Robina Krux
Regeln einer gesunden Lebensweise unter extremen Bedingungen einzuhalten. Als der Schlaf sie weiter floh, nahm sie ein Kügelchen…
Das Gerät, das Robina sich ausgedacht hatte und das sie am nächsten Tag gleich an dem Oktaeder vor der Grotte ausprobieren wollte, war einfach und schien wie vieles Unkomplizierte ausgezeichnet zu funktionieren. Es bestand aus einer Dauerwärmebatterie, wie sie in Raumanzügen verwendet werden, einem mit Wasser gefüllten Thermosbehälter und einer Plastplatte.
Zunächst wurde die Mineraloberfläche erwärmt, dann die Plastplatte angelegt, zwischen diese und den Kristall einige Tropfen Wasser gegossen, die sich verteilten und nach wenigen Augenblicken hart an die Flächen froren. Der an die Platte geschweißte Haken hielt allen Reiß- und Hiebversuchen stand. Es dauerte zwar, die Platte anschließend mit der Wärmebatterie wieder abzutauen, aber Zeit spielte keine Rolle.
Robina fühlte Befriedigung. Nur mit geringem Bedauern dachte sie an den Wasserverlust; der sie annähernd weitere 40 Tage ihres Lebens kosten würde.
Sie fertigte zwei dieser Platten. So konnte sie, diese abwechselnd ansetzend und mit einem Seil gesichert, die glattesten und steilsten Wände bezwingen.
‘Ed würde staunen! Was pflegte er manchmal zu sagen? Technisches sei mir wesensfremd. Und nun benutze ich meine eigenen Erfindungen!’
Robina malte sich aus, derartige Haftplatten könnten künftig direkt an den Anzugschuhen angebracht werden – mit automatischer Bewässerung und Abtauung natürlich. Dann lachte sie, hängte sich ihr Marschgepäck über, band drei der roten Kanister an das Eselchen und fuhr, diesmal einen Kurs nach links einschlagend, auf die Gruppe von Obelisken zu, hinter denen damals die REAKTOM hätte aufgehen müssen.
Wenige Stunden später prangte auf dem höchsten Gipfel ein rot leuchtender Kanister, Zeugnis vernünftigen Wirkens, ein Produkt der Zivilisation, die sich Menschheit nennt.
Eine Weile stand Robina in der Ebene mit dem Blick zum Obelisken und betrachtete ihr Werk. Ein kindlicher Stolz erfüllte sie.
6
Wenn sich einige Wochen später jemand dem Boliden genähert hätte, einer, der ihn von früheren Besuchen her kannte, er wäre überrascht gewesen.
Vielleicht hätte er aus der Ferne angenommen, das Kristallwachstum sei auf geheimnisvolle Weise reaktiviert worden, an den Spitzen der Gipfel rund um die große Ebene sei Korallenachat ausgeflossen oder ein Eisen-Gel. Den Irrtum würde er erst nach der Landung bemerken, wenn er erstaunt feststellte, dass rote, innen verschmutzte Hohlkörper aus Polymeren an den Flächen klebten, unzweifelhaft Zeugen unerklärlichen Wirkens von Wesen, denen eine gewisse Vernunft offenbar nicht abzusprechen war, falls sich hinter diesen Merkwürdigkeiten ein Sinn entdecken ließe.
Oder bestand dieser Sinn vielleicht nur darin, eben auf ein solches Wesen hinzuweisen? Wer aber sollte so primitiv auf sich aufmerksam machen?
Ein Notsignal! Ja, eine andere Möglichkeit schien ausgeschlossen. Wer andere Mittel hätte, verhielte sich anders. Also suchen wir einen Schiffbrüchigen, und – spätestens hier würde den Besucher Erregung befallen – es kann nur ein Wesen einer fremden Zivilisation sein; wenn von uns jemand hier wäre, wüssten wir das!
So liefen Robinas Gedanken. Und sie fragte weiter: Wenn dieser Jemand aber nicht jetzt, sondern in 40 oder meinetwegen auch in 400 Jahren käme, könnte er dann immer noch die gleichen Schlussfolgerungen ziehen? Er würde auf jeden Fall suchen.
‘Und er wird auch die Leiche finden. Meine Leiche – verwest, wenn ich in der Kabine sterbe, erhalten aber, wenn es in der Raumkälte geschieht. Letzteres wäre für ihn aufschlussreicher.’
Robina wunderte sich nicht wenig, dass sie so über das Ende, über ihr Ende spekulieren konnte. Als ginge es um etwas, das sie nicht berührte.
‘Donas, der Lehrfreund, hätte seine helle Freude an mir. So muss ein Raumfahrer sein! Der Tod ist Kalkül seines Verhaltens, er beendet einen biologischen Prozess, zerstört ein kleines Teilsystem, das in diesem Falle Mensch heißt. Alles zu seiner Zeit, auch die Emotionen – vor allem diese!’ Und dabei war Donas keinesfalls ein fühlloser Klotz. Blumen mochte er, und mit seinen Kindern ging er um, dass Robina mehr als einmal neidvoll zusah.
Und was Robina nie für möglich gehalten hätte, als die kleine Mannschaft der REAKTOM verabschiedet wurde, zeigte er sich – und er schämte sich dessen nicht – gerührt,
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