Robinson Crusoe
Schiffsvolk an, daß keiner wagen sollte, etwas von meinen Sachen anzurühren; alsdann nahm er alles in Verwahrung und gab mir ein genaues Verzeichnis davon, wobei er sogar meine drei irdenen Krüge nicht vergaß. Was mein Boot betrifft, so
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sah er gleich, daß es sehr gut war, und sagte, er möchte es gern kaufen; was es denn kosten solle. Ich sagte, er sei so großmütig in allen Dingen mit mir verfahren, daß ich keinen Preis dafür nennen wolle, sondern es ihm überließe; worauf er sagte, er würde mir es schriftlich geben, daß er mir 80 Piaster in Brasilien dafür zahlen wolle, und wenn mir dort jemand mehr böte, so würde er den Preis
entsprechend erhöhen. Er bot mir auch noch weitere 60 Speziestaler für meinen Xury, die ich zuerst gar nicht nehmen wollte, nicht weil ich ihn dem Kapitän nicht gönnte, sondern weil es mir im Herzen zuwider war, die Freiheit des Jungen zu verkaufen, der mir so treulich geholfen hatte,
meine eigene
wiederzuerlangen.
Als ich ihm indes mein Bedenken gestand, gab er mir recht und schlug mir als Lösung vor, er wolle es dem Jungen verschreiben, daß er ihn nach zehn Jahren freilassen werde, wenn er sich taufen ließe; worauf ich ihn, da Xury selber Lust dazu hatte, dem Kapitän überließ.
Wir hatten eine sehr gute Fahrt bis Brasilien und kamen nach rund 22 Tagen in der Bay de Todos los Santos oder Allerheiligenbai an. Und so war ich denn abermals aus der jämmerlichsten Lage befreit und hatte nun zu bedenken, was ich weiterhin mit mir beginnen sollte.
Ich kann nicht genug des Edelmuts dieses Kapitäns gedenken; er wollte nichts für die Reise von mir annehmen, gab mir zwanzig Dukaten für das
Leopardenfell und vierzig für das Löwenfell, und was immer sonst ich losschlagen wollte, kaufte er, wie
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zum Beispiel die Flaschenkiste, zwei meiner Büchsen und den Rest des Wachsklumpens ; denn aus dem ändern Teil hatte ich Kerzen gemacht. So schlug ich aus meiner ganzen Bagage bei 220 Piaster, und mit diesem Kapital ging ich in Brasilien an Land.
Nicht lange, so empfahl er mich an das Haus eines ebenso ehrlichen Mannes, der ein Ingenio, wie sie es nennen, besaß, das ist eine Zuckerpflanzung nebst Zuckermühle. Dort lebte ich eine Weile und machte mich vertraut mit dem Pflanzen und Kochen des Zuckers. Denn ich sah bald, wie gut es den Pflanzern ging und wie sie von heut auf morgen reich wurden, und so beschloß ich, auch ein Pflanzer zu werden, wenn ich die Erlaubnis bekäme, mich hier
anzusiedeln. Inzwischen dachte ich auf irgendeine Weise mir das Geld, das ich noch in London liegen hatte, schicken zu lassen. Zu diesem Ende ließ ich mich durch eine Art Urkunde naturalisieren, kaufte so viel unbebautes Land, als mein Geld erlaubte, und machte einen Anschlag für Plantage und Wohnhaus, entsprechend dem Kapital, das ich aus England zu erwarten hatte.
Ich hatte einen Nachbar, einen Portugiesen aus Lissabon, doch von englischen Eltern geboren, namens Wells, der ganz in den gleichen Verhältnissen war wie ich. Sein Vermögen war so gering wie das meine, und wir pflanzten zwei Jahre lang eigentlich nur, was wir zur Nahrung brauchten. Wir fingen jedoch allmählich an zu florieren und unser Land in Ordnung zu bringen, so daß wir im dritten Jahr etwas Tabak pflanzen konnten und ein großes Stück Feld fürs nächste Jahr zum Anbau von Zuckerrohr herrichteten;
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aber es fehlte uns beiden an Hilfe, und jetzt sah ich erst gründlich ein, wie unrecht ich getan hatte, mich von meinem Xury zu trennen.
Aber ach! es war kein großes Wunder, daß ich, der immer alles falsch machte, auch hier wieder nicht das Rechte getroffen hatte: Es blieb mir keine andere Wahl, als weiterzumachen; ich hatte mich auf eine Tätigkeit eingelassen, die meiner inneren Neigung ganz fern lag und ganz entgegen der Lebensweise war, an der ich Freude hatte und um derentwillen ich das Haus meines Vaters verlassen und all seinen guten Rat in den Wind geschlagen hatte; ja, ich war auf dem besten Wege, in eben den Mittelstand oder oberen Grad des niederen Lebens zu geraten, zu dem mein Vater mir so zugeredet hatte; und gesetzt, ich blieb wirklich dabei, so hätte ich ja auch ebensogut daheim bleiben können und mich nicht in der Welt
herumzuschlagen brauchen, wie ich es getan hatte; und ich sagte oft zu mir selbst, daß ich das, was ich hier tat, ebensogut in England unter meinen Freunden hätte tun können, anstatt es 5000 Meilen weit unter Fremden und Wilden in einer Einöde zu tun und in einer
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