Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
wird. Mit dem Namen seines Mörders darin.
Es muss etwa 8.25 Uhr gewesen sein, als Heino B. und Thomas K. auf den Hof ihres Opfers rollen. K. steigt aus und geht in den Laden, B. wartet im Auto. Robert K. sitzt derweil in seinem Büro hinter seinem Schreibtisch. Vor ihm eine Tasse Kaffee und der eingeschaltete Computer. An der linken Wand des Raums stehen ein Kleiderschrank, eine Kommode und ein Kopierer. Daneben ist die Tür zum Lager.
Schon bevor Thomas K. das Büro seines Opfers betritt, drückt er das erste Mal ab. Durch die geöffnete Tür feuert er mit einer automatischen Pistole vom Kaliber 7,65 Millimeter auf Robert K. und trifft ihn in den Bauch. Der zweite Schuss geht daneben. Robert K. hechtet aus dem Raum, Richtung Lager, als sein Mörder erneut schießt und den Hells Angel in den Rücken trifft. Das Projektil durchschlägt den Herzbeutel und zerfetzt die Aorta, es ist der Schuss, der zum Tode führen wird. Der Bandido K. feuert noch zweimal und flieht.
Robert K., schwer verletzt und stark blutend, schleppt sich auf den Hof und in die gegenüberliegende Werkstatt. Dort bricht er zusammen. Der Auszubildende Christian M., der gerade zur Arbeit gekommen ist und einen blonden Mann in den schwarzen Kia springen sah, wählt den Notruf, es ist 8.26 Uhr. Um 8.34 Uhr trifft der Rettungswagen ein, zugleich der Notarzt und die erste Streife. Doch zu diesem Zeitpunkt ist Robert K. schon tot.
Die Mörder fliehen. Heino B. rast in anderthalb Stunden zurück nach Bremen, Thomas K. fährt mit seinem schwarzen Golf II – Kennzeichen ST I 3530 – zurück in seine Wohnung nach Westerkappeln. Unterwegs wird sein Wagen bei einer Kontrolle von der Polizei erfasst, aufgehalten wird Thomas K. jedoch nicht. Zu Hause erwartet ihn schon seine Freundin. Wenig später kaufen die beiden an einer Tankstelle ein Eis, und um kurz nach halb zwei tritt der Gabelstaplerfahrer, der 1300 Euro netto im Monat verdient, seine Spätschicht an, als sei nichts gewesen. Seinen Kollegen fällt nichts Ungewöhnliches an Thomas K. auf.
Es dauert dennoch nicht lange, bis die beiden Bandidos ins Visier der im Polizeipräsidium Münster eingerichteten Mordkommission »Team« geraten. Die Überwachungskamera eines benachbarten Unternehmens hatte den ungewöhnlichen schwarzen Kia gefilmt, den auch der Auszubildende des Opfers auf dem Hof gesehen hatte, ehe er seinen sterbenden Chef fand.
Da die Ermittler den Anschlag eines verfeindeten Clubs vermuten, überprüfen sie die Wagen sämtlicher Bandidos in der Region. Und tatsächlich: Die Frau des Rockers Heino B. besitzt ein solches Gefährt, das seltsamerweise fünf Tage nach der Tat in Brand gerät, dabei aber nur leicht beschädigt wird. Zudem stellt sich heraus, dass B. in dem Dachdeckerbetrieb, in dem er arbeitet, für den Tag des Mordes unbezahlten Urlaub genommen hat, angeblich wegen eines Gerichtstermins.
Am Telefon, das inzwischen abgehört wird, erzählt die Gattin des Bandidos ihrer Cousine, dass ihr Mann an dem betreffenden Morgen nicht bei ihr war: »Heino sagt nicht, wo er gewesen ist. (…) Heino muss wissen, was er tut.«
Zudem stoßen die Beamten bei einer Funkzellenauswertung in der Nähe von Ibbenbüren auf eine Nummer, die zu einer auf die Ehefrau des Rockers Heino B. registrierten Vodafone-Callya-Karte gehört. Sie war in ein Handy mit der IMEI -Nummer 351519001717911 eingelegt worden, von dem aus vor der Tat Textnachrichten an das Telefon von Thomas K. gesendet worden waren. Und dessen Namen finden Kriminaltechniker auf einem Zettel im Geldbeutel des Opfers.
Keinen Monat nach dem Mord ist das Attentat weitestgehend aufgeklärt. Heino B. wird bereits im Juni 2007 verhaftet, Thomas K. schließlich im November des Jahres.
Bei der Beerdigung des Robert K. mahnt der Geistliche: »Euren Zorn kann ich nicht wegpredigen, aber ich bitte euch: Richtet kein neues Leid an! Höllen werden von Menschen gemacht.« Als wüssten die Hells Angels das nicht selbst am besten. Und daher werden die weisen Worte des Priesters wohl ungehört verhallen.
Der Prozess
»Die dreckige Horde fuhr mit einer gepflegten Arroganz, sich ihres Rufs als verkommenste Motorradgang in der Geschichte der Christenheit sehr wohl bewusst.« So beschrieb der US -Autor Hunter S. Thompson in seinem Buch »Hell’s Angels« das Auftreten der harten Kerle. Das war Mitte der Sechziger, in Kalifornien.
40 Jahre später, im Münsterland, reisen die berüchtigten Rocker in silberfarbenen Familienkutschen an, manche kommen
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