Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
Fenster- und Türöffnungen zugemauert, die Ankerplatten der Plasttraversen hässlich und liederlich angesetzt. Neuerrichtete, grobgefügte Verbindungstunnels und Schächte verwischten den Eindruck dessen, was Ed soeben noch vom menschlichen Wohnen dargelegt hatte.
    „Und das lohnt sich?“, hatte Robina gefragt.
    „Ja, sonst würden wir es kaum machen. Was wollen wir damit? Es einfallen lassen? Umbauten Raum aufgeben? Hast du eine Vorstellung, wie viel Schweiß das einst gekostet hat? Vielleicht Betonstaub in die Atmosphäre mischen durch Sprengung? Wegräumen, urbar machen, Mutterboden auffüllen, pflanzen und doch nur wieder eine flache Landschaft hinterlassen. Und wohin mit den Trümmern? Ich glaube schon, dass wir die optimale Lösung gefunden haben.“
    Schweigend waren sie um die eintönigen Vierecke geschritten. Wild wucherten Blumen auf den spärlichen Grünflächen neben den Eingängen. Gras und Unkräuter sprossen über den Beton, drangen aus den Ritzen zwischen den Gehwegplatten. Anflugkiefern standen herum, halb mannshoch.
    Wie lange würde es dauern, bis die Natur das alles in ihren grünen Mantel hüllen, allein damit fertig werden würde? Nur die Elfgeschosser könnten sich noch eine Zeit behaupten. ‘Nun ja, man müsste das Gebiet sperren. Jahrzehntelang wäre es den Menschen verloren. Ed wird schon Recht haben.’
    „Wie lange wohnt hier schon niemand mehr?“, hatte Robina aus ihren Gedanken heraus gefragt.
    „Fünf bis sieben Jahre. Die Letzten sind wohl erst vor drei Jahren ausgezogen. Sie sollen nicht so leicht zu überzeugen gewesen sein. Die damals gerade im Verwaltungsaktiv arbeiteten, hatten es nicht leicht. Einige alte Leute sollen sich sogar geweigert haben. Komm – wir gehen hier einmal rein!“ Ed hatte Robina in die provisorische Öffnung eines Tunnels gezogen. Neben dem Eingang stand bereits die Verschlussklappe.
    Sie liefen den grobgefügten Gang entlang, bis sie sich im Parterre eines fünfgeschossigen Blocks befanden. Von neuinstallierten Leuchtplatten an den Decken strahlte mattes Licht.
    „Ist hier noch alles so… ?“, hatte Robina ein wenig scheu gefragt. Irgendwie hatte sie Ehrfurcht vor dem, was kreative Menschen einst geschaffen hatten. Vielleicht rührte dieses Gefühl daher, dass sie annahm, sie selbst werde nie in der Lage sein, etwas Schöpferisches zu vollbringen.
    „Ja. Nur die Türen sind ausgebrochen und die Wände einheitlich gespritzt. Aber hier bleibt die ursprüngliche Raumaufteilung.“
    „Das waren also die Wohnungen…“ Robina, nachdenklich geworden, schlenderte durch die türlosen Räume.
    „Hier werden in allen Etagen Pilze gezogen, alle Edelsorten. Und du weißt, da stehe ich drauf! Neuerdings züchten sie sogar Pfifferlinge. In vier solchen Blöcken werden derartige Kulturen angelegt. Frische Pilze – das ganze Jahr über!“
    „Das reicht für die Stadt.“
    „Das lange Hochhaus gegenüber wird Flüssiggasspeicher – zum Abfangen der Winterspitze in der Energieversorgung. Andere sind Obstlager, Magazine irgendwelcher Materialien. Zum Teil wurden Zwischenwände und Decken herausgenommen. Ja – eine Gaststätte bleibt auch.“
    „Ich denke, das bricht bald alles zusammen?“
    „Die Spreizanker – vor allem aber der Halt von außen verhindern das. Die Experten sagen, mindestens ein Jahrhundert wird es wieder fest sein.“
    Später hatten sie vom 11. Stock eines Hauses hinuntergesehen auf die tote Stadt. Nur am Ostrand rissen Scheinwerfer Gebäudeteile aus der fortschreitenden Dunkelheit, von dort klirrte auch Arbeitslärm herüber.
    Robina hatte Ed von der Seite betrachtet: Ein kindlicher Stolz lag in seinem Gesicht, Freude offenbar, hier dabei sein zu können. Robina empfand in diesem Augenblick, es sei gar nicht jener Ed, zwei Jahre älter als sie, und der sich nie besonders herzlich zu ihr verhalten hatte. In seinem Blick lag etwas wie Zärtlichkeit.
    „Hast du Vater das gezeigt?“
    „Ich wollte es, habe ihn gebeten. Er meinte, das würde bestimmt im Videor übertragen werden. Wird es natürlich, zumindest in den Nachrichten. Das reichte ihm – reichen, hat er gesagt.“
    Robina hatte mehr geahnt als gesehen, dass Ed nach diesen Worten mit den Schultern gezuckt hatte.
    „Übermorgen wird er fünfundfünfzig Jahre alt. Die Hälfte des Lebens…“
    Da hatte sich Ed ihr zugewandt, ihren Blick gesucht. „Mach dir nichts daraus, Robi, wir haben uns, und da sah ich doch heute, als ich dich abholte, so einen Langen, der auf der Treppe

Weitere Kostenlose Bücher