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Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Titel: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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von freien Stücken wie ein Hund. Ich fütterte es dann regelmäßig, und das Tierchen wurde so anmutig, zutraulich und zahm, daß es nun auch zu meiner Familie gehörte und nicht wieder von mir weichen wollte.
    Jetzt war wiederum die Regenzeit der herbstlichen Tag- und Nachtgleiche gekommen, und ich beging den 30. September in derselben feierlichen Weise wie früher als den Jahrestag meiner Landung. Zwei Jahre waren seit dieser nun vergangen, und meine Aussicht auf Befreiung schien noch nicht größer als am ersten Tage. Ich verwendete den ganzen 30. September zu demütiger, dankbarer Erinnerung an die vielen wunderbaren Gnadenerweisungen, die mir in meiner Einsamkeit zu Teil geworden waren und ohne die mein Elend unendlich viel größer gewesen sein würde. Aus tiefstem Herzen dankte ich Gott, daß er mir die Augen darüber geöffnet hatte, wie ich in dieser Einsamkeit sogar glücklicher als inmitten menschlicher Gesellschaft und unter allen Freuden der Welt sein könne; daß er mir die Entbehrungen meiner Lage und den Mangel an menschlichem Verkehr durch seine Gegenwart und durch seine gnädige Offenbarung reichlich ersetzt, mir Hilfe und Trost gewährt und mich ermutigt hatte, auf seine Vorsehung zu bauen und zu hoffen, daß er allezeit bei mir sein werde.

8. Die Ernte
    A llmählich kam mir zum Bewußtsein, um wie viel glücklicher mein jetziges Leben trotz aller seiner betrübsamen Umstände sei als das nichtswürdige verworfene Dasein, das ich in früheren Tagen geführt hatte. Meine Sorgen und Freuden gestalteten sich von Grund aus um, sogar meine Wünsche änderten ihre Natur, meine Neigungen waren wie vertauscht, und ich fand jetzt mein Vergnügen in ganz anderen Dingen als denen, in welchen ich es nach meiner ersten Ankunft, oder wenigstens noch vor zwei Jahren gesucht hatte.
    Sonst, wenn ich umher gewandert war, auf der Jagd, oder um das Land kennen zu lernen, hatte oft eine plötzliche Angst meine Seele überfallen und mir das Herz beklemmt. Der Gedanke an die Wälder, die Berge, die Einöde, die mich umgab, und wie ich eingeschlossen sei durch die ewigen Riegel und Schlösser des Ozeans, in einer öden Wildniß, ohne Hoffnung auf Erlösung, hatte mich da oft niedergebeugt. Mitten in der ruhigsten Stimmung war es oft wie ein Sturmwind über mein Gemüt gekommen, und mit gerungenen Händen hatte ich oft wie ein Kind weinen müssen. Zuweilen hatte mich’s mitten in der Arbeit überfallen, dann hatte ich mich sofort niedergesetzt und stundenlang seufzend auf die Erde geblickt. Und gerade dieser Zustand war der schlimmste, denn wenn mein Kummer sich in Tränen oder Worten Luft machen konnte, pflegte er sich bald zu mildern.
    Jetzt aber fing ich an, mich in anderen Stimmungen zu ergehen. Ich las täglich in Gottes Wort und wendete seine Tröstungen auf meine gegenwärtige Lage an. Eines Morgens, da ich sehr traurig war, fiel mir die Bibelstelle in die Augen: »Ich will dich nicht verlassen noch versäumen«. Sofort fiel mir auf, daß diese Worte wie für mich geschrieben seien. Weshalb wären sie auch sonst wohl gerade in dem Augenblick mir aufgestoßen, als ich mich über meine Lage grämte und klagte, daß ich ein von Gott und Menschen Verlassener sei? »Nun denn«, sagte ich mir jetzt, »wenn Gott dich nicht verlassen will, was kann dir dann geschehen, und was liegt daran, wenn auch die ganze Welt dich verläßt, da du doch siehst, daß, wenn du die ganze Welt gewännest und solltest Gottes Gnade und Segen dafür entbehren, dein Schade unvergleichlich größer sein würde!«
    Von diesem Augenblick an kam ich zu der Erkenntnis, daß ich in dieser Einsamkeit seliger zu sein vermochte, als ich vermutlich in irgend einer anderen Lebenslage gewesen wäre. Nun dankte ich Gott sogar dafür, daß er mich hierher gebracht hatte. Aber ich weiß nicht, wie es kam, daß ich bei diesem Gedanken erschrak und ihm nicht Worte zu geben wagte. »Wie kannst du so heucheln«, sagte ich laut vor mich hin, »und dich stellen, als ob du Gott für eine Lage dankbar seiest, in der zufrieden zu sein du zwar dir Mühe gibst, aus der du aber doch mit herzlichem Dank dich befreien lassen würdest.« Wenn ich nun auch in solcher Weise mit meinem Danke inne hielt, so sprach ich ihn doch um so aufrichtiger dafür aus, daß mir Gott die Augen geöffnet und mich mein früheres Leben im richtigen Lichte hatte sehen, betrauern und bereuen lassen. Niemals öffnete oder schloß ich die Bibel, ohne Gott für die segensreiche Fügung zu

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