Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
sorge dich nicht allzu sehr, Gott wird dein Flehen schon erhören ... Irgendwann wird er der Qual deines Körpers, die dir unendlich vorkommen wird, ganz sicher ein Ende bereiten ... Deine Seele aber wird für immer im Fegfeuer braten ... ja, in der Hölle!“
Nikolaus von Abbéville hatte bei seinen letzten Worten angefangen, ruhig im Raum auf und ab zugehen. Jetzt trat er ans Fenster und blickte hinunter in die Stadt. Der junge Salavert war schier entsetzt und schaute hilfesuchend zu Saint-Georges. Doch der verzog keine Miene, sondern beobachtete den Mann nur mit ruhigem Blick.
Der Schweiß rann Salavert in kleinen Bächen die Schläfen hinunter.
„Die Katharer ... die Katharer“, begann er zu stottern.
„Ja, was ist mit ihnen?“ sagte Abbéville, der leise hinter ihn getreten war. Salavert erschrak.
„Nun, sie verehren keine Reliquien. Im Gegenteil, sie verabscheuen sie. Daher kann ich gewiss kein Ketzer sein, wenn Ihr einen solchen Knochen bei mir gefunden haben wollt.“
Da trat Nikolaus von Abbéville mit einer abrupten Bewegung vor ihn hin und brüllte ihn an:
„Salavert! Du bist überführt!Wenn einer so genau über die Gebräuche der Ketzer Bescheid weiß, so muss er selbst einer sein. Ganz sicher gehörst du zu jenen, die heimlich die Messe aufsuchen, um dort leise Peire Cardenals ´cobla` zu flüstern: Quan lo petz del cul venta. Dont Midonz caga e vis. Vejare m`es qu`en senta. Una pudor de pis.“
Salavert war bei den hässlichen Schmähworten, die der bekannte Troubadour über die Heilige Jungfrau im Umlauf gebracht hatte, über und über rot geworden.
„Du wirst mir jetzt in ein oder zwei Worten deine Schuld eingestehen, und beachte - du hast dein Schicksal selbst in der Hand. Entweder wirst du auf der Stelle wieder einer der unseren sein, oder du brennst in Kürze. Entscheide dich sofort!“
Der junge Salavert war so eingeschüchtert, dass er zugab, ein einziges Mal wären Ketzer in seinem Haus gewesen, die sich jedoch nur in der Küche aufgewärmt und mit dem Gesinde gesprochen hätten. Er selbst jedoch ... und schon gar nicht der Vater ... Nein, niemals!
„Schuldig.“
Nikolaus von Abbéville sah triumphierend zu Saint-Georges. „Fortdauer des murus strictus, Einzug des gesamten Familienvermögens. Führt ihn ab, Kerkermeister, bringt ihn zurück zu den anderen, und holt mir den Vater herauf. Fébus, Ihr schreibt das Protokoll sofort ins reine, ich brauche es gleich. Und nun zu Euch, Bruder Fulco. Ihr habt an meinem Vorgehen hoffentlich gemerkt, dass das, was der Inquisitor im Raum stehenläßt, oftmals wichtiger ist, als was er äußert. Denkt also stets an meinen Rat: Spart Ihr mit Worten, so zeigt Ihr damit Eure Überlegenheit!“
Fulco von Saint-Georges, der eigentlich nicht erkennen konnte, wo Abbéville bei diesem Verhör mit Worten gespart hatte, nickte zustimmend.
Der Vater des Salavert war noch nicht der Folter unterzogen worden, aber er war auch so hinfällig genug. Mehr tot als lebendig, schlurfte er an der Seite des Kerkermeisters herein, das schlohweiße Haar hing ihm in Strähnen ins Gesicht. Hatte sein Sohn schwer geatmet, so keuchte der alte Mann zum Gotterbarmen.
Nikolaus von Abbéville ließ ihn so lange schmoren, bis Fébus das Protokoll fertiggeschrieben hatte. Dann las er es ihm langsam vor.
„Hast du gehört, Guillaume Salavert, was dein Sohn soeben ausgesagt hat?“
Salavert nickte.
„Es waren also Häretiker in deinem Haus. Gestehst du, dass du von jenen parfaits häretisiert worden bist?“
„Nein, wie könnte ich. Ich war und ich bin noch immer ein treuer Katholik, Euer Hochwürden!“ antwortete zwar leise, aber unbeirrt der Delinquent. „Und ich will niemals etwas anderes sein. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer und selbstredend auch für meinen Sohn und seine Familie. Ihr habt ihm das Geständnis herausgepresst.“
„Was bist du verstockt, Salavert! Weißt du nicht, dass ich mehr Macht habe, dir zu schaden, als Gott, dir zu helfen? Mit deinem Verhalten tust du deinem Sohn keinen Gefallen. Man muss doch nur einen einzigen Blick auf dich werfen, um zu erkennen, dass du dich im Zustand der Endura befindest, jenem freiwilligen Hungertod, den alte Menschen, die dem Tod nahe sind, auf sich nehmen, nachdem sie der Ketzerei verfallen und häretisiert worden sind.“
„Ich soll mich in der Endura befinden, ha, dass ich nicht lache! Da könnte man mich auch gleich bezichtigen, die Haare im Schwanz des Beelzebubs gezählt zu haben“, krähte
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