Robbins, Harold - Träume
nach Abzug aller Schulden und Verpflichtungen? Das müssen wir erst mal ausrechnen.«
Wir gingen nach oben und setzten uns an den Küchentisch, auf den sie die Geschäftsbücher gelegt hatte.
»Zunächst mal die großen Summen«, sagte ich. »Wieviel ist von dem, was Reverend Sam an Vorauszahlungen geleistet hat, noch nicht abgedeckt?«
Sie blätterte. »Er hat dir vierzigtausend gegeben. Sechs Anzeigenseiten hast du für ihn gebracht. Demnach hat er noch vierunddreißigtausend gut.«
»Schreib den Scheck aus.« Ich wartete, bis sie fertig war, setzte meine Unterschrift darunter. »Jetzt zu Lonergan.«
»Ihm schuldest du nichts. Er hat mich heute früh angerufen und gesagt, er habe das alles als Investitionsverlust abgeschrieben.«
»Scheiß auf ihn. Ich brauche seine Wohltätigkeit nicht.«
Sie schwieg.
»Haben wir ihm seinen Anteil an den Anzeigeneinnahmen der letzten Nummer gezahlt?«
»Nein.«
»Wieviel war’s?«
Sie prüfte mit einem raschen Blick nach. »Dreitausendeinhundert.«
»Addiere das zu den Fünfundzwanzigtausend Vorauszahlung und stell den Scheck aus.«
Sie tat es und reichte ihn mir. Anderes schloß sich an, Rechnungen für die Druckerei etc. Summa summarum zwölftausend Dollar. Dann die Gehälter. Siebzehnhundert Dollar.
»Und wieviel ist jetzt noch übrig?« fragte ich.
»Fünftausenddreihundert«, lautete die Antwort. Diesmal brauchte Verita nicht erst in irgendwelchen Unterlagen nachzusehen. Sie hatte die Zahl im Kopf.
»Du hast recht«, sagte ich. »Ich bin tatsächlich nicht pleite.«
Die Tränen begannen ihr die Wangen herabzulaufen.
»He, hast du mir nicht gesagt, es hätte schlimmer ausgehen können? Vor ein paar Monaten war ich absolut auf dem Nullpunkt. Jetzt habe ich immerhin fünf Mille.«
»Es tut - tut mir so leid, Gary.«
Über den Tisch hinweg griff ich nach ihrer Hand. »Da braucht dir nichts leid zu tun. Solange es lief, hat’s ja einen Haufen Spaß gemacht, und es war doch verdammt besser als Schlangestehen bei der Arbeitslosenfürsorge.«
Sie zog ihre Hand fort und blickte vor sich hin. »Ich habe gestern in meinem alten Büro angerufen. Die sagten, am Montag könnte ich wieder anfangen.«
»Hätte ich wieder ein Anrecht auf Unterstützung?«
»Nein.«
»Dann gehst du auch nicht zurück. Wenn ich nicht an deinem Schalter Schlange stehen kann, zu was soll das dann gut sein?«
»Aber ich muß doch arbeiten, Gareth.«
»Du arbeitest ja. Oder habe ich dir etwa gesagt, daß du entlassen bist?«
»Nein - aber.« Sie zögerte. »Ich dachte, das sei alles zu Ende.«
»Zu Ende?« Ich stand auf und holte aus dem Kühlschrank eine Dose Bier. Ich öffnete sie, trank. »Zu Ende?« wiederholte ich. »Ich fange jetzt erst richtig an. Bevor es mit dieser Sache losging, lief ich durch die Gegend wie ein regelrechtes Arschloch, das mit der ganzen Welt zerfallen ist. Doch damit hat sich’s. Das ist vorbei. Wenn ich vorher der Meinung war, daß mich die Welt beim Arsch hatte, so weiß ich jetzt, daß es auch Möglichkeiten gibt, die Welt beim Arsch zu kriegen.«
Unwillkürlich fiel sie ins Spanische. »Usted está muy macho.«
»Das ist es.« Ich quetschte die leere Bierdose mit der Hand zusammen und warf sie in den Abfalleimer. Dann zog ich Verita vom Stuhl hoch und drückte sie an mich. »Das ist es, wonach ich gesucht habe.«
»No comprendo.«
Ich lachte. »Macho. Der Name unseres neuen Magazins.«
Ein halbes Jahr brauchten wir, bis wir die erste Nummer an den Zeitungsständen hatten, und dann entpuppte sich die Sache auch noch als Pleite. Kurz bevor wir mit der Startnummer von Macho herauskamen, war Penthouse auf dem amerikanischen Markt erschienen, und es machte Furore.
Verglich man unser Macho mit Playboy oder mit Penthouse, so schnitten wir beim damaligen Stand der Dinge nicht gerade sehr blendend ab. Ebensogut hätte man den Hollywood Express mit der New York Times vergleichen können.
Penthouse hatte eine neue Masche aufgerissen und zeigte plötzlich schamhaarlos, aber geschmackvoll »unten ohne«, Playboy konterte mit Frontalangriff, allerdings verdeckten wohlfrisierte Schamhaare so ziemlich alles Wesentliche.
Wir lachten, als wir’s sahen. Dabei war’s für uns alles andere als komisch. Das überrollte uns sozusagen, und uns drohte die Luft auszugehen. Weder mit dem einen noch mit dem anderen Magazin konnten wir’s aufnehmen, nicht im Text noch mit den Bildern. Die hatten in jeder Hinsicht die TopTalente: das Beste, was man für Geld, viel Geld,
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