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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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doch nach einigen Gehversuchen, kehrten die alten Kräfte in seinen Körper zurück.

    Ihre Briefe kreuzten sich. Denn auch Fulco hatte nichts Eiligeres zu tun gehabt, als der Geliebten von seiner Krankheit und der wundersamen Heilung zu schreiben. Als Rixende seine Nachricht in Händen hielt, brach sie vor Freude zusammen. Eine tiefe Dankbarkeit erfüllte sie, dennoch wollten die Tränen nicht aufhören, zu fließen.
    Benete, die hilflos danebenstand und schon befürchtete, die Herrin habe vom Tod des Priors erfahren, starrte bleichen Antlitzes auf das Pergament, das sie nicht zu lesen imstande war, bis Rixende ihr endlich alles erzählte. Dann jedoch freute sich mit ihr, obwohl sie noch immer nicht verstand, wie man sich in diesen Zeiten ausgerechnet in einen Inquisitor verlieben konnte.
    Bevor Rixende zu Bett ging, suchte sie Fabris Stube auf. Wie bereits an den Abenden zuvor, lagen seine Schätze - die Bücher - vor ihr ausgebreitet. Sie las zum wiederholten Mal Platons Gedanken über die Pflege der Seele, denn sie hatte entdeckt, dass sie denen der Katharer ähnlich waren. Dann aber beschäftigte sie sich lange mit dem kleinen Pergamentröllchen des Bruders, das sie ständig am Körper trug.
    Als die Morgenröte zwischen den Türmen Carcassonnes auftauchte, kam ihr die Erleuchtung, was es mit der geheimnisvollen Zeichnung – den beiden Händen - auf sich hatte.

    Noch in der gleichen Woche ritt sie los, im Licht der Sterne, geradewegs in einen kühlen Morgen hinein, Aucassinne an ihrer Seite. Als sie Tage später endlich Tarusco erreichten, fiel dem Herbergswirt nachgerade eines der Scheite aus der Hand, die er gerade spaltete. Er kratzte sich den Kopf und wies Rixende dann wortlos die gleiche Kammer an, die sie beim letzten Mal bewohnt hatte. Erst als sie den Mann reichlich entlohnte, weil sie noch vor dem ersten Hahnenschrei aufbrechen wollte, fand er offenbar seine Sprache wieder.
    „Ihr gedenkt doch nicht wieder zur Höhle zu reiten, Herrin? Wisst Ihr denn nicht, was dort geschehen ist?“
    „Die Höhle interessiert mich nicht. Meine Wege sind geschäftlicher Art.“
    Erstaunt musterte der Wirt die junge Frau. Dann kratzte er sich wieder ausgiebig.
    „So, so“, sagte er leise, „trotzdem erschreckt nicht, gute Frau, wenn Ihr die Höhle betretet, diesen Rat will ich Euch geben.“
    „Warum sollte ich erschrecken?“
    Der Alte senkte den Blick. „Nun“, jetzt flüsterte er, „man hat sie nicht bestattet. Sie liegen noch immer herum, die Leichen der Ketzer! Die Schwiegertochter meines Bruders liegt auch dort unten …“
    Mit diesen Worten bekreuzigte er sich und und schlurfte in seine Stube zurück.
    Rixende war betroffen. Daran hatte sie nicht gedacht. Aucassinne, der nichts verstanden hatte, sah sie verwundert an. Doch seine Herrin dachte nicht daran, ihn einzuweihen. Die Aufgabe, die vor ihr lag, musste sie ganz alleine bewältigen.
    Die Ariège glitzerte dieses Mal geradezu prachtvoll in der sommerlichen Morgensonne und die Vögel zwitscherten aufgeregt in den Dornenhecken. Die ganze Luft schien obendrein vom Duft des Geißblatts geschwängert. Obwohl Rixende noch aufmerksamer als beim letzten Mal die Gegend beobachtete, konnte sie nur ein altes Weiblein ausmachen, das Kräuter suchte und einen Schäfer mit seiner Herde, der sie von weitem freundlich grüßte. Noch lange trug der Wind die Töne seiner Flöte zu ihr heran. In Gavarnie hatte es ebenfalls Schäfer gegeben, die auf der Sommerweide die Flöte nicht aus der Hand gelegt hatten, die meisten von ihnen waren Lohnarbeiter und Wanderschäfer gewesen, die sich Jahr um Jahr bei einem anderen Grundherrn verdingten. Es gab aber auch gute Musiker und Sänger im Ort selbst, wobei der Bayle, der Schwarzgefiederte, ihr Anführer war. Wenn sich das ganze Dorf oft unter freiem Himmel zum Festmahl traf – wobei es gebratene Ziegenleber, Schweine- und Hammelfleisch gab, dazu frisch gebackenes Brot, Eier, Fische, Käse und Milch –, war bis in die Nacht hinein gefiedelt und gesungen worden. Natürlich hatte man auch kräftig gestritten in Gavarnie, vor allem wenn es um gewisse Schuldüberschreibungen ging oder wenn man sich bei einem Tauschgeschäft übervorteilt sah, aber daran wollte Rixende heute nicht denken. Sie erinnerte sich lieber des überströmenden Gefühls der Freundschaft und Brüderlichkeit, das sie in ihren letzten Jahren dort erfahren hatte, und ließ dann ihre Gedanken weiterziehen - wie die Töne der Flöten -, bis sie ein wenig

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