Robins Sommer
leise. Der Doktor hatte recht, denkt Robin. Es war nicht schlimm, es war auch nicht schön, es war einfach so.
Das Taxi hält vor der Tür. Mama bezahlt den Fahrer. Papa trägt Robin ins Haus. Auf dem Sofa im Wohnzimmer liegen ein Bettlaken, eine Decke und ein Kissen.
„Für wen ist das Bett?“ fragt Robin.
„Das ist für dich“, sagt Papa.
„Aber mir geht es doch besser?“ fragt Robin.
„Beinahe“, sagt Papa. „Und du darfst nicht vergessen, was der Doktor gesagt hat.“
Das hat Robin wohl vergessen.
„Eis“, sagt Papa. „Ungeheuer viel Eis mußt du essen.
Papa legt Robin in das Bett auf dem Sofa und holt drei Eis aus dem Kühlschrank. Mama geht schnell nach oben und holt Knor.
Robin drückt Knor fest an sich. Er ißt zwei Eis. Das dritte Eis muß warten. Robin schläft ein, und Knor schläft in seinen Armen.
Sie schlafen schrecklich gut.
Schmierkäse
Was ist das denn jetzt? Schon wieder etwas Neues! Nun geht Mama auf einmal arbeiten!
„In der Schule in der Stadt ist eine Lehrerin krank“, sagt Mama, „und die Kinder dort müssen doch auch etwas lernen.“
„Willst du das denn?“ fragt Robin.
„Natürlich“, sagt Mama. „Ich bin doch Lehrerin. Genau wie Papa. Der ist auch Lehrer.“
Papa ist Lehrer. Das weiß Robin. Die Ferien sind vorbei. Er muß wieder arbeiten. Aber daß seine Mutter auch Lehrerin ist, das hat Robin nicht gewußt. Darüber muß er lachen.
„Ich bringe ihnen Rechnen bei“, sagt Mama, „und Lesen und Schreiben... Ich finde das wichtig.“
„Gehst du jeden Tag?“ fragt Robin.
„Jeden Tag“, sagt Mama. „Genau wie Papa.“
Robin denkt nach. Dann sagt er:
„Ich komm noch nicht an den Brotkasten.“
Mit einem Mal fühlt er sich sehr verlassen.
Mama hebt ihn auf den Schoß.
„Mein Schatz“, sagt sie, „ich lasse dich doch nicht alleine zu Hause... Bei der Schule gibt es auch einen Kindergarten. Da kannst du hingehen.“
„Hast du gefragt?“ fragt Robin.
Mama nickt.
„Und wir nehmen leckere Brote mit“, sagt sie. „Für die Mittagspause. Die essen wir dann zusammen. Was hältst du davon?“
„Schön“, sagt Robin.
Er kann schon in den Kindergarten, auch wenn die anderen Kinder dort größer sind.
Sie fahren mit dem Bus, und dann laufen sie durch die Stadt. Mama, Robin und Knor. Es ist nicht so hell in der Stadt. Die Straßen sind schmal und die Häuser hoch. Davon kommt das.
Zwischen zwei Häusern gibt es ein dunkles Loch. Da ist ein Gang. Mama nimmt Robin bei der Hand. Sie gehen in den Gang rein. Der ist ganz dunkel. Ihre Schritte klingen seltsam. Als ob in dem Gang noch mehr Menschen gingen. Hinter ihnen und vor ihnen und über ihnen. Aber das ist gar nicht so. Sie kommen wieder ins Freie und stehen auf einem Platz.
Der Platz ist klein. Hier sind viele Kinder. Die Kinder sind alle größer. Sie spielen im Sandkasten und auf einem Klettergerüst. Um den Platz herum stehen hohe Häuser. Wenn Robin blauen Himmel sehen will, muß er direkt nach oben gucken. Schmerzen im Nacken bekommt er davon.
„Hier will ich nicht bleiben, Mama“, sagt er.
„Du wirst dich schon dran gewöhnen“, sagt Mama. „Da ist deine Kindergärtnerin.“
Die Kindergärtnerin gibt Robin die Hand. Sie streicht Knor über den Kopf. Das soll sie nicht, aber sie tut es doch.
„Schau mal“, sagt Mama und zeigt auf ein Fenster, hoch in der Häuserwand. „Da ist meine Klasse. Hinter dem Fenster. Ich gehe jetzt nach oben. Ich winke dir.“
Sie küßt Robin auf den Mund und geht. Einfach so. Robin möchte schrecklich weinen, aber er tut es nicht.
Die Kindergärtnerin redet mit ihm, aber Robin antwortet nicht. Mama steht hinter dem Fenster. Sie winkt ihm zu, aber Robin winkt nicht zurück. Das ist wirklich schlimm, daß er nicht zurückwinkt. Aber er kann doch nicht winken. Er ist doch böse mit Mama!
Der Vormittag dauert furchtbar lang. Robin sitzt auf dem Rand des Sandkastens. Er hat die Augen zugemacht. Er will nicht mehr zu dem Fenster gucken. Die großen Kinder kreischen. Sie kreischen wie Vögel. Sie machen Geräusche, als ob sie Vögel wären. Ihre Flügel schlagen gegen die Gitterstäbe ihres Käfigs. Sie klettern bestimmt auf das Klettergerüst.
Die Kinder gehen rein. Robin muß mit. Er muß schneiden und kleben und Lieder singen, die er nicht kennt. Die anderen Kinder kennen die Lieder gut. Die Kindergärtnerin liest aus einem Buch vor. Das ist sehr schön.
Dann kommt Mama mit den Broten nach unten. Sie setzen sich auf den Rand des
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