Robbins, Harold - Träume
mal.«
»Warum fragst du sie nicht einfach?«
»Hab ich ja. Aber sie ist nicht interessiert. Einfach nichts zu machen.«
»Vielleicht ist sie ein Onkel«, sagte ich.
»Ist sie bestimmt nicht«, versicherte er hastig. »Ist überhaupt nicht lesbisch. Sie möchte ein Star werden. Shirley Bassey. Aretha Franklin. So in der Art. Sie ist darauf aus, ganz groß zu landen.«
»Dazu wird sie hier kaum Gelegenheit haben.«
»Sag das nicht. Bei der Meute hier kommt sie ganz toll an. Und unter den Warmen sind ja so manche, die einen Haufen Einfluß haben.« Er stand auf. »Sie hat gleich Pause. Ich werde dich mit ihr bekannt machen.«
»Wozu denn das?«
»Teufel, was weiß ich«, sagte er und fügte dann hinzu: »Scheiße, wenn ich mir nicht irgendeinen Trick einfallen ließe, würde sie nicht mal herkommen und sich zu mir setzen.«
Ich sah, daß ihm die Sache wirklich an die Nieren ging. »Okay, bring sie her. Ich werde ihr sagen, du seist der Größte.«
In einem Punkt hatte er jedenfalls recht: Sie brannte nur so vor Ehrgeiz. Kaum saß sie bei uns am Tisch, so steuerte sie auch schon auf ihr Ziel los. »Bill hat mir gesagt, daß Sie Verleger sind. Ich habe da ein paar Songs geschrieben und möchte, daß Sie sich die ansehen.«
»Solch ein Verleger bin ich nicht.«
»So? Was für einer sind Sie denn?«
»Ich mache ein Magazin. Macho.«
Ihr Gesicht war plötzlich ausdrucksleer. »Nie von gehört. Was für eine Art Magazin ist es denn?«
» Playboy. Penthouse. In der Richtung.«
»Ich posiere nicht nackt vor der Kamera«, sagte sie prompt.
Ich fühlte mich provoziert. »Keine Sorge. Ich werde Sie bestimmt nicht bitten. Sie sind zu mager.«
Sie blickte zum Collector. »Wozu verplempere ich meine Zeit mit so einem Knilch?« fragte sie scharf, sprang auf und marschierte davon.
Ich schaute den Collector an. Er war das verkörperte Häufchen Elend. »Genützt habe ich dir wohl nicht gerade«, sagte ich.
Er nickte schwer. »Das hast du sicher nicht.« Er füllte unsere Gläser, wir kippten, er füllte wieder nach. Als Lonergan um halb zwei endlich auftauchte, war ich so voll, daß ich’s kaum noch die Treppe hinauf schaffte, zu seinem Büro.
»Du bist betrunken«, sagte er mißbilligend.
»Und was gibt’s sonst Neues?« fragte ich mit undeutlicher Stimme.
»In dem Zustand kannst du nichts Geschäftliches besprechen.«
»Stimmt genau.« Ich heftete meinen Blick auf ihn. »Willst du wirklich, daß ich wieder nüchtern werde, Onkel John?«
»Das hier ist wichtig.«
»Okay. Dann laß für mich schwarzen Kaffee kommen. Ich bin gleich wieder da.« Sekunden später stand ich in seinem privaten Badezimmer und steckte mir zwei Finger in den Hals. Eins mußte ich feststellen: In der anderen Richtung hatte der Whisky entschieden besser geschmeckt. Anschließend hielt ich meinen Kopf unters kalte Wasser, bis das Stechen in meinen Schläfen aufhörte. Dann rubbelte ich mich mit einem Handtuch trocken und ging ins Büro zurück.
Lonergan schob mir eine dampfende Tasse hin. »Du siehst aus wie eine ertrunkene Ratte.«
Ich schlürfte die schwarze Flüssigkeit in mich hinein. »Aber es ist eine nüchterne ertrunkene Ratte«, sagte ich. »Also -worüber möchtest du mit mir reden?«
»Wie läuft’s mit dem Magazin?«
»Das weißt du doch. Warum fragst du also?«
»Ich möchte, daß du es mir sagst.«
»Ich mache den Laden dicht. Ich bin am Ende. Kaputt. Schluß und aus. Sonst noch was, das du wissen möchtest?«
»Ja. Warum ist es aus?«
Ich leerte die Tasse, bevor ich sprach. Viel, sehr viel hatte ich darüber nachgedacht. »Willst du eine Ausrede oder die Wahrheit?« fragte ich.
»Die Wahrheit.«
»Weil ich ein Idiot war. Was mir leider sehr spät aufgegangen ist. Ich versuchte, ein Magazin a la Playboy oder Penthouse zu machen. Aber das ist nicht meine Stärke.«
»Was ist deine Stärke?«
»Bei mir läuft’s am besten über den Straßenverkauf. Deshalb hatte ich auch mit dem Hollywood Express Erfolg. Ich spreche den Mann auf der Straße unmittelbar an. Beim versnobten Mittelstand mit gesellschaftlichem Ehrgeiz kann ich dagegen nicht landen. Mein bester Schuß geht unter die Gürtellinie und nicht in den Kopf.«
Er schwieg einen Augenblick. »Glaubst du, du bist immer noch imstande, ein Magazin zu machen, das etwas abwirft?«
»Ja.«
»Was braucht’s dazu?«
»Zunächst einmal natürlich Geld. Aber ein ganz wichtiger Faktor ist auch der Vertrieb. Bei den miesen Erfahrungen, die sie gerade mit mir
Weitere Kostenlose Bücher