ROD - Die Autobiografie
war ziemlich klein und ein bisschen plump, und wir wussten nie so recht, was wir in puncto Bühnenpräsentation mit ihm anstellen sollten. Also verkleideten wir ihn als Franzosen und beließen es dabei.
Ich hatte Umhänge für die Band anfertigen lassen: große Samtumhänge mit ihren Initialen. Wenn meine Jungs nach dem Auftritt von der Bühne kamen, mussten die Roadies bereitstehen und sie für den Weg zu den Limousinen darin einhüllen. Dabei schwitzten ein paar von ihnen nicht einmal. Was für eine Geldverschwendung.
Streiche wurden nicht nur abseits der Bühne gespielt, sondern mit Vorliebe auch während der Show – noch ein Überbleibsel aus Faces-Zeiten. Ein Gig war in keiner Weise heilig, und wenn einer eine originelle Idee hatte, ihn zu sprengen, war das in Ordnung. Zum Beispiel lieferte Carmine ein Schlagzeugsolo ab (seinerzeit Pflichtprogramm), das er auf seinem Hocker stehend beendete. Wenn er seine Sticks in die Höhe reckte, war das das Zeichen für seinen Roadie, im Bühnenhintergrund den riesigen Gong zu schlagen, der hinter Carmines Schlagzeug aufgehängt war (riesige Gongs waren damals ebenfalls Pflicht), und dem Solo dadurch einen nachhallenden Abschluss zu verleihen. Der Rest der Band befand sich zu diesem Zeitpunkt wohlgemerkt backstage, es war also ein Leichtes, dem Roadie den Schlägel abzunehmen und Carmine auf seinem Hocker stehen und auf einen Gong warten zu lassen, der nie erklingen würde.
Alternativ konnte man, da das Mikrofon für den Gong normalerweise hinter ihm stand und unsichtbar für das Publikum blieb, das Dröhnen des Gongs sehr einfach durch den etwas witzigeren Klang einer Spielzeughupe oder einer Fahrradklingel ersetzen. Oder noch besser: durch einen Furz, wenn man einen zustande brachte. (In Mikrofone zu furzen wurde im Laufe der Achtziger bei meinen Tourbands zu einer zunehmend beliebten Beschäftigung. Die Tontechniker zogen daraus die Konsequenz, die Mikrofone bei Konzertbeginn bis zum letztmöglichen Moment ausgeschaltet zu lassen, um zu verhindern, dass der Konzertsaal plötzlich vom enorm verstärkten Klang eines Darmwindes widerhallte.)
Manchmal mussten solche Slapstick-Einlagen auch gar nicht geplant werden. Die geschahen ganz von selbst. Um des dramatischen Effekts willen hatten wir einen Laternenpfahl hoch oben unter der Decke hängen, der im Dunkeln heruntergelassen wurde, kurz bevor ich »The Killing Of Georgie« sang. Eines Abends geriet ich versehentlich genau unter das Teil und bin somit einer der wenigen Rocksänger, die mitten in einer Show von einem drei Meter hohen Laternenpfahl umgehauen wurden. (Nur ein paar blaue Flecken, danke der Nachfrage.)
Die Band entwickelte sich weiter: Robin Le Mesurier stieß an der Gitarre zu uns, Kevin Savigar an den Keyboards – beide wurden im Laufe der Jahre gute Freunde von mir. Und die Streiche entwickelten sich ebenfalls weiter. Im November 1984 waren wir im Rahmen der Camouflage -Tournee in Tokio, wo einige Band- und Crew-Mitglieder eine neue Sportart für sich entdeckten: das Fenstersims-Spazieren. Um von einem Hotelzimmer ins andere zu gelangen, durfte nur der Fenstersims benutzt werden. In einer Höhe von fünfundzwanzig Stockwerken erforderte dieses Spiel starke Nerven. Oder starke Drinks. Oder starke Drinks in Kombination mit starken Nerven. Wie auch immer: Obwohl ich die Komik, die darin lag, im fünfundzwanzigsten Stock eines Tokioter Hochhauses unangekündigt an das Fenster eines anderen zu klopfen und um Einlass zu bitten, durchaus nachvollziehen konnte, ließ ich mich nicht dazu breitschlagen, eine Karriere als Fassadenkletterer zu starten. Wir haben alle unsere persönlichen Grenzen, und auf Fenstersimsen zu spazieren ist meine.
Wie ja jeder weiß, muss man auf Tour mit einer Rockband jede Menge Zeit totschlagen. Man ist im Grunde dauerhaft damit beschäftigt, den grausamen Klauen der Langeweile zu entfliehen.
»Wenn ich dieses Tablett auf meinem Kopf balanciere: Wie viele Dinge könnte man wohl draufstellen, bevor alles herunterfällt?«
»Wenn ich diese Plastikhülle aus der Reinigung anziehen würde: Sähe das aus wie eine Zwangsjacke?«
»Wie fühlt es sich wohl an, wenn man sich komplett in Frischhaltefolie einwickelt?«
»Würde das Kopfende von diesem Bett wohl in den Aufzug passen?«
»Woher kriegt man eigentlich Enten?«
Solche Fragen kommen einem Rockmusiker auf Tour in den Sinn und setzen sich dort fest, bis sie beantwortet werden. Und es mag vielleicht abwegig erscheinen, etwas
Weitere Kostenlose Bücher