Robina Krux
Pause lang vor, bevor der Greifer nach links schwenkte, um sich auf die linke Brust zu senken. Als er sie erreichte, kroch Robina förmlich in sich zusammen, in die Tür hinein, in der Absicht, den Zustand der leichten Berührung, der vorhin das angenehme Gefühl heraufbeschworen hatte, so lange wie möglich zu erhalten.
Diesmal hielt der hohe Druck länger an. Robina spürte ihren Herzschlag unangenehm heftig. Ohne Zweifel war es dieses dumpfe Pochen, das auch die Aufmerksamkeit des Roboters erregte.
Dann befasste sich die Maschine mit den Schultern, dem Hals und schließlich dem Schutzhelm. Und es wurde Robina erneut unbehaglich, als sie hörte, wie dieser knirschte. Sie vernahm ein dumpfes Summen, das vom Materialkontakt mit dem Birne übertragen wurde. Sein Puls!
Mehrmals hätte Robina Gelegenheit gehabt, sich den Zugriffen der Maschine zu entziehen. Instinktiv wehrte sie sich nicht. Sie hatte die Auffassung, dass die Untersuchung nicht zu ihrem Nachteil ausschlagen würde, sie hoffte, dass sich gerade daraus erste Kontaktmöglichkeiten entwickeln könnten, der Grund für ihren Entschluss, sich schnell nach der vermutlich letzten Tastung umzudrehen, um so ihren Rücken für die gleiche Prozedur anzubieten. Außerdem wollte sie damit Zeit gewinnen für eine Entscheidung, die unzweifelhaft nach der Tortur zu treffen sein würde. Noch war ihr völlig unklar, in welcher Richtung.
Aber ein weiterer Gedanke hatte Robina die Kehrtwendung eingegeben: ‘Wird er verstehen, was ich will, was ich von ihm erwarte?’
Er verstand.
Robina frohlockte innerlich, obwohl ihr das Abtasten nunmehr auf die Nerven ging.
Sie hatte den Eindruck, der Roboter arbeite jetzt nachlässiger. Die „Probendichte“ wurde geringer, die Pausen zwischen den einzelnen Drücken kürzer.
‘Er vergleicht zwischendurch die neuen Proben mit denen von vorhin und stellt offenbar keine Abweichung fest.’ Der Zeitpunkt einer Entscheidung rückte unerbittlicher näher.
Nach dem letzten Taster ließ sich der Birne Zeit. Aber noch bevor sich Robina entschlossen hatte, ihm wieder das Gesicht zuzuwenden, handelte er: Beide Manipulatoren griffen zu. Sie schoben sich unter die Achselhöhlen, hoben Robina spielerisch empor, und in einer plötzlichen Halbkreisdrehung, so heftig, dass Robina ein Schwindel befiel und sie einen heftigen Schmerz im Brustkorb verspürte, setzte sie der Birne mitten im Raum ab, schwenkte abermals herum und schirmte gleichsam mit seiner Unterseite die Tür ab.
„Renitenter Strolch!“, fluchte Robina. In ihr stieg eine ohnmächtige Wut an. ‘Er nimmt mich nicht ernst, dieser fühllose Blechkanister. Gewogen und zu leicht befunden!’ Den Koloss konnte sie nicht von der Tür entfernen. So sah sie zornig zu, wie zunächst hinter dem Körper des Roboters bläulicher Qualm in den Raum floss, später nach allen Seiten Funken stoben.
Trotz ihrer Wut stellte Robina fest, dass bei der Schweißtechnik der Maschine Sauerstoff im Spiel sein musste – ließ das bereits einen Schluss auf das Atemmedium der Anderen zu?
Nach wenigen Minuten schwebte Robinas mühevoll angefertigter Schutzkäfig durch den Raum und fiel ihr vor die Füße.
Bevor der Roboter aber verschwand, drehte er sich abermals um, schwebte auf Robina zu, die eigenartigerweise keine Furcht empfand, schaufelte sie mit dem rechten Greifer so kräftig zur Seite, dass sie strauchelte und nur die geringe Schwerkraft sie vor einem heftigen Sturz bewahrte.
Sie sah daher nicht, was er holte. Es fiel ihr jedoch nicht schwer, anzunehmen, dass es ein Ersatzkabel oder etwas anderes für die Reparatur sein mochte; denn jetzt wirkte in seinem Einbahngehirn nichts als das gestörte Signal.
Erst jetzt bemächtigte sich Robinas eine grenzenlose Enttäuschung. Sie hatte plötzlich den Eindruck, als stände sie am Ende eines Ganges vor einer glatten Wand ohne die geringste Aussicht, jemals weiter zu kommen. Erschöpft sank sie zu Boden. Ihre Glieder zitterten, der Puls ging immer noch schnell; sie zwang sich zur Ruhe, versuchte, sich bewusst zu entspannen.
Dann begann die Stille auf sie zu wirken. Sie schaltete das Signal an, noch war es die S-Melodie. Wann würde der ursprüngliche Ton wieder aufklingen? Das monotone Zirpen machte sie müde.
Als sie aus einem kurzen Schlaf erwachte, glaubte sie, einen Impuls verspürt zu haben. Sie fühlte sich ein wenig erfrischt, beruhigt.
Aus den Hörern drang das alte Signal der Anderen.
Langsam stand Robina auf und schlug den Weg zum Lift
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