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Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Titel: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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unbewaffnet und, wie es schien, gefesselt. Als die ersten vier oder fünf der Übrigen ans Ufer gesprungen waren, führten sie jene drei wie Gefangene aus dem Boot. Einer derselben machte die leidenschaftlichen Geberden des Flehens und der Verzweiflung, die beiden Anderen erhoben zuweilen die Hände und schienen gleichfalls bekümmert, obwohl nicht in so hohem Grade wie Jener.
    Dieser Anblick machte mich bestürzt, und ich wußte nicht, wie ich ihn deuten sollte. Freitag rief mir in seinem gebrochenen Englisch zu: »O Herr, sieh, englische Mann essen Gefangene so gut wie wilde Mann«. – »Warum meinst du, daß sie die Gefangenen fressen wollen?« fragte ich. – »Ja«, erwiderte Freitag, »sie wollen essen sie.« »O nein«, entgegnete ich, »ich fürchte zwar, sie wollen sie ermorden, aber sie werden sie sicherlich nicht fressen.«
    Während dessen hatte ich keine Ahnung davon, was wirklich werden sollte, stand vielmehr zitternd vor Schrecken über den Anblick da und erwartete jeden Augenblick, daß die drei Gefangenen getötet werden würden. Einmal sah ich, wie einer der bewaffneten Schufte ein großes Messer oder Schwert erhob, um damit einen der Unglückseligen zu treffen. Jeden Augenblick meinte ich diesen unter dem Hiebe fallen zu sehen, und das Blut starrte mir dabei in den Adern. Ich wünschte von ganzem Herzen den Spanier und Freitags Vater zu mir, und es verlangte mich sehnlichst, unbemerkt auf Schußweite zu den Fremden zu schleichen und die Gefangenen zu erretten. Ich sah nämlich keine Feuerwaffen in den Händen Jener. Bald aber kam mir ein anderer Gedanke.
    Nachdem ich nämlich einige Zeit beobachtet hatte, wie schmachvoll die drei Gefangenen von den übrigen Seeleuten behandelt wurden, sah ich, daß diese sich auf der Insel zerstreuten, als ob sie das Terrain recognoszieren wollten. Die drei hätten jetzt freilich auch gehen können, wohin sie wollten, aber sie saßen mit verzweiflungsvollen Blicken nachdenklich auf der Erde. Das erinnerte mich daran, wie ich selbst einst bei meiner Ankunft auf der Insel verzweifelt umher geschaut und mich verloren gegeben hatte; wie ich aus Furcht, von den wilden Tieren gefressen zu werden, die Nacht hindurch auf dem Baume geblieben war, und wie ich damals so ganz und gar keine Ahnung von der Hilfe gehabt hatte, die mir in Folge gnädiger Fügung dadurch beschieden war, daß das Schiff durch Sturm und Wellen dem Lande sich näherte und mir lange Zeit Nahrung und Hülfsmittel gewährte. So saßen auch diese drei trostlosen Menschen dort ohne Ahnung davon, wie sicher und nahe ihnen Rettung und Hilfe sei, während sie sich schon für verloren glaubten und ihre Lage für eine völlig verzweiflungsvolle hielten. So wenig haben wir die Gabe, die Dinge dieser Welt vorherzusehen, und so viel Ursache hätten wir, heiter auf den großen Weltenlenker zu vertrauen, der seine Geschöpfe niemals gänzlich verläßt, sondern ihnen in der elendesten Lage immer doch Etwas gibt, für das sie dankbar sein müssen. Ist doch zuweilen gerade in dem, was wir für die Ursache unseres Verderbens halten, das Mittel zu unserer Errettung gelegen.
    Zur Zeit, als die Fremden das Ufer betreten hatten, war gerade die Flut in ihr höchstes Stadium gelangt. Während sie aber mit den Gefangenen unterhandelt und dann sich zerstreut hatten, um die Gegend zu untersuchen, war die Flutzeit verstrichen und ihr Boot lag nun gänzlich auf dem Trockenen. Zwei in diesem zurückgebliebene Männer hatten, wie ich später erfuhr, zu viel Branntwein getrunken und waren eingeschlafen. Einer davon wachte zuerst auf, und da er das Boot auf dem Sand sitzen sah, rief er die Umherstreifenden zu Hilfe. Diese kamen auch sofort herbei, vermochten aber trotz aller Anstrengung das Fahrzeug, da es zu schwer war, und da das Ufer an jener Stelle aus feinem, tiefem, fast schlammartigem Sande bestand, nicht wieder flott zu machen.
    Als ächte Seemänner (welche Menschenklasse vielleicht unter allen die sorgloseste ist) gaben sie ihre Bemühungen alsbald auf und trieben sich aufs Neue auf dem Lande umher. Einen von ihnen hörte ich seinem Kameraden in englischer Sprache zurufen: »Laßt’s sein, Jack, die Flut wird’s schon wieder flott machen«. Diese Äußerung klärte mich über den wichtigen Punkt völlig auf, mit was für Landsleuten wir es zu tun hatten. Inzwischen hielt ich mich fortwährend wohlverborgen und wagte mich aus meiner Festung nicht weiter heraus, als auf den Gipfel des Hügels. Denn ich wußte, daß vor

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