Robina Krux
ausgelöste Empfindungen wahr, Angst zum Beispiel, Erregung, Zorn. Ihr einen bestimmten Willen aufzuzwingen, dürfte bereits sehr viel schwieriger sein und nur mit höchster Denkintensität und Geduld gelingen.’
Zögernd begann sich Robina nach einigen Tagen Befehle aufzuzeichnen, die, klar unterscheidbar voneinander, von jedem nach logischen Prinzipien aufgebauten Rechner begriffen werden mussten, sobald Gesetze der Logik wirkten, also, so nahm Robina an, auch für die Anderen zutrafen. Bislang hatte niemand den objektiven Charakter solcher Gesetze bestritten, bislang hatte sich aber auch noch niemand in dieser Situation befunden.
Die Befehle müssten auch Begriffliches enthalten: Abwehr oder Zustimmung, Zögern, Freundlichkeit und Entgegenkommen. Robina kramte in ihrem Gedächtnis nach Kurvenbildern. Nie hätte sie es für möglich gehalten, Charakteristika der Bioströme aus Stimmungen und Zuständen, aus Willensäußerungen und Emotionen je zu benötigen.
Sie konnte natürlich nicht davon ausgehen, dass eine Verständigung etwa über Sprache möglich sein würde. Das wäre die Krönung eines jahrelangen Lernprozesses, wenn dazu überhaupt eine Basis vorhanden war. Die Laute, die sie gehört hatte, konnten wer weiß was gewesen sein. ‘Vielleicht ist der Wechsel in der Fluoreszenz seiner Augen bereits seine Sprache.’
Robina erinnerte sich der Witze, die sie einst mit den Kurven gemacht hatten. Sie sah es ganz deutlich, wie sich der lange Max zu ihr umdrehte im Lehrraum, dann Boris zuzwinkerte und ihm anzüglich zuraunte: „Pass auf, dass sie deine Kurve nicht mal aufzeichnet, wenn ihr allein seid, und uns dann beibringt, wie man sie über dem Detektor glättet.“
‘Ich wollte, ich hätte jetzt eine Vielzahl solcher Bilder zur Verfügung’, dachte Robina bedauernd. Und sie wusste, keineswegs würde es ihr immer gelingen, eine beliebige Stimmung so nachzuempfinden, dass der Birne in der Lage wäre, sie zu analysieren und darauf einzugehen.
Doch hier half kein Wenn und Aber. Nur der Versuch konnte Klarheit schaffen.
Zwei Dinge erfüllten Robina mit Besorgnis: Wird der Birne die Geduld aufbringen und mit sich derartige Experimente veranstalten lassen, oder sich seines Programms entsinnen und nicht mitspielen? Schließlich dürfte seine Speicherkapazität nicht grenzenlos sein.
Robinas zweite Befürchtung bedeutete Schlimmeres: Wie würde sie einen völligen Fehlschlag verkraften? Sie hatte da eine ungeheure Hoffnung heraufbeschworen. Nicht nur, dass ein Pseudogefährte aus dem Birne erwachsen konnte, sie erwartete mehr: Wenn es gelänge, seine Speicher zu erschließen, seine Fähigkeiten zu nutzen, ihn sich hörig zu machen, dann konnte das, so weit ging Robina in ihren kühnen Spekulationen, Kommunikation mit den Anderen bedeuten und – gezielte Nutzung des Senders in Richtung Erde.
Und hatte sie sich auch fest vorgenommen, dass nichts sie würde aus der Bahn werfen können, so fühlte sie doch, ein totaler Misserfolg könnte ein so schwerer Schlag sein, der alle Vorsätze über den Haufen würfe. Diese Überlegungen brachten Robina dazu, den nächsten Kontakt mit dem Roboter noch sorgfältiger vorzubereiten und immer wieder zu überdenken.
Sie entwarf und verwarf Varianten, sorgte dafür, dass stark gegensätzliche Beeinflussungen auf die Maschine einwirken würden, damit dem Roboter eine Entscheidung leichter fallen könnte.
Robina probte. Zu diesem Zweck suchte sie die unterbolidischen Räume auf, stationierte ihre Verstärkeranlage in einem anderen Zimmer, in jenem mit den seltsamen Skaphandern, stellte die Apparatur so, als sei der Roboter bereits anwesend, und übte.
Sie speicherte die Kurven der Stromverläufe, verglich sie untereinander, baute die Unterschiede aus.
Dabei verausgabte sie sich. Nach vier bis fünf Gefühlssendungen war sie jedes Mal so erschöpft, dass sie eine längere Pause einlegen musste. Aber sie fand auch danach nicht mehr die nötige Konzentration, sodass sie sich vornahm, ihr Live-Programm ebenfalls auf diese Größenordnungen zu kürzen. Außerdem durfte der Birne nicht überfordert werden.
An den Abenden nach solchen Probetagen fühlte sich Robina zu keiner Tätigkeit mehr fähig. Sie schlief in dieser Zeit fest und traumlos, und das betrachtete sie als ein gutes Zeichen, als Ausdruck dafür, dass sie trotz der Anspannung mit ausgeruhten Nerven in das Duell gehen würde. Sie kam nicht dazu, den Hacker erneut zu installieren.
Nach 12 Tagen Vorbereitung
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