Robinson Crusoe
mich leise rief und mir sagte, es wäre am besten, wenn wir weiter weg vom Ufer führen; «denn», sagte er, «schau, dort drüben liegt ein schreckliches Ungeheuer an dem Hügel und schläft fest!» - Ich sah, wohin er zeigte, und erblickte in der Tat ein schreckliches Ungeheuer; denn es war ein furchtbarer, großer Löwe, der da am Ufer im Schatten eines Stückes von dem Hügel lag, das über ihn hing. - «Xury», sagte ich, «geh du ans Ufer und töte ihn.» - Xury machte ein entsetztes Gesicht und sagte: «Ich töten! Er mich essen, ein Mundvoll!» -
So sagte ich nichts weiter, hieß ihn nur still liegen und
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nahm unsere größte Flinte, die fast so groß wie eine Muskete war, und lud sie mit einem kräftigen Schuß Pulver und zwei Stück Eisen; dann lud ich ein zweites Gewehr mit zwei Kugeln und das dritte, denn wir hatten drei, mit fünf kleineren Kugeln. Ich zielte mit der ersten Flinte ihm scharf auf den Kopf; aber er lag so mit seinem Fuß über der Nase, daß die Eisen sein Bein am Knie trafen und ihm den Knochen
zerschlugen. Anfangs fuhr er knurrend auf; als er aber merkte, daß sein Bein gebrochen sei, sank er wieder hin, erhob sich dann von neuem auf die Beine und stieß das gräßlichste Gebrüll aus, das ich je gehört habe. Ich war ein wenig bestürzt, daß ich ihn nicht in den Kopf getroffen hatte; ich griff jedoch augenblicklich zur zweiten Flinte und feuerte, obwohl er fortzuhinken begann, noch einmal und schoß ihn in den Kopf, und das Herz lachte mir, als ich sah, wie er mit nur wenigem Schnaufen umsank und nach Leben schnappend dalag. Nun faßte sich Xury ein Herz und wollte gern an Land. - «Gut», sagte ich, «geh!» - Da sprang der Bursch ins Wasser und schwamm, eine kleine Flinte in einer Hand haltend, mit der anderen Hand ans Ufer, ging nahe an das Untier heran, setzte ihm das Mundloch der Flinte ans Ohr und schoß es nochmals durch den Kopf, was ihm vollends den Rest gab.
Da hatten wir nun zwar ein Wildbret, aber wir konnten's nicht essen, und es reute mich sehr, drei Schuß Pulver an eine Kreatur vertan zu haben, die uns nichts nütze war. Doch Xury sagte, er wolle etwas von ihm haben, kam an Bord zurück und bat mich, ihm das Beil zu geben. «Wozu, Xury?» fragte ich. - «Ich abschneiden sein Kopf», sagte er. Abschneiden sein
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Kopf gelang ihm nicht; aber er hieb ihm einen Fuß ab und brachte ihn mit, und er war ungeheuer groß.
Ich bedachte mich jedoch, daß vielleicht sein Fell auf die eine oder andere Weise uns von Nutzen sein könnte, und beschloß, es ihm, wenn möglich, über die Ohren zu ziehen. So machten Xury und ich uns daran, ihn zu bearbeiten; aber Xury verstand das Handwerk viel besser als ich; ich kam nur schwer damit zurecht.
Wir hatten wirklich alle beide den ganzen Tag zu tun; aber endlich hatten wir ihn ausgepellt. Wir breiteten das Fell auf dem Dach unserer Kajüte aus, die Sonne trocknete es in ein paar Tagen, und ich benutzte es nachher, um darauf zu liegen.
Nach diesem Aufenthalt fuhren wir zehn bis zwölf Tage lang südwärts weiter. Wir aßen nur sehr sparsam von unserem Mundvorrat, der stark
zusammenschmolz, und gingen nur an Land, wenn wir frisches Wasser brauchten. Mein Vorhaben dabei war, zu dem Fluß Gambia oder Senegal zu gelangen, das heißt also irgendwo in die Nähe des Kap Verde. Dort hoffte, ich, europäischen Schiffen zu begegnen.
Glückte mir das nicht, so blieb mir nichts anderes übrig, als auf die Suche nach den Inseln
hinauszufahren oder bei den Negern umzukommen.
Ich wußte, daß alle Schiffe aus Europa, die nach der Küste von Guinea oder nach Brasilien oder Ostindien fuhren, dieses Kap oder diese Inseln umsegelten. Mit einem Wort: ich setzte mein ganzes Schicksal auf die Möglichkeit, entweder einem Schiff zu begegnen oder zugrunde zu gehen.
Nachdem ich diesem Entschluß, wie gesagt, etwa zehn Tage lang gefolgt war, begann ich zu merken,
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daß das Land bewohnt war. An zwei oder drei Stellen sahen wir im Vorbeisegeln Menschen am Ufer stehen und uns anschauen; wir konnten auch erkennen, daß sie kohlschwarz und splitternackt waren. Einmal bekam ich Lust, zu ihnen an Land zu gehen; aber Xury beriet mich besser und sagte: «Nicht geh, nicht geh!»
Dennoch hielt ich näher nach dem Ufer hin, damit ich mit ihnen reden könnte, und sah, daß sie eine gute Strecke weit am Strande entlang neben mir herliefen.
Ich erkannte, daß sie keine Waffen in den Händen hatten, außer einem, der einen langen, dünnen Stock trug,
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