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Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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daran zweifelte, ob ihr Boot je die Küste erreichen würde.
    Um aber wieder auf Freitag zu kommen: er war so um seinen Vater beschäftigt, daß ich es nicht übers Herz bringen konnte, ihn wegzurufen. Als es mir aber endlich doch schien, er könne ihn jetzt eine Weile allein lassen, rief ich ihn, und er kam springend, lachend und voll unbändiger Freude an. Ich fragte ihn, ob er seinem Vater Brot gegeben habe. Er schüttelte den Kopf und sagte: «Nein! Schlechter Hund alles selber aufgegessen!» So gab ich ihm Brot aus einem kleinen Beutel, den ich eigens mitgenommen hatte.
    Ich gab ihm auch etwas für ihn selber; aber er wollte es nicht essen, sondern brachte es auch seinem Vater.
    Ich.hatte in meiner Tasche noch zwei oder drei Büschel Rosinen und gab ihm auch davon eine Handvoll für seinen Vater mit. Kaum hatte er sie ihm gegeben, so sah ich ihn aus dem Boot springen und davonlaufen wie behext. Er lief so schnell (denn er war der flinkste Bursche, den ich je gesehen habe), daß er mir fast in einem Augenblick aus dem Gesicht war.
    Obwohl ich gleich hinter ihm her rief, half es nichts, er blieb verschwunden. Nach einer Viertelstunde sah ich ihn jedoch zurückkommen, aber nicht so schnell wie zuvor; und als er näher kam, erkannte ich, daß er langsamer lief, weil er etwas in der Hand trug. Es stellte sich heraus, daß er nach einem irdenen Krug ins Haus gelaufen war, um seinem Vater frisches Wasser und noch zwei Laib Brot zu holen. Das Brot gab er mir, aber das Wasser wollte er seinem Vater
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    bringen; ich war jedoch selber so durstig, daß ich auch einen Zug tat.
    Dieses Wasser erquickte den Vater mehr als aller Branntwein; denn er kam fast um vor Durst.
    Als der Alte getrunken hatte, rief ich Freitag zu, ob noch Wasser übrig sei. Er sagte ja. Ich befahl ihm, es dem Spanier zu geben, der es ebenso nötig habe wie sein Vater. Auch schickte ich ihm eines der Brote, die Freitag gebracht hatte. Der Spanier war wirklich sehr schwach und ruhte sich auf einem Grasplatz im Schatten eines Baumes aus, da seine Beine von den harten Fesseln ganz steif und angeschwollen waren.
    Als ich sah, daß er beim Nahen Freitags sich aufrichtete und trank und auch etwas aß, ging ich zu ihm hin und gab ihm eine Handvoll Rosinen. Er blickte zu mir auf mit einem Ausdruck solcher Dankbarkeit, wie ein Menschenantlitz sie nur irgend zu zeigen vermag. Aber er war, obwohl er sich bei dem Kampf so tapfer erwiesen hatte, so schwach, daß er sich nicht auf den Füßen halten konnte. Er versuchte es zwei- oder dreimal, brachte es aber nicht fertig, da seine Gelenke so geschwollen waren und schmerzten.
    Ich riet ihm, still zu sitzen, und befahl Freitag, ihm die Gelenke wie seinem Vater zu reiben und mit Ruin zu waschen.
    Ich beobachtete, wie das arme, zärtliche
    Menschenkind alle zwei Minuten oder noch öfter seinen Kopf herumdrehte, um zu sehen, ob sein Vater noch an demselben Platz und in derselben Stellung sei, wie er ihn verlassen hatte. Und als er ihn einmal nicht mehr sah, stand er, ohne ein Wort zu sagen, auf und lief mit einer Geschwindigkeit zu ihm, die man
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    sich kaum vorstellen kann, so daß seine Füße kaum den Boden berührten. Aber als er hinkam, fand er, daß der Alte sich nur niedergelegt hatte, um sich besser auszuruhen. Also kam er gleich wieder zurück, und ich sagte zu dem Spanier, er möge sich von Freitag aufhelfen, sich zu dem Boot und dann in unsere Wohnung führen lassen, wo ich ihn besser pflegen wolle. Aber Freitag, ein rüstiger junger Bursche, nahm ihn auf den Rücken, trug ihn zum Boot, ließ ihn sanft auf den Rand des Kanoes nieder, die Füße nach innen, hob ihn dann ganz hinein und setzte ihn neben seinen Vater. Darauf stieg er gleich wieder aus, stieß das Boot ab und paddelte es dann die Küste entlang, schneller als ich gehen konnte, obgleich der Wind ziemlich heftig blies. So brachte er sie beide sicher in unsere Bucht, ließ sie im Boot und lief weg, um das andere Kanoe nachzuholen. Als er an mir vorbeikam, hielt ich ihn an und fragte, wohin er gehe. Er sagte: «Holen gehen anderes Boot.» Und fort flog er wie der Wind; denn im Laufen konnte es ihm wohl kein Mensch noch Pferd gleichtun. Er kehrte mit dem zweiten Kanoe mindestens ebenso schnell in die Bucht zurück, wie ich zu Lande hinkam. So überholte er mich und half dann unseren neuen Gästen aus dem Boot; aber sie waren beide nicht fähig zu gehen, und der arme Freitag wußte nicht, was beginnen.
    Um dieser Not abzuhelfen, dachte ich einen

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