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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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lagen hier Fabris wahre Schätze, die aus unzähligen Ballen Tuch aus aller Herren Länder bestanden. Rixende wusste gar nicht, wohin sie zuerst ihren Blick lenken sollte: Auf die hohen Regale mit den bunten Woll- und Leinenstoffen unterschiedlichster Güte, auf Samt und schimmernde Damaste, roten und grünblauen Scharlach, auf orientalische Stoffe mit fremdartigen eingewebten Mustern.
    Als sie ihre Aufmerksamkeit besonderen Tuchen aus leuchtendem Schwefelgelb schenkte, flüsterte Fabri ein wenig verschämt: „Die Farbe des Höllenfürsten! Sie wird von den Hübschlerinnen aus den Frauenhäusern bevorzugt, um damit die Freier anzulocken.“
    Rixende lachte und dachte an die schwarze Anaïs aus Gavarnie, die auch der Bayle ab und an aufzusuchen pflegte, was Mengarde gar nicht gerne sah. „Auf zehn Ammen rechnet man elf Huren, denn eine darunter gilt für zwei“, hatte sie immer missbilligend gebrummt, wenn ihr Sohn sich des Abends besonders herausputzte.
    Nachdem Rixende mit ihren Fingern über die geheimnisvoll knisternde Seide aus China gestrichen hatte, die Aimeric aus Marseille mitgebracht hatte, legte sie voller Begeisterung einen golddurchwirkten Schleier über ihre Schultern und lief mit ihm hinüber zu den kostbaren Pelzen, die zum Abfüttern der Winterkleidung an der Wand hingen. Daneben befanden sich, fein säuberlich aufgereiht, Perlenketten und Schmuckärmel. Neugierig inspizierte Rixende auch all die großen und kleinen Holzkisten, die vielfarbige, goldene und silberne Knöpfe, Schellen, Gewandschließen, Stickgarne, Gürtel und Fibeln bargen. Auf einem runden Tisch in der Mitte des Raumes türmten sich Beutel, Hörnerhauben, hohe Mützen aus Burgund, Sendelbinden, Gugeln, Schapel aus gestreiftem Leinen, auffällige Schnabelschuhe und zierliche Tüchlein zum Anstecken.
    Mehr und mehr geriet Rixende ins Schwärmen, und sie vergaß darüber das unangenehme Gespräch, das sie zuvor mit ihrem Schwiegervater geführt hatte.
    „Euer Lagerhaus ist ja das reinste Paradies!“ rief sie aus, als sie immer neue Kostbarkeiten entdeckte.
    Castel Fabri war stolz. Er schenkte ihr den goldenen Schleier und erklärte ihr dann – so weitschweifig, wie es seine Art war - die verschiedenen Gütezeichen und Bleiplomben, die die Beschaumeister den Stoffballen anhefteten.
    „Seht nur her, meine schöne Tochter“, sagte er voller Eifer, „die erste Güte wird mit einem Stern ausgezeichnet, die nächstbeste mit dem Löwen und die drittbeste mit einem Ochsen, dann mit der Traube und so weiter. Alle Stoffe werden so vor dem Erwerb begutachtet, verplombt und anschließend auch noch gestempelt. Wer gegen diese Bestimmungen verstößt, dem wird die Ausübung des Handels untersagt! So streng sind hier die Bräuche.“
    Endlich hielt Fabri inne in seinem Sermon und zog einen Ballen dunkelroten Samtes aus einem der unteren Regale hervor, um ihn vor Rixende aufzuschlagen.
    „Man ordnet mit dem Gewand jeden Menschen nach seinem Stand!“ sagte er zufrieden, und seine Augen glänzten erwartungsvoll. Rixende befühlte den Stoff. Sie schien unschlüssig.
    „Ihr müsst Euch verzierte Schmuckärmel vorstellen, meine Liebe, und einen langen, gezaddelten, das heißt girlandenförmig ausgeschnittenen Schweif – das Leibchen vielleicht mit Perlenketten geschnürt?“
    „Ist nicht blau die Farbe des Hauses Fabri?“ fragte Rixende schließlich.
    „Ja, allerdings ...“
    „Nun, dann steht es der zukünftigen Frau des Aimeric Fabri gut zu Gesicht, an ihrem Hochzeitstag jenes Blau zu tragen. Bitte zeigt es mir!“
    Verwundert blickte Castel Fabri auf seine zukünftige Schwiegertochter und zog nach kurzem Suchen einen Ballen saphirblauen Samtes hervor.
    „Ja“, sagte Rixende, „der gefällt mir. Aus diesem Stoff soll mein Gewand gefertigt werden.“

    „Der geistliche Prozess kennt folgende Verfahren: accusatio, denunciatio und inquisitio.“
    Nikolaus von Abbéville schüttelte unzufrieden den Kopf. „Bruder Fulco, Ihr habt ganz sicher ein gewisses Talent zum Inquisitor, doch fehlt es Euch noch an Erfahrung. Auch habe ich den Eindruck, Ihr wisst nicht, auf wen Ihr Euch wirklich einlasst. Ich will Euch vorlesen, was Konrad von Marburg über die Ketzer sagt.“
    Saint-Georges seufzte unmerklich. Er kannte die Stelle, hatte sie während seines Studiums sogar auswendig gelernt. Nur aus Höflichkeit fragte er daher:
    „Der große Prediger und Inquisitor aus deutschen Landen?“
    „Ja. Gregor IX. nannte ihn einmal den ´Brautführer der

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