Robina Krux
und das, obwohl sie mit mehr als siebenfacher Sicherheit reisten.
Im Augenblick empfand Robina, als begriffe sie nun erst Donas, ihren mitunter poltrigen Lehrer.
Sie war sich jedoch keineswegs sicher, ob sie jederzeit in den verbleibenden Jahren so zu denken vermochte oder ob es erneut Perioden geben würde, in denen sie der Gedanke an das Letzte niederwürfe. Vielleicht versetzte nur die Idee ihrer Mission sie jetzt in die Lage, sich so zu verhalten.
In einem glaubte sie sich sicher: Versänke sie erneut in den Bann der Kügelchen, würde es ihr sehr viel schwerer fallen, abermals aufzuerstehen.
‘Also: Der Fremde brauchte neben der schönen Leiche notwendigerweise Informationen über deren Herkunft – aber woher zum Beispiel wüsste er, dass es eine Sie ist und kein Er oder Es?’
Je weiter sie dachte, um so klarer wurde Robina, dass viel zu tun blieb, um möglichst viele Fragen des Fremden zu beantworten.
Und zum ersten Mal dachte sie an die verbleibenden 34 Jahre nicht in der Furcht, wie diese lange Zeit zu überstehen sei, sondern in der Angst, sie könnten nicht ausreichen.
Sie war sich schlüssig, dass sie die Informationen nicht irgendwie ungeordnet konservieren durfte, sondern ein System brauchte.
Lange saß Robina vor dem Eingang der Grotte und grübelte. Ihr gegenüber stieg am anderen Ufer über einem Trümmerberg – wie alle 43 Minuten – der hellste Stern auf. Robina hatte sich nicht gemerkt, zu welchem Raumsektor er gehörte.
Im Augenblick kam er ihr besonders hell vor. Sie verfolgte ihn mit dem Blick, bis er über dem Grotteneingang hinter dem Kristallmassiv verschwand. Es fiel ihr das biblische Märchen ein: Drei Könige folgten einem Stern. Sie lächelte. ‘Wo sollten hier drei Könige herkommen? Die hatten immerhin ein Morgenland, hier ist nichts. Und außerdem bin ich wohl ein etwas missratenes Gotteskind. Niemand wiegt mich, und ein Esel ist auch nicht da.’„Entschuldige!“, sagte sie laut und klopfte auf den Rahmen ihres Gefährts.
Plötzlich spukte ihr neben dem Märchen noch etwas anderes durch den Kopf: Eine zweite Geschichte, die mit der ersten verknüpft schien, nein, die die erste interpretierte!
Robina dachte angestrengt nach, sie fühlte, es war irgendwie wichtig, dass es ihr einfiele.
Dann erwog sie, dass es sich um eine phantastische Geschichte eines Klassikers dieses Genres handeln könnte. Auf den Namen des Schriftstellers kam sie nicht, aber nach und nach erinnerte sie sich an den Inhalt: Da hatte nach dem Willen des Autors eine Forschergruppe am Rande der Ökosphäre einer untergegangenen Sonne einen Planeten entdeckt. Auf ihn hatten sich ehemalige Bewohner eines sonnennäheren Himmelskörpers geflüchtet, weil sie Schutz suchten vor zunehmender Strahlung – oder so ähnlich. Sie erkannten dann, dass es keine Rettung gab, ihre Sonne glühte einer Nova entgegen. Und so beschlossen sie, ein Zeugnis ihrer Existenz zu hinterlassen.
‘Clarke hieß der Autor’, fiel Robina ein, ‘Arthur C. Clarke.’ Und das alles erfuhren die Expeditionsteilnehmer eben aus Aufzeichnungen.
‘Aber wie hatten diese Wesen Kunde von sich hinterlassen?’ Robina erinnerte sich nicht. ‘Was konnte eine Supernova, wenn auch eine weit entfernte, überstanden haben? Hier gibt es keine Supernova!’
Wieder ging drüben der Stern auf.
‘Was hat diese Geschichte eigentlich mit den drei Königen zu tun? – Ja, einer der Teilnehmer, hatte berechnet, das war die Pointe, dass der plötzlich aufgetauchte helle Stern, dem die Könige folgten, zeitlich identisch gewesen sei mit der Supernova, die dort in dem fernen Sonnensystem eine Zivilisation auslöschte. Ja, so ähnlich hatte Clarke sich das ausgedacht, beeindruckend phantastisch! Jener Expeditionsteilnehmer, der Gläubige, begann danach an Gott zu zweifeln.’
Robina hatte diese Geschichte fasziniert. Schließlich sollte damals, so verkündete es der Prophet, von diesem Bethlehem aus – der Stadt, zu der die drei zogen – das Heil über die Menschen kommen, der ewige Friede. ‘Und ausgerechnet ein solcher Stern, der anderen Unheil brachte, sollte den Weg gewiesen haben? Zu Clarkes Zeiten sicher eine Quelle tiefen Zweifels.
Also, Robi, Stern hin, Stern her – was könnte man hinterlassen, das die Zeiten überdauert? Nun, mich als Leiche neben dem roten Strich, das ist gut, aber das hatten wir schon. Dann finden sie – dem Strich folgend – die Grotte mit der Einmannschleuse, den Geräten und den restlichen Vorräten. Daraus
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