Robbers: Thriller (German Edition)
des offenen Fensters. Endlich antwortete er: »Ich nenne mich Rufus Slim.«
Wieder lachte Bubba Bear, legte einen Arm über den Retriever und zog ihn dichter zu sich heran. Der Hund wandte den Kopf und leckte mit seiner langen rosafarbenen Zunge über den massigen Unterarm des Mannes.
»Gut, Rufus Slim, das hier ist Walter. So wie Little Walter. Oder Muddy Waters und Willie Dixon, Junior Lockwood und Otis und die ganze Bande. Du siehst also, Rufus, ich mag meine Niggermusik. Was mich betrifft, gibt’s nichts Besseres als den Blues.«
Eddie hörte ihm zu und dachte: Mann, jetzt geht’s also los. Ich hab angefangen. Er dachte: Dabei hab ich nicht mal nach der Bezahlung gefragt, und er hat auch nichts gesagt, aber das ist egal. Und er dachte: O Gott, besser lerne ich ganz schnell noch ein paar Songs.
»… drei Nächte pro Woche für den Anfang«, sagte Bubba Bear gerade. »Dann können wir vielleicht aufstocken, wenn’s gut läuft. Wie klingt das? Da drüben ist es.«
»Klingt gut«, sagte Eddie. Vor ihnen tauchte das Stingaree auf, ein großes zweistöckiges Gebäude aus Holz gleich am Kanalufer mit Blick auf den östlichen Teil der Bucht. Er betrachtete es und nickte immer wieder zustimmend mit dem Kopf wie ein Wackelhund auf dem Armaturenbrett. Dann murmelte er: »Klingt wirklich gut, klingt fair.«
»Dann ist es abgemacht.« Erneut streckte der Mann seine Pranke aus, und sie schüttelten sich noch einmal die Hände. »Ich hab nur noch eine einzige kleine Frage.«
Eddie wartete. Gott, er hatte gewusst, dass ein beschissener Haken an der Sache war.
»Glaubst du an Reinkarnation?«
»Was?«
»Reinkarnation«, erklärte Bubba Bear mit donnernder Stimme. »Ein spirituelles Konzept, von den Hindus drüben in Indien.«
»Ach ja, das.« Eddie dachte angestrengt nach.
»Die Sache mit den früheren Leben«, half ihm Bubba Bear auf die Sprünge.
Eddie nickte und zog an seiner Zigarette. »Na ja, Mann, das kann ich nur hoffen.«
41
I m Cajun-Restaurant an der South Main in der Nähe des Astrodome gab es fettiges Gumbo und »dreckigen Reis«, der hier besonders dreckig wirkte. Rule nippte an seinem Bier und meinte, er habe keinen Hunger. Er schon, sagte Eastland. Mit einem Stück Baguette wischte er seine Schüssel aus und langte dann nach Rules Teller. Das Fett, erklärte er, schmiere die Herzklappen.
Während er Eastlands Schmatzen lauschte, beobachtete Rule den vorüberziehenden Verkehr; in Chrom und Glas spiegelte sich die Mittagssonne. Bei der Leiche musste es sich um DeReese handeln, es deutete einfach zu vieles darauf hin. Doch irgendetwas schien nicht ins Bild zu passen. Er wusste nicht genau, was. Es war nur so ein Gefühl, das er nicht näher erklären konnte. Er drehte sich wieder um und betrachtete seinen Freund. Eastland sah schlimm aus, doch das machte ihm offensichtlich nichts aus. Er hatte den »dreckigen Reis« ins Gumbo geschüttet und bestreute ihn mit Salz.
»Zufällig habe ich zu Hause eine Flasche Old Crow«, sagte Rule. »Wette angenommen.«
»Ich halte dagegen«, antworte Eastland. Er wischte sich mit der Serviette über sein knallrotes Gesicht und steckte sich eine Zigarette an. »Die Leute unterschätzen den Einfluss der Gene.«
»Werden die Leute bei euch in der Familie eigentlich alt?«
»Nein, bei uns fallen alle mit sechzig tot um.« Er zog an seiner Zigarette und bestellte ein weiteres Bier.
»Dann ist es nur eine Frage der Zeit, Partner.«
»Ich weiß.« Eastland zuckte mit den Schultern.
Wohl kaum, dachte Rule. Er glaubte, dass der Tod unser ständiger Begleiter ist und dass wir ihn bloß nicht beachten. Bis er eines Tages bei uns anklopft, um uns zu holen.
Nach dem Mittagessen setzte er Eastland vor dem Polizeipräsidium ab und erklärte, dass er in der Nähe bleibe und auf den Bericht des Gerichtsmediziners warte. Eastland sagte, er melde sich, sobald er etwas wisse. Das könne nicht lange dauern. Dann knallte er die Tür des Trucks zu und trottete über den Gehweg ins Gebäude.
Tatsächlich dauerte es bis zum späten Nachmittag, bevor Rule etwas hörte. Voller Unruhe schlug er die Zeit tot. Er rief Katie an, sprach ihr auf den Anrufbeantworter: »Hey, hier ist dein alter Herr, ich bin wieder auf Achse. Wegen neulich tut es mir leid. Ich wollte dich nicht unter Druck setzen. Ich schätze, wir haben noch einiges zu bereden. Ruf an, wenn du irgendwas brauchst.« Er zögerte kurz. »Ich würde dir gerne von diesem Traum erzählen, den ich hatte. Ich hab dich
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