Robin bekommt eine Schwester
Mama.
„Zähl sie mal“, sagt Papa.
Papa hebt einen Zipfel vom Handtuch hoch. Robin sieht zwei Füßchen. Mit ganz kleinen Nägeln. Babynägel. Die kleinsten Nägelchen der Welt. Zusammen mit Papa zählt Robin die Zehen. Es sind zehn.
„Und nun die Fingerchen“, sagt Papa.
Zusammen zählen sie die Finger des Babys. Die Finger haben auch Nägel. Auf jedem Finger ein Nägelchen.
Zehn Nägelchen auf zehn Fingerchen.
„Zehn ist gut“, sagt Papa. „Zehn ist sehr gut.“
„Wieviel Zehen habe ich?“ fragt Robin.
„Auch zehn“, sagt Papa.
„Und wieviel Finger?“ fragt Robin.
„Zehn“, sagt Papa. „Zehn ist super.“
Robin läuft zum Telefon.
„Zehn Zehen, Opa“, sagt er. „Und zehn Fingerchen.“
„Das ist toll“, sagt Opa. „Wir gucken morgen dein Schwesterchen an, lieber Junge. Und gibst du Suse jetzt einen Kuß von Oma und von mir? Einen sehr lieben Kuß?“
Robin nickt.
Opa legt den Hörer auf. Robin auch.
Robin läuft zum großen, hohen weißen Bett. Suse trinkt immer noch.
„Suse“, sagt Robin. „Der ist von Oma und Opa.“
Er gibt Suse einen Kuß. Auf ihren Kopf. Auf das Blut.
„Und, Suse“, sagt Robin, „der ist von mir.“ Er gibt ihr noch einen Kuß. Ganz sanft. So sanft wie die Flaumfeder von einem Spatz.
„Ich“, sagt Robin, „ich bin Robin. Dein großer Bruder.“
Pipi
Robin und Knor sitzen unter Mamas Bett. Unter dem hohen weißen Bett, das im Wohnzimmer steht. Robin hat seine Holzeisenbahn geholt und steckt die Schienen ineinander. Es ist toll unter dem Bett. Es ist ein bißchen dunkel. Nicht sehr. Gerade richtig. Manchmal dreht sich Mama um. Dann wackelt das Bett über Robins Kopf.
Mama spricht mit Patricia, der jungen Frau. Patricia hat eine weiße Jacke an. Sie hält einen Teller mit Biskuits in der Hand. Biskuits mit steinharten rosa und weißen Körnchen. Das sind Liebesperlen. Ab und zu hält Patricia den Teller unters Bett. Dann darf Robin sich ein Biskuit nehmen. Das findet er besonders schön.
Robin setzt die Lokomotive auf die Gleise. Plötzlich erschrickt er. Da ist Mamas Kopf. Unterm Bett! Mama lacht. Kopfüber. Ihre langen Haare streifen über den Boden, als sie unter das Bett schaut.
„Gefällt es dir da unten?“ fragt Mama.
Robin nickt.
„Suse hat dir ein Geschenk mitgebracht“, sagt Mama.
Robin vergißt immer, daß das Baby Suse heißt.
Jetzt kommt Mamas Hand auch nach unten. Mit dem Geschenk. Robin nimmt es und reißt das Papier auf. Er sieht ein rosa Puppenbaby und eine rosa Badewanne. Robin weiß nicht so recht, ob er sich darüber freut. Robin hält nicht so viel von Puppen. Er spielt lieber mit Zügen. Und noch viel lieber Ritter.
„Danke schön“, sagt er.
„Gefällt es dir?“ fragt Mama.
Robin nickt. Mamas Kopf verschwindet wieder nach oben. Robin versteckt das Puppenbaby und die Badewanne unter dem Bücherregal.
Papa kommt ins Zimmer.
„Aus dem Weg! Aus dem Weg!“ ruft Papa.
Er trägt eine weiße Wanne voll Wasser. Sie ist sehr schwer. Papa stellt die Wanne auf den Tisch. Wasser schwappt über den Rand auf den Tisch.
„Uff!“ sagt Papa.
„Soll ich Suse schon mal in die Wanne setzen?“ fragt Patricia.
„Auf keinen Fall!“ sagt Papa. „Ich bin der stolze Vater. Ich bade mein kleines Mädchen selbst!“
Papa läuft zum hohen weißen Bett. Robin kann nur seine Hausschuhe sehen und die Hosenbeine. Er kriecht unter dem Bett hervor. Er möchte gerne alles sehen.
Papa hebt das Baby ganz vorsichtig hoch. Das Baby hat noch immer ein großes Handtuch um. Papa hält eine Hand unter den kleinen Po und die andere Hand unter das Köpfchen. Er legt Suse auf das Sofa.
Er schlägt das Handtuch auf.
Da liegt das kleine, nackte Baby.
Das nackte Baby niest. Dreimal. Ganz laut.
„Hörst du das, Robin?“ fragt Papa. „Hörst du das? Hörst du, wie gut das Baby schon niesen kann?“
Robin nickt. Er hat es auch gehört.
„Was ist das?“ fragt er.
Im Handtuch liegt ein langes schwarzes Ding. Es sieht aus wie Lehm. Schwarzer Lehm. Es sieht aus wie Knoddel. Eklige Knoddel.
„Sie hat es gemacht!“ jauchzt Papa. „Siehst du das, Robin? Siehst du das? Siehst du, wie gut sie schon scheißen kann?“
Robin nickt. Er hat es auch schon gesehen.
Papa fängt an zu singen:
„Ach, du kleines Susännchen,
mach ein Häufchen in mein Pfännchen.
Warst mal wieder viel zu flott.
Verfehlt hast du den schönen Pott.
Auf dem Herd liegt jetzt der Dreck.
Wie kriegen wir den wieder weg?“
Das ist ein lustiges Lied, das
Weitere Kostenlose Bücher