Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
riss überrascht das Kinn hoch.
„Wie bitte? Was sagtet Ihr soeben? Euer Bruder wäre der ... der Hüter gewesen?“
Jetzt war es an Authié, zu zögern. Sein Gesicht hatte sich gerötet, Schweißperlen standen ihm auf der Stirn.
„Wenn das stimmt, dann könnt Ihr nur eine Planissoles aus Montaillou sein!“ flüsterte er nach einiger Zeit erregt. „Wie gewisse Orte ihren genius loci haben, so haben auch gewisse Familien ihre Geheimnisse. Die Verbundenheit Eurer Familie mit der entendensa del be, unserem Verständnis vom göttlichen Guten, reicht weit in die Vergangenheit zurück.“
„Ich bin Ava, die jüngste Tochter von Philippe von Planissoles. Kurz vor dem Tod meiner Eltern wurde ich von einer braven Frau in Sicherheit gebracht. Erst seit meiner Heirat lebe ich hier in diesem Haus.“
Authié wischte sich umständlich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. Dann sah er Rixende offen in die Augen.
„Ich kannte Euren Vater. Sein Verwalter hat ihn verraten, sagen die Leute. Dieser Judas soll sich heimlich unter das Bett Eurer Tante Béatrice gelegt haben, um alles auszuspionieren. Mein Bruder Guillaume war seinerzeit auf der Hochzeit Eurer Tante … Eine Planissoles seid Ihr also, dennoch ... Ihr seid keine von uns, nicht wahr? Das wüsste ich. Man hat Euch nie häretisiert?“
„Nein.“
„Verzeiht, aber woher wisst Ihr dann, dass Euer Bruder der Hüter war?“
„Von ihm selbst. Unser Vater hatte vor seinem Tod verfügt, dass ich alles erfahre. Als ich zu Beginn des Winters hörte, dass ihm die Inquisition auf den Fersen ist, ritt ich unverzüglich nach Tarusco, um ihn zu warnen. Dort hat er mich eingeweiht.“
„Ihr habt bereits gehört, was geschehen ist?“ Authié senkte den Blick.
Rixendes Lippen zitterten. „Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie die Höhle zugemauert haben, doch bin ich mir nicht sicher, ob ... Herr Authié, hier liegt der eigentliche Grund, weshalb ich Euch hergebeten habe. Ich wollte von Euch hören, ob Ihr Näheres darüber erfahren habt. Ich werde die Furcht nicht los, dass ich die Inquisition dorthin gelockt habe.“
Authié schüttelte heftig den Kopf.
„Aber nein, nein, nicht Ihr seid daran schuld, liebe Frau Fabri, sondern gewissermaßen ich, das heißt, meine beiden Neffen, Arnaud und Hugues de Rodes, die in meiner Heimatstadt Tarusco leben. Die beiden haben aus Eifersucht auf meine Erfolge den sicheren Hafen des Katharertums verraten, den Euer Bruder, gewissermaßen als Leuchtturm, bewachte.“
Er seufzte. „Es tut mir leid. Sie sind alle tot, die sich in der Höhle von Lombrives befanden.“ Nun hob er beschwörend die Hände zur Decke. „Heimgekehrt sozusagen. Auch Euer Bruder. Fatum, Schicksal.“
„Fatum sagt Ihr, wenn Eure eigenen Neffen ...“ stieß Rixende hervor, wobei sie lauter wurde, als sie beabsichtigt hatte. „Woher nehmt Ihr die Gewissheit? Sie hatten große Vorräte dort unten, ich habe sie selbst gesehen! Vielleicht gab es einen zweiten Ausgang? Der unterirdische See ...“
„Gebt Euch keinen falschen Hoffnungen hin, Frau Fabri“, sagte Authié mit warmer Stimme. „Vor einer Woche erst, so wurde mir aus zuverlässiger Quelle berichtet, hat die Inquisition die Mauer aufgebrochen. Man hat sie alle tot aufgefunden. Sie haben Endura begangen. Ihr wisst, was das bedeutet?“
„Ja, dass sie nichts mehr aßen und tranken bis zum Eintritt des Todes. Aber warum nur, warum? All die unschuldigen Kinder!“ Tränen rannen Rixende die Wangen hinab. „Weshalb ergebt Ihr Katharer Euch so freudig in Euer Schicksal? Warum wehrt Ihr Euch nicht? Ach, Euer Glaube ist so schrecklich“, stieß sie hervor, und ihre Stimme überschlug sich fast, „dass ich nichts damit zu tun haben will!“
„Nein“, sagte da Authié bestimmt und stand auf. „Nein, unser Glaube ist nicht schrecklich, nur konsequent. Die Seele des Menschen ist Brot, und man muss backen, was man geknetet hat. Es ist uns um unser Seelenheil zu tun, nicht etwa um die Erkenntnis der Welt. Die Welt kennen wir zur Genüge. Doch nun zu Euch, Frau. Auch wenn Ihr nichts mit uns zu schaffen haben möchtet, so seid Ihr doch offenbar eine der letzten, mit denen Euer Bruder gesprochen hat. Hat er ... nun, hat er Euch vielleicht etwas anvertraut?“
Rixende presste den Mund zusammen und blickte auf ihre Hände, währenddessen Authié sie aufmerksam beobachtete. Sie hatte nicht vorgehabt, ihm von den Geheimen Worten zu erzählen, auch wenn Simon mit allergrößter Achtung von Authié
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