Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)
ich, über das Land gehend, einen großen und schweren Baumzweig darüber schleifte und die Erde also mehr kratzte als eggte. Dann brauchte ich, sobald das Korn hervorgewachsen war, gleichfalls, wie schon erwähnt ist, eine Menge von Dingen, um es einzuzäunen, zu schneiden, zu trocknen, einzubringen, zu dreschen, von der Spreu zu trennen und es dann aufzubewahren Ferner hätte ich auch eine Mühle nötig gehabt, es zu mahlen, Siebe, um das Mehl zu reinigen, Hefe und Salz, um Brot daraus zu machen, und einen Ofen, um es zu backen. Trotzdem ich alle diese Dinge entbehrte, war mir das Korn doch von unschätzbarem Vorteil. Die Mühsamkeit und Langwierigkeit der Arbeit hatte, abgesehen davon, daß sie eben nicht zu äudern war, insofern für mich keine Bedeutung, als ich ja mit meiner Zeit nicht so sparsam zu sein brauchte. Ich hatte einen Teil des Tages für jene Arbeiten ein und für allemal bestimmt, und da ich Willens war, vorläufig Nichts von dem Korn für Brot zu verwenden, so konnte ich während der nächsten sechs Monate meine ganze Tätigkeit und Erfindungsgabe zur Beschaffung von Gerätschaften benutzen, welche für die spätere Verwertung meines Getreides nötig waren.
Da ich jetzt Samen genug besaß, um mehr als einen Morgen Land damit zu bestellen, mußte ich mir zunächst ein größeres Stück Erde bearbeiten. Vorher brauchte ich über eine Woche zur Anfertigung eines Spatens, der aber, wie gesagt, doch nur ein trauriger Notbehelf wurde und doppelte Anstrengung bei der Arbeit nötig machte. Nachdem ich auch damit zu Stande gekommen, streute ich meinen Samen in zwei große, flache Landstücke, die meinem Hause zunächst gelegen waren und mir tauglich schienen. Ich umgab sie mit einer dichten Hecke von demselben Strauchwerk, das ich schon früher angepflanzt hatte, und das, wie ich wußte, von raschem Wachstum war, so daß ich binnen Jahresfrist auf eine starke lebendige Hecke rechnen konnte, die nur geringer Ausbesserung bedurfte. Ich brauchte zu dieser Arbeit nicht weniger als drei volle Monate, weil der größte Teil dieser Zeit in die Regenperiode fiel, in der ich nicht oft ausgehen konnte.
Während des Regens unterhielt ich mich zu Hause bei der Arbeit damit, daß ich meinen Papagei sprechen lehrte. Es gelang mir bald, ihm seinen eigenen Namen beizubringen, so daß er ihn zuletzt ganz deutlich aussprach. Pol war das erste Wort, was ich auf der Insel aus einem anderen als meinem eignen Munde hörte.
Daneben verwendete ich meine Haupttätigkeit auf ein neues großes Unternehmen. Längst hatte ich nämlich auf Mittel und Wege gesonnen, mich mit einigen irdenen Gefäßen zu versehen, die ich schmerzlich entbehrte. Ich war überzeugt, daß ich, sobald sich nur eine einigermaßen geeignete Art Ton finden ließe, daraus Töpfe formen könnte, die, in der Sonne des heißen Klimas getrocknet, hart und stark genug zur Benutzung und namentlich zur Aufbewahrung trocken zu haltender Sachen sein würden. Da ich sie vor Allem um Korn, Mehl und dergleichen zu bereiten brauchte, so beschloß ich jetzt einige solche möglichst große Gefäße im Voraus anzufertigen, an die ich weiter keine Ansprüche machte, als daß sie wie Krüge aufrecht stehen und was ich hinein täte wohl verwahren könnten.
Der Leser würde mich bedauern, oder wahrscheinlicher auslachen, wenn ich ihm erzählte, wie viel ungeschickte Versuche ich hierbei unternahm, was für wunderliche, plumpe, häßliche Dinger ich zu Stande brachte, wie viele davon zusammen oder auseinander fielen, weil der Ton nicht steif genug war, die Form zu halten; wie viele ferner in der starken Sonnenhitze sprangen und wie viele vom bloßen Anfassen entzwei gingen. Nachdem ich mit großer Mühe den Ton gefunden, ihn ausgegraben, angefeuchtet nach Hause getragen und verarbeitet hatte, gelang es mir, binnen ungefähr zwei Monaten nicht mehr als zwei große häßliche Dinger (Krüge darf ich sie nicht nennen) fertig zu bringen.
Als die Sonne diese hart und trocken gebrannt hatte, flocht ich sie in Körbe, damit sie nicht zerbrechen sollten. Den kleinen Raum zwischen den Töpfen und dem Geflecht füllte ich mit Reis- und Gerstenstroh aus und hoffte nun, diese Gefäße würden Korn und Mehl aufbewahren können.
Während meine Arbeit in Bezug auf die großen Töpfe mangelhaft ausgefallen war, hatte ich bessern Erfolg bei der Verfertigung von allerlei kleinem Geschirr, z. B. runden Töpfchen, flachen Schüsseln, Krügen und Tiegeln und was mir sonst noch unter der Hand
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