Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
würden, falls sie nachkämen. Und so hieß ich ihn das tun. Er fiel über die Arbeit her und scharrte in einem Augenblick ein Loch mit seinen Händen, das groß genug war, um den ersten zu begraben, zog ihn dann hinein und deckte ihn zu.
    Ebenso machte er es mit dem ändern. Mit beiden war er, glaube ich, in einer Viertelstunde fertig. Nunmehr rief ich ihn zurück und brachte ihn nicht zu meiner Burg, sondern zu meiner Höhle in dem jenseitigen Teil der Insel, so daß der zweite Teil meines Traumes, nämlich, daß er in meinem Wäldchen Schutz suchte, nicht in Erfüllung ging.
    Hier gab ich ihm Brot und eine Traube Rosinen zu essen und einen Becher Wasser zu trinken, nach dem er infolge seines schnellen Laufens lechzte. Als er sich gelabt hatte, wies ich ihn an, sich niederzulegen und zu schlafen. Ich zeigte ihm einen Platz, wo ich einen großen Haufen Reisstroh aufgeschichtet hatte, mit einem Laken darüber, auf dem ich selbst zuweilen übernachtet hatte. Er legte sich hin und schlief ein.
    Es war ein hübscher, gutgewachsener Bursche mit geraden, langen, aber nicht allzu langen Gliedmaßen, groß und wohlgeformt und meiner Schätzung nach ungefähr sechsundzwanzig Jahre alt. Er sah sehr gutartig aus, durchaus nicht grimmig und finster; dabei hatte er etwas sehr Männliches im Gesicht und
    -269-

    dennoch die ganze Freundlichkeit und Weichheit eines Europäers, zumal wenn er lächelte. Sein Haar war lang und schwarz, gar nicht kraus und wollig, seine Stirne sehr hoch und breit und die Augen voll Lebhaftigkeit und sprühendem Glanz. Die Farbe seiner Haut war nicht ganz schwarz, aber doch sehr dunkel, wenn auch nicht von dem häßlichen Gelb- bis Schwarzbraun der Brasilianer und Virginier und anderer Eingeborener Amerikas, vielmehr von einer Art glänzender dunkler Olivenfarbe, die etwas sehr Angenehmes hatte, wenn sie auch nicht leicht zu beschreiben ist. Sein Gesicht war rund und voll, seine Nase klein, aber nicht flach wie die der Neger. Er halle einen hübschen Mund, dünne Lippen, und seine gut stehenden Zähne waren weiß wie Elfenbein. Nachdem er eine Weile mehr hingedämmert als geschlafen hatte, wachte er nach ungefähr einer halben Stunde wieder auf und kam zu mir aus der Höhle; denn ich hatte inzwischen meine Ziegen in der nahen Hürde gemolken. Als er mich erblickte, lief er auf mich zu und warf sich wieder vor mir auf den Boden mit allen Zeichen dankbarer Ergebenheit, die er durch Gebärden auszudrücken suchte. Schließlich legte er seinen Kopf flach auf die Erde nahe an meinen Fuß, setzte meinen anderen Fuß darauf, wie er es schon zuvor getan hatte, und machte alle erdenklichen Zeichen der Unterwerfung, Dienstbereitschaft und Ehrerbietung, woraus ich erkennen sollte, daß er mir zeit seines Lebens zu dienen bereit sei. Ich verstand ihn in vielen Dingen und ließ ihn merken, daß ich sehr zufrieden mit ihm sei. Nach einiger Zeit sprach ich zu ihm und lehrte ihn zu mir sprechen. Zuerst gab ich ihm zu verstehen, er solle Freitag heißen, weil ich ihn
    -270-

    an einem Freitag gerettet hatte und mich gerne in Zukunft daran erinnern wollte. Zu mir aber sollte er
    «Herr» sagen. Auch lernte er ja und nein sagen und die Bedeutung davon. Ich gab ihm etwas Milch in einem irdenen Topf, machte ihm vor, wie ich sie trank und mein Brot darein tunkte, und gab ihm dann auch ein Brötchen, um dasselbe zu tun. Er begriff es rasch und machte Zeichen, es schmecke ihm sehr gut.
    Ich blieb dort die ganze Nacht mit ihm; aber sobald es Tag war, winkte ich ihm, mir zu folgen, und deutete ihm an, daß ich ihm einige Kleider geben wollte, worüber er sehr erfreut schien, da er splitternackt war. Als wir an den Ort kamen, wo er die beiden Wilden begraben hatte, zeigte er mir die Zeichen, die er sich gemacht hatte, um sie wiederzufinden. Er bedeutete mir, daß er sie wieder ausgraben wolle, um sie zu essen. Hierüber zeigte ich mich sehr böse und gab ihm meinen ganzen Abscheu zu erkennen, tat, als wenn ich mich bei dem bloßen Gedanken erbrechen müsse, und winkte ihm mit der Hand, weiterzugehen, was er sofort mit großer Demut tat. Dann führte ich ihn auf den Hügel, um zu sehen, ob seine Feinde fort seien. Ich zog mein Glas heraus und sah deutlich den Platz, wo sie gewesen waren; aber es war nichts mehr von ihnen oder ihren Kanoes zu sehen, woraus ich schließen konnte, daß sie weggerudert waren und ihre beiden Kameraden im Stich gelassen hatten, ohne weiter nach ihnen zu suchen.
    Aber ich gab mich damit noch nicht

Weitere Kostenlose Bücher