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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Er hat keine Sperre, er wird mich zermalmen. Weg hier, weg!’
    Robina, unfähig, sich zu rühren, fühlte sich wie die Maus im tödlichen Blick der Schlange.
    ‘So ist das also!’ Ruhe kam über sie. ‘Ich bin nicht zurückgewichen, hab’ es versucht bis zum Letzten…’
    Robinas Denken blieb noch immer klar. ‘Jetzt, wenige Augenblicke vor dem Ende, müssten, sollte man den Darstellungen glauben, blitzartig wesentliche Stationen des Lebenswegs in der Erinnerung abrollen.’ Es rollte nichts, zumindest nicht von allein.
    Diese Überlegung ließ Robina einen Augenblick das sich nähernde Ungetüm vergessen.
    ‘Es war nichts umsonst’, dachte sie. ‘Zwar dürftig, was ich hier geschaffen habe, und vieles bliebe noch zu tun, aber es wird reichen, um zu zeigen, dass ich, Robina Crux, hier lebte, dass es uns Menschen gibt. Alles andere, was sie vollbracht hat in ihrem kurzen Leben, ist ohne Bedeutung. Niemand wird um mich trauern, niemand? Ed schon. Ich bin zu lange weg, den Freunden nicht mehr gegenwärtig. Bald trifft die letzte Meldung der REAKTOM ein, ab dann bin ich ohnehin nicht mehr. Eine Gedenkminute auf einer Tagung: „Ihr habt euch zu Ehren der teuren Toten von den Plätzen erhoben, ich danke euch!“, wird ein Tagungsleiter sagen. Und einige der Anwesenden werden in solchen Augenblicken sogar echte Empfindungen angesichts einer solchen Gewissheit haben. Irgendwo in Instituten und Betrieben wird man ein wenig diskutieren. „… die REAKTOM, das war doch das erste Schiff mit Antimaterieantrieb, das in Richtung Proxima startete und in zwei Jahren zurück erwartet wurde. Ist wohl noch nicht das Richtige mit der Antimaterie…“ Und der eine oder andere mag sich der Besatzung erinnern, vielleicht machen sich einige sogar die Mühe und befragen das Internet, lassen Fotos der Besatzung und die Kurzbiographien über den Schirm laufen. „War eine sympathische Frau, die kleine Crux, und noch jung. Soll ein Phänomen als Feldoperatorin gewesen sein. Schade um ihre Erfahrungen.“
    Vater – ja, Vater… Vielleicht schmerzt es ihn, es wird ihn gewiss für einige Tage aus der Fassung bringen, seinen Panzer ankratzen. Aber dann wird er sich sagen: Warum hat sie sich engagiert. Es hat sie keiner gezwungen zu diesem im Letzten fragwürdigen Unternehmen. Und er wird so tun, als bestätige das Unglück seine jetzige Lebensauffassung. Niemand wäre imstande, seine Erinnerung an Zeiten zurückzurufen, in denen er sich auf viel fragwürdigere Unternehmungen eingelassen hatte, allein drei Mal als Unterhändler zwischen sich streitenden Volksgruppen.
    Mutter wird ein wenig weinen, sich der glücklichen Zeit erinnern, in denen wir Kinder um sie waren. Es ist sicher etwas Großes, zu beobachten, wie junge Menschen heranwachsen, sich entwickeln. Ob die Frauen früher, als sie die Kinder noch durch eine – wie hieß es – Entbindung zur Welt brachten, wirklich ein engeres Verhältnis zu ihnen hatten, allein deswegen?
    Schade, auch Kinder werde ich nicht haben.
    Boris wird vielleicht doch ein wenig wehmütig werden. Bestimmt! Er wird an die Stunden denken, in denen wir zärtlich zueinander waren. Schöne Stunden, auch für ihn schöne Stunden. Ausgeschlossen, dass er sie mit Vorbehalten erlebte. Vielleicht bedauert er sogar, dass sie unwiederbringlich vorbei sind. Vielleicht hat er auf meine Rückkehr gewartet, in der Hoffnung, alles würde wie früher sein. Aber ich wäre an Franks Arm an ihm vorbeigeschritten, hätte ihm noch von der Gangway des Landeschiffes aus „hallo, Boris“ zugerufen und danach gleich zu Frank aufgesehen mit meinem besten Lächeln und etwas Belangloses gesagt, worüber Frank geschmunzelt hätte. Nie würde ich ihn Boris’ wegen verraten haben. Es wäre schön geworden mit Frank.
    Ed wird es nahe gehen. Er wird vielleicht neben Willfart und einigen aus dem Physikalischen Rat, die meine Fertigkeiten kennen, der Einzige sein, der meinen Tod als echten Verlust empfindet. Er meinte immer, dass in mir etwas steckt, das mich wichtig macht. Hat er mich nicht beinahe bewundert wegen meiner Erfolge in der Territorialarbeit? Dort ließ er sich treiben, empfand den gesellschaftlichen Auftrag als eine Pflicht, deren er sich schlecht und recht entledigt. „Ich bin für die Administration nicht geeignet“, so hat er oft geklagt. „Ich kann einen Trägen nicht aktivieren, einen übertrieben Ehrgeizigen nicht zügeln, niemanden überzeugen, dass gerade er die untere und nicht die obere Kugel beziehen soll,

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