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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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zu den Katharern gehören, dachte sie resigniert, wenn ich es nicht einmal fertigbringe, eine einzige Nacht lang wachzubleiben und im Angesicht ihres höchsten Heiligtums zu Gott zu beten?
    Sie schüttelte den Kopf über ihre absonderlichen Gedanken, stützte ihn dann in ihre Hände, weinte lange.
    Und es hörte sich weniger an wie ein Trauergesang, denn wie eine Klage über ihre Schwäche.

    Tagelang befragte sie alle möglichen Leute über die große Seuche von Avignon. Elias Patrice, der sie merklich kühl behandelte, Martin Picardé, aber vor allem Petrus von Vaisette, von dem sie wusste, dass er dort einen Bruder hatte. Doch was ihr auch immer zu Ohren kam, es handelte sich stets nur um Gerüchte, um Neuigkeiten, die die anderen ebenfalls nur vom Hörensagen erfahren hatten.
    Als Rixende eine Woche später noch immer keine Nachricht von Fulco hatte und ihre Unruhe größer und größer wurde, fasste sie sich ein Herz und machte sich auf den Weg zum Kloster der Franziskaner. Wenn einer die Wahrheit über das Fleckfieber wusste, so Bernhard Délicieux, denn die Franziskaner unterhielten in Avignon ebenfalls eine große Abtei.
    Natürlich war auch Délicieux das Gerücht über ihre angebliche Verbindung mit Fulco von Saint-Georges zu Ohren gekommen. Doch er hatte sich nur zum wiederholten Male gefragt, weshalb sich die Leute solche Dinge zusammenreimten.
    „Was führt Euch zu mir, Frau Fabri?“ fragte er freundlich und verbarg geschickt sein Erschrecken über ihr völlig verhärmtes Aussehen.
    Rixende, die nach dem Vorfall auf dem Marktplatz ihre Ehre sowieso als verloren ansah, zögerte keinen Augenblick, ihm reinen Wein einzuschenken. Zutiefst betroffen, erkannte der Franziskaner, dass Abbéville nicht in allem gelogen hatte. Doch Délicieux fehlte es schließlich nicht an Ritterlichkeit und Herzensgüte, und er wusste auch, dass die Liebe mitunter sonderbare Wege zu gehen pflegte.
    „Ich kann Euer Verhalten nicht für gut heißen, liebe Frau, doch ich will noch heute einen Boten nach Avignon senden, der sich nach Fulco von Saint-Georges erkundigt“, sagte er väterlich besorgt. Dann öffnete er eine kleine Truhe. „Hier habt Ihr ein Pergament, Federkiel und Tinte, schreibt dem Prior einige Zeilen. Wenn er wohlauf ist, wird es ihn beruhigen, dass es Euch selbst gutgeht, im anderen Fall, nun ...“

    Welch eine wundersame laue samtschwarze Nacht, dachte Fulco von Saint-Georges, als er endlich aus seinen Fieberträumen aufgewacht war und durch das offene Fenster seiner Zelle hinauf zu den funkelnden Sternen sah. Silbriges Mondlicht fiel auf sein Lager. Er hatte Durst, wagte aber nicht, sich zu bewegen. Obwohl er sehr krank gewesen war, fühlte er sich im Augenblick so wohl wie selten zuvor in seinem Leben. Lange sinnierte Fulco über einen sonderbaren Traum nach, der ihn noch immer umfangen hielt, und wieder warf er einen Blick hinauf zum bleichen Mond und zu den Sternen, die von altersher in den Mythen der Menschen eine Rolle spielten: das Haar der Berenike, die Kentauren, die sieben Dreschochsen, der Wagen, den Bootes lenkt.
    Der Wagen, den Bootes lenkt? Wieso fiel ihm gerade diese Geschichte ein? Sein Sternbild war doch nur im Winter zu sehen. Fulco lächelte in sich hinein. Er jedenfalls würde nicht länger der Ochsentreiber sein. Er würde dieses leere Leben beenden. Die Geschicke des Klosters sollte zukünftig ein anderer lenken. Dass er wieder gesund geworden war, schien ihm ein Wink des Schicksals.
    Endlich setzte er sich auf und rief nach Angelo. Der brave Mönch, dem das Fieber bislang nichts hatte anhaben können, hatte es sich nicht nehmen lassen, selbst den Prior zu pflegen. Trotz aller Vorbeugungsmaßnahmen durch Johann von Göttingen waren viele gestorben, und man rechnete eigentlich seit Tagen auch mit Fulcos Ableben, denn sein Zustand galt als besonders ernst.
    Als Angelo eintrat, stieß er einen Schrei aus. Er konnte es einfach nicht glauben, dass Fulco auf dem Lager saß und ihn anlächelte. Jedermann, den das Fleckfieber derart in den Klauen gehabt hatte, war der Krankheit über kurz oder lang erlegen.
    „Dem Herrn sei gedankt“, sagte Angelo überglücklich und fiel vor Erleichterung auf die Knie. Dann machte er sich daran, Fulco näher zu betrachten. Gewiss, da waren noch immer zahlreiche kleine rote Flecken auf seiner Haut, aber er war fieberfrei und guter Dinge. Nachdem er mit Angelos Hilfe gierig Wasser getrunken hatte und zum ersten Mal aufstand, zitterten ihm zwar noch die Beine,

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