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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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stand, so in Gedanken, als wolle er die Quadratur des Kreises lösen. Ständig hat er zu uns herübergeblinzelt – der Boris, nicht? Vater ändern wir nicht mehr.“
    Robina, verlegen, hatte nach einer Weile gefragt: „Wie kann man nur so werden?“
    „Wenn ich ganz ehrlich bin“, Ed hatte sich wieder zum Fenster gedreht, „in mir steckt das auch ein bisschen. Du arbeitest deine sechs Stunden, normalerweise nicht eben schwer, machst deine Arbeit gut – Routine. In der Freizeit gehst du deinen Interessen nach, Sport, Spiel, absolvierst übers Jahr viermal deine eine Woche Verwaltungsarbeit oder den territorialen Koordinierungsdienst. Na gut, Vater ist in seiner Freizeitgestaltung auch einseitig. Aber geangelt sollen schon die Steinzeitmenschen haben, sagt man. Es ist ein Sport, der nie aussterben wird, solange es Menschen und – Fische gibt.“
    „Aber – so lebt man doch gar nicht mehr richtig.“
    „Sag’ das nicht. Seine Arbeit macht er gut. Es ist nicht seine Schuld, dass der Automat ihm nicht mehr abverlangt.“
    „Und das da?“, hatte Robina gefragt und in die Nacht hinaus gewiesen. „Warum machst du das?“
    Ed lachte, eine Sekunde blitzten seine Zähne.
    „Du hast dich selbst bei RENOV beworben!“ Robina war hartnäckig geblieben. „Hättest sicher auch irgendwo einen Automaten bekommen. Bis an dein Lebensende hättest du den betreuen können – und fischreiche Seen gibt es wieder genug.“
    „Beruhige dich, Schwesterchen!“ Ed hatte ihr auf die Schulter geklopft. „Es gibt genügend Leute, die sehen, was auf sie wartet. Du hast deine Felder, die noch Generationen beschäftigen werden. Und ich werde morgen dabei sein, wenn Berge versetzt werden, du wirst sehen. Hunderttausende sind im Kosmos, auf den Planeten, bauen neue Maschinen, Siedlungen. Wir können auf das Mittun solcher Väter verzichten, aber nicht vergessen: Vater hat einen Beitrag geleistet, und keinen kleinen. Es ist, glaube ich, im Augenblick die schwierigste Aufgabe für die Menschen, wirklich alle sozial gleichzustellen, die Disharmonien zu beseitigen.“
    Robina war Ed in diesem Augenblick von Herzen dankbar. Und auf einmal wurde ihr klar, weshalb er sie fast immer, wenn er zu einem neuen Einsatzort zog, zu sich holte. Sie sollte nicht fühlen, dass sie keine Familie hatte. Er litt genauso darunter wie sie, wollte ihr zeigen, dass sie zusammen gehörten. Sie hatte seine Hand gesucht und sie gedrückt. „Aber allein lassen sollten wir solche nicht“, hatte sie leise bemerkt.
    „Nein – sicher nicht. Aber ich war dabei, als Vater unlängst einen Beauftragten der Koordinierungsgruppe abfahren ließ, so einen jungen, der danach ganz verstört schaute. Er wollte weiter nichts, als Vater zu einer Zusammenkunft einladen, auf der es um die Soliaktion Standard ging. Vater sollte dort von seinen Erfahrungen berichten.“
    „Ja, ich weiß davon“, hatte Robina bestätigt. „Er hat es mir selbst erzählt – voller Bitternis, rechthaberisch. Er hat es nicht verarbeitet – und gerade das ist ein wunder Punkt. – Wir hätten Mutter nicht weggehen lassen sollen.“
    „Du warst fünf, ich sieben – was hätten wir da ausrichten können? Es ist ihr sicher schwer genug angekommen. Hast du Nachricht von ihr?“
    „Vor einem halben Jahr etwa hat sie mich angerufen. Sie meinte, es ginge ihr gut. Sie lebt monogam – mit einem Servicer zusammen.“
    Obwohl Ed noch etliches erklärte, hatte sich Robina die Dimensionen des Unternehmens nicht vorstellen können. So beschloss sie, den nächsten Tag noch zu bleiben und sich alles an Ort und Stelle anzusehen. Ed versprach, das alles zu regeln, obwohl es die Objektleitung – schon aus Gründen der Sicherheit – nicht so gern sähe, wenn Fachfremde zugegen sind.
    Dann gingen sie über eine Stunde zu Fuß zum Hotel. Es lag auf einem bewaldeten Hügel außerhalb der Stadt. Über ihre Köpfe hinweg zischten in rascher Folge Gleiter, die Gäste zwischen der Stadt und der Herberge beförderten.
    „Na, Robi, schau dir das an!“ Ed hatte zum Hügel gewiesen, von dem die Lichterkette des Hotelbaus herüberstrahlte. „Das ist noch gar nicht so alt, trotzdem bauen wir heute schon anders, wieder rationeller. Aber niemandem würde einfallen, deshalb solche Bauten zu verschrotten. Sie bleiben bewohnt, bis es aus Sicherheitsgründen nicht mehr geht. Es ist eben menschlich: Wir hängen an dem, an das wir gewöhnt sind.“
    „Schon gut, Ed, ich gehe in mich.“
    Eine Weile schritten sie schweigend.

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