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Robotermärchen

Robotermärchen

Titel: Robotermärchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel Mróz
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nicht darunter leidet! Machst du es gut, werde ich dich reichlich belohnen, doch mußt du es gleich vergessen. Kein Wort davon — sonst lasse ich dich zuschrauben!"
    Proton staunte, doch ließ er es sich nicht anmerken; die Mächtigen haben die seltsamsten Schrullen. Er sah sich also Dioptrikus aufmerksam an, schaute in ihn hinein, klopfte ihn ab und sagte: „Euer Wohlgeboren, ich könnte Ihnen den Mittelteil des Schwanzes abschrauben..." „Nein, nein, das will ich nicht!" erwiderte Dioptrikus lebhaft. „Schade um den Schwanz! Er ist zu schön!" „Vielleicht dann die Beine abschrauben?" fragte Proton. „Die sind doch völlig überflüssig." In der Tat, die Argonautiker benutzen ihre Beine nicht; sie sind ein Überbleibsel aus früherer Zeit, als ihre Vorfahren noch auf dem Trockenen lebten. Aber da erst geriet Dioptrikus in Zorn: „Ach, du eiserner Tropf! Weißt du nicht, daß nur wir Hochgeborenen Beine haben dürfen? Wie kannst du es wagen, mich dieser Adelsinsignien zu berauben!" „Bitte untertänigst Euer Hochwohlgeboren um Verzeihung ... Aber was darf ich in diesem Fall abschrauben?"
    Dioptrikus erkannte, daß er nichts erlangen würde, wenn
    er sich sträubte. So brummte er: „Tu, was du für richtig hältst..."
    Proton nahm ihm also Maß, klopfte ihn ab und sagte: „Wenn Euer Hochwohlgeboren gestatten, könnte ich den Kopf abschrauben..."
    „Du bist wohl wahnsinnig! Wie kann ich ohne Kopf bleiben? Womit soll ich denken?" „Ach, das macht nichts. Ich stecke den ehrbaren Verstand Euer Hochwohlgeboren in den Bauch — da hat er viel Platz..."
    Dioptrikus war einverstanden, und der Drahtbinder drehte ihm geschickt den Kopf ab, legte die Hemisphären der kristallenen Vernunft in den Bauch, vernietete alles, hämmerte, erhielt fünf Dukaten, und der Diener führte ihn aus dem Palast. Beim Hinausgehen erblickte er jedoch Aurentina, Dioptrikus' Tochter, in einer der Kemenaten, ganz in Silber und Gold, und ihre schlanke Taille, die bei jedem Schritt Glöckchen erklingen ließ, kam ihm schöner als alles andere vor, was er bisher gesehen hatte. Er kehrte nach Hause zurück, wo schon die Frau mit der Brechstange auf ihn wartete, und bald ertönte auf der ganzen Straße großes Lärmen, und die Nachbarn sagten: „Seht! Die Frotonsche, diese Hexe, schlägt ihrem Mann wieder die Seiten ein!" Dioptrikus dagegen, hocherfreut über das Geschehene, ging in den Palast.
    Beim Anblick seines kopflosen Ministers mußte der König ein wenig staunen, doch der erklärte ihm, das sei jetzt so Mode. Amassid erschrak hingegen, denn die ganze List war umsonst gewesen, und als er nach Hause kam, verfuhr er genauso wie sein Feind; seitdem entbrannte zwischen ihnen ein Wettbewerb im Verkleinern, und sie schraubten sich Flossen, Kiemen, Metallhälse ab, so daß schon nach einer Woche jeder unter den Tisch kriechen konnte, ohne sich bücken zu müssen. Doch auch die beiden anderen Minister wußten sehr wohl, daß der künftige König nur die Kleinsten lieben würde, und sie begannen sich wohl oder übel ebenfalls zu verkleinern. Das ging schließlich so weit, daß nichts mehr abzuschrauben blieb; der verzweifelte Dioptrikus sandte darauf den Diener aus, damit der ihm den Drahtbinder herbeiführe.
    Proton staunte, als er vor das Angesicht des Magnaten
    kam, denn von diesem Würdenträger war wenig übriggeblieben; aber der verlangte hartnäckig, weiter reduziert zu werden!
    „Hochwohlgeboren", sagte er und kratzte sich den Kopf.
    „Mir scheint, es gibt nur eine Methode. Wenn Euer Hochwohlgeboren gestatten, schraube ich das Hirn heraus..."
    „Nein! Bist du wahnsinnig!" rief Dioptrikus empört, aber
    der Drahtbinder erläuterte: „Das Gehirn wird im Palast an einem bestimmten Ort versteckt, zum Beispiel in diesem Schrank, und Euer Hochwohlgeboren werden drinnen einen kleinen Empfänger und einen Lautsprecher haben; dadurch sind Euer Hochwohlgeboren dann elektromagnetisch mit dem eigenem Verstand verbunden." „Ich verstehe!" rief Dioptrikus, dem diese Idee gefiel. „Dann tu, was dir obliegt!"
    Proton entnahm ihm das Gehirn, legte es in die Schrankschublade, verschloß sie mit einem Schlüsselchen, händigte dieses Dioptrikus aus und steckte ihm einen kleinen Apparat und ein kleines Mikrophon in den Bauch. Dioptrikus war jetzt so klein, daß man ihn fast gar nicht mehr zu sehen bekam; angesichts einer solchen Verkleinerung erbebten seine drei Rivalen, der König staunte, sagte aber nichts. Minogar, Amassid und Philonaut griffen

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