Robbers: Thriller (German Edition)
Moment dachte er, dass ihm das alles bekannt vorkam, während er zurücktaumelte und nach rechts kippte und die Remington hochriss; doch der Gewehrkolben hatte sich in der Tasche seiner Regenjacke verhakt, und als er abdrückte, zerfetzte er mit seiner Schrotladung lediglich einen entfernten Ast.
Er landete auf der rechten Seite, mit dem Gesicht in den nassen Blättern. Die Wucht des Schusses raubte ihm den Atem, und als er wieder Luft bekam, versetzten ihn der üppige Duft der Blätter und die feuchte, dunkle Erde unter seinem Körper in eine längst vergangene Zeit, wie in einen Traum, als er nach einem sommerlichen Regenguss allein durch den Wald gestreift war und die fruchtbare, triefende Natur jauchzend und seufzend von all den Möglichkeiten gekündet hatte, die vor ihm lagen, ungetrübte, verheißungsvolle Versprechen auf ein erfülltes und geglücktes Leben. Was ihm, das wusste er jetzt, nicht vergönnt gewesen war.
Stattdessen lag er jetzt hier.
Der Ranger ruhte auf der Seite, die Wange gegen den matschigen Boden gepresst.
Ray Bob hob die Schrotflinte auf, stellte sich breitbeinig über ihn, rollte ihn auf den Rücken und zog die.45er aus seinem Halfter. Dann trat er ein paar Schritte zurück und betrachtete den großen, ausgestreckt daliegenden Mann. Das lange, schmale Gesicht war starr vor Schmerz; das nasse Haar, das mit welken Blättern bedeckt war, klebte an seinem Schädel.
»Weißt du, wie du aussiehst?«, sagte Ray Bob. »Wie Porter Wagoner an einem schlechten Tag.«
Er grinste.
»Wie Porter, kurz nachdem er eine 9mm-Kugel ins Bein gekriegt hat.«
»Leck mich«, sagte Rule.
»Vielleicht hattest du das im Sinn, aber ich glaub nicht, dass das bei mir auf dem Programm steht. Was meinst du?«
Rule sagte nichts.
Ray Bob betrachtete die kugelsichere Weste unter der Regenjacke. »Weißt du, dass ich auf deine Brust gezielt habe? Was für ein Glück, dass ich so ein schlechter Schütze bin. Mit dem linken Auge sehe ich besser.«
Er trat noch einen Schritt zurück und ging in die Hocke, in der typischen Pose der Förster, die Füße flach auf der Erde, während der Hintern fast den Boden berührte, die angewinkelten Ellbogen auf den Knien, mit schlaff herabhängenden Handgelenken, die Schrotflinte gegen die Schulter gelehnt. In der einen Hand hielt er die Walther, in der anderen den Colt. Er musterte Rule eindringlich.
»Du hättest allerdings den Hund nicht mitbringen sollen. Das war dumm, Porter. Schade um das gute Tier.«
Vorsichtig drückte Rule sich mit den zitternden Händen nach oben, bis er aufrecht saß. Sein linker Oberschenkel pochte, als hätte ihm jemand mit dem Hammer darauf geschlagen. Es fühlte sich an, als wäre der Knochen von der Kugel getroffen worden, es hatte ihn wirklich bös erwischt. Sein Gesicht war ganz nass, vom Regen und vom Schweiß, trotzdem war ihm kalt. Das war der Schock.
»Allein Jagd auf mich zu machen, war ebenfalls dumm. Bist du etwa der Lone Ranger?«
Rule antwortete nicht. Er begutachtete seinen Oberschenkel und presste die linke Hand dagegen, um die Blutung zu stoppen. Es überraschte ihn, wie leicht das war. Er vermutete, dass er vor allem innerlich blutete. Das Bein schien allmählich anzuschwellen.
»Hat es dir die Sprache verschlagen?«, fragte Ray Bob. »Du hast doch eben noch geredet wie ein Wasserfall. Was soll der ganze Scheiß mit DeReese und Wade?«
Rule musterte den Burschen. Er war stämmig und muskulös, mit kräftigen Schultern. Kurzes, rotes Haar, ein breites, helles Gesicht mit Sommersprossen und kalten Augen, grau oder grün. In jedem Ohr ein goldener Ohrring. Wie auf den Bildern.
»Wer von beiden war’s?«, fragte er.
Ray Bob zuckte mit den Achseln. »Das ergibt keinen Sinn. Wer von beiden war was?«
»Welcher war mit dir oben in Austin unterwegs?«
»Du meinst, mit wem ich unterwegs war? Mein Kumpel Eddie.«
Rule schüttelte den Kopf. »Er heißt Ledoux, entweder DeReese oder Wade.«
Ray Bob runzelte die Stirn, während er versuchte, sich einen Reim darauf zu machen. Die Namen hatte er schon mal gehört, aber in keinem ihm bekannten Zusammenhang. Er wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht. Es goss immer noch in Strömen. Er hörte, wie es unten im Süden erneut donnerte.
»Du bist völlig durch den Wind, Porter. Sein Name ist Eddie.«
Rule atmete tief ein und wieder aus. Sein Bein pochte jetzt, und in seinem Kopf drehte sich alles. Langsam beugte er sich zur Seite und stützte sich dabei mit dem Ellbogen ab. Er
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