Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
Vom Netzwerk:
Bulldogs »del Este«. Ihnen kauft Ümit G. ein Kurierauto und bezahlt die Kfz-Steuer.
    Die Kokainkonsumenten können ihre Droge auch in zwei Cafés in den Berliner Stadtteilen Moabit und Wedding kaufen. Angemietet hat die Geschäftsräume der Bandido Alexander H., den der Boss für seine Tätigkeit als Strohmann monatlich mit 150 Euro abfindet. Bei der Razzia am 7. Juni entdecken Polizisten in dem Etablissement 70 Gramm Marihuana und 24 Gramm Kokain, möglicherweise die nicht verkaufte Ware des Vortages.
    Das Drogengeschäft wirft anscheinend satten Gewinn ab. Der Aussteiger Daniel N., ehemaliger Vize-Präsident der Bandidos »del Este«, berichtet den Ermittlern von der enormen Liquidität des Hartz- IV -Empfängers: »Ümit G. prahlte mir gegenüber damit, dass er in seiner Wohnung Bargeld in Höhe von 50000 Euro versteckt habe.«
    Hells Angels und Bandidos haben sich zu weltweiten Imperien ausgedehnt, auf allen Kontinenten existieren Filialen der beiden Rockerclubs – nur in Afrika gibt es keine Bandidos. Die internationale Vernetzung eignet sich hervorragend für illegale Geschäfte, denn wer mit Waffen oder Drogen handelt, muss vorsichtig agieren.
    Lieferant und Empfänger wollen nicht auf Betrüger oder verdeckte Ermittler hereinfallen. Wenn beide Seiten eine Rockerkutte tragen, ruht das illegale Treiben auf einer soliden Vertrauensbasis. Kein Rocker würde bei einem Deal seinen »Bruder« (offensichtlich) übers Ohr hauen, müsste er doch die Rache des gesamten Clubs fürchten.
    Wie Handelsabkommen in der Rockerszene funktionieren, dokumentiert ein Urteil des Landgerichtes Aachen. Die 4. Große Strafkammer schickt 2005 den Niederländer Marciel B. aus der Grenzstadt Kerkrade für mehr als sieben Jahre ins Gefängnis. Als Bandidos-Anführer in Aachen ist der Mann lange Zeit ein kompetenter Ansprechpartner für Suchtfragen im Kilobereich, weshalb die Chapter »Frankenthal«, »Kaiserslautern« und »Hamm« bei B. Kokain und Amphetamine ordern.
    Als Bestellbörsen nutzen die Geschäftspartner die zahlreichen Partys des Clubs. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz in der Szene, solche Deals nicht am Telefon zu besprechen. Wer es dennoch tut, gilt in der Gang als unzuverlässig. Der Aachener Chefrocker besorgt die Drogen in seiner niederländischen Heimat und lässt die Ware von Rangniederen über die Grenze schaffen. Auf Autobahnparkplätzen wechselt der Stoff dann den Besitzer.
    Kokain ist ein riesiges Geschäft in der Republik. Wissenschaftler schätzen, dass die Deutschen jedes Jahr ungefähr 20 Tonnen der Droge schnupfen, spritzen oder rauchen. Wenn man den Verkaufspreis von mindestens 100 Euro für ein Gramm reines Kokain hochrechnet, ergibt das einen Jahresumsatz von zwei Milliarden Euro. Wie viel Geld davon bei den Rockerclubs hängen bleibt, kann niemand seriös sagen.
    Allerdings spricht eine zuletzt heftig geführte Debatte innerhalb der Bandidos für einen ausufernden Kokainkonsum und den damit häufig einhergehenden Handel. Im Mexikaner-Lager verhärten sich die Fronten zwischen Koksern und Nicht-Koksern. »Ich habe keinen Bock mehr auf Leute, die tagelang zugedröhnt auf einem Treffen rumhängen. Die machen nur Theater, leihen sich Kohle für Stoff, die sie eh nie zurückzahlen«, sagt ein hochrangiger Bandido nach dem Europa-Run in Spanien im Sommer 2012. Anschließend verhängen einzelne Abteilungen sogar Kokain-Verbote für ihre Clubheime – das hat es noch nie gegeben bei den »Hüten«.
    Die Starkmacher
    In den siebziger und achtziger Jahren trug der Vorzeige-Rocker eine Vokuhila-Frisur, Cowboystiefel an den Füßen, und aus den Musikboxen im Clubheim dröhnten Deep Purple und AC/DC. Mittlerweile hat sich die Gangmode radikal gewandelt. Musterexemplare warten heute mit Glatze, Turnschuhen und – ganz wichtig für das Erscheinungsbild des modernen Rockers – riesigen Oberarmen auf.
    Viele Hells Angels und Bandidos verbringen weitaus mehr Zeit auf der Hantelbank als auf der Harley. Ihre Muskeln züchten sie mit viel Training und noch mehr Chemie. Anabole Steroide sind beliebt in der Szene. Die Botenstoffe beauftragen den menschlichen Körper, möglichst große Muskelfasern aufzubauen, allerdings verkümmern als Nebeneffekt die Hoden. Man kann nicht alles haben.
    Wenn die Polizei die Wohnung eines Bandidos oder Hells Angels durchsucht, finden sie neben Messern und Macheten fast immer Ampullen mit gelblichem Inhalt. Anfang Juni 2012 verhaftet die Berliner Polizei den mutmaßlichen Drogenkurier und

Weitere Kostenlose Bücher