bekommen und Rom nennt das ´Behinderung der Inquisiton`! So eine Unverschämtheit!“ schrie Amand Roca.
„Was heißt hier ordentliche Behandlung? Lieber Freund, Ihr wisst nicht, wovon Ihr redet!“ Petrus von Vaiselle war mehr als wütend. „Was hat sich denn für die Gefangenen verändert? Euren heißgeliebten König in Ehren, doch seine Reformatoren haben die Albigenser nicht befreit, sondern nur in ein anderes Gefängnis gesteckt, in das des Seneschalls. Loch bleibt Loch!“
„Ich verbitte mir die Unterstellung, ich würde Philipp den Schönen lieben!“ warf Roca, das Samtpfötchen, an dieser Stelle empört ein. Etliche lachten.
„Ruhe“, donnerte Patrice ein weiteres Mal. „Bernhard Délicieux denkt übrigens genau wie du, Petrus. Ich habe gestern mit ihm gesprochen. Er ist sehr enttäuscht, dass die Reformatoren die Gefangenen erneut inhaftiert haben. Von der Anklage gegen ihn wusste er allerdings noch nichts. Dass beide Reformatoren dem allseits gefürchteten Guidonis zur Macht verholfen haben, das …“
„Wer sagt denn so etwas?“ fiel ihm Olivier Martell auf unverschämte Art ins Wort. Die schwarze Robe kleidete den Mann ausgezeichnet, wie fast alles, was er trug, und er wusste um seine elegante Wirkung.
„Was meint Ihr,
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