Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Wege zeigen, wie man schneller als tausend Fiedler zum Ziel gelangt.“
„Kerkermeister“, rief Nikolaus von Abbéville zur Tür hinaus, und seine Stimme hallte wider, denn das Kellergewölbe des Runden Turmes der Inquisition war direkt aus dem Fels geschlagen. Zum Loch, einem großen fensterlosen Verlies, führte eine eiserne Falltür, die stets von drei schwerbewaffneten Soldaten des Seneschalls bewacht wurde.
„Holt mir den Salavert zum Verhör, den jungen meine ich, nicht den alten!“
Es dauerte nicht lange, bis der dicke Polignac, der Kerkermeister des Seneschalls, einen Mann in Ketten mehr hinter sich herzog, als er ihn führte, und ihn in den Verhörraum stieß. Der linke Arm des Delinquenten hing verdreht im Gelenk, seine Augen waren blutunterlaufen, und er atmete schwer. Die Streckfolter und den Bock hatte er offensichtlich überlebt, ganz wie es das Dekret des Papstes über die übliche Form der kanonischen Reinigung für das Verhör aller verdächtigen Ketzer vorschrieb. Doch Nikolaus von Abbéville gab sich selten zufrieden mit dem Erreichten.
„Man sagt dir nach, Salavert, dass bei Nacht und Nebel drei Ketzer in dein Haus geschlichen seien, die deinen Vater häretisiert hätten.“
Abbéville hatte bei seinen Worten angestrengt in den vor ihm liegenden Akten geblättert. Jetzt erst sah er dem Häftling ins Gesicht, um sogleich seine Vorwürfe zu konkretisieren: „Nun ist die Sachlage folgende: Ist jemand freiwillig – wie du zum Beispiel - bei einer solchen Geistweihe zugegen, so ist er ebenfalls zu den Teuflischen zu zählen“, sagte er in völlig ruhigem, fast freundlichem Ton zu dem Mann, um sogleich wieder die Akten zu studieren.
„Wer erzählt, dass Ketzer über meine Schwelle gekommen wären, lügt“, sagte der junge Mann.
Der Inquisitor schaute überrascht hoch.
„Du bezichtigst mich der Lüge?“
„Nun, wenn Ihr nicht lügt, so wollt Ihr mich ins Bockshorn jagen, Herr Inquisitor.“
„Wenn du das glauben willst, so halte ich dir vor, was wir in deiner Kommode gefunden haben, nämlich den Knochen eines erst kürzlich verbrannten Ketzers, den du dort heimlich aufbewahrt hast. Führe dir in diesem Zusammenhang einmal das wütende Feuer vor Augen, welches schon viele deiner Glaubensfreunde verzehrt hat und auch dich bald verbrennen wird. Dein Name - der, nach deiner Verurteilung, niemals im Buch des Lebens stehen wird - wird unter Fanfarenstößen in der Stadt verkündet werden, und alles Volk wird zusammenströmen, um deinen Leib brennen zu sehen.“
Abbéville sah, wie der Gefangene zusammenzuckte. Dann legte er eine kunstvolle Pause ein. Schließlich fuhr er fort:
„Schließe deine Augen, Salavert.“
Der Gefangene gehorchte.
„Du befindest dich ante porta inferi - vor der Pforte der Hölle! Dort, wo die Verdammten nackt mit ihren Zungen an den Feuerbäumen hängen. Kannst du dir die Flammen vorstellen, wie sie um deine Zehen züngeln?“
Der junge Mann erschrak, riss die Augen wieder auf und starrte auf seine Füße.
„Wenige werden gerettet und viele verdammt …“, murmelte er.
Der Inquisitor ging nicht auf seine Worte ein. Vielmehr sagte er:
„Du wirst vor Angst zittern und ganz sicher wirst du beten: Herr, erhör mein Flehen ...
Und tatsächlich! Das Feuer hört auf zu knistern. Für einen kurzen Augenblick bildest du dir ein, dass der Herr dein Gebet erhört hat. Dann jedoch beginnt es zu prasseln, wird stärker und stärker, du stöhnst, schreist ...“
Der Atem des Gefangenen flog. Doch Abbéville war noch nicht am Ende.
„Du hörst auch die gellenden Schreie derer, die neben dir brennen ... und es bricht aus dir heraus: De profundis clamavi ad te, Domine – aus der Tiefe rufe ich zu dir, o Herr ...
Salaverts Augen traten heraus und sein Mund stand jetzt weit offen. Er konnte nicht glauben, was ihm da zu Ohren kam. Doch Abbéville setzte seine Quälerei ungerührt fort.
„Der Rauch zieht durch die ganze Stadt, während deine Haut aufplatzt ...“
„Bei Gott, dem Herrn, ist Erbarmen und Heil bei Ihm in Fülle“, stieß Salavert hervor und hustete.
Ja“, sagte Abbéville und seufzte theatralisch, „ wenn der Herr es gut mit dir meint, wenn er sich deiner erbarmt, dann wirst du an dieser Stelle ohnmächtig werden, wenn nicht ..., nun, dann siehst du die rotgelbe Farbe der Flammen umschlagen in grelles Weiß, bevor sie deinen Körper schwarz brennen. Dann ist es vielleicht an der Zeit zu einem letzten Pater noster qui es in caelis ... Doch
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