ROD - Die Autobiografie
wollte ich, dass wir am Ende der Nummer zum Fade-out ein gesangliches Frage-Antwort-Ding aufziehen, aber das stellte sich als sehr schwierig heraus. Eigentlich hätte man denken sollen, dass sie den Vorschlag begeistert aufnahm, aber sie war sehr zurückhaltend beim freien Improvisieren.
Am Abend von Tinas Auftritt klapperten Ricky und ich die Geschäfte ab und gönnten uns neue Hemden, neue Anzüge, neue Krawatten und neue Schuhe. Wir kamen aus dem Hotel und hielten uns für unwiderstehlich. Nachdem uns die Limousine nach Monte Carlo gebracht hatte, meldeten wir uns am Eingang voller Stolz als Gäste von Ms. Turner an. Woraufhin der Türsteher meinte: »Ich fürchte, Sie sind nicht passend gekleidet, meine Herren.« Ich sagte: »Wirklich? Ich dachte eigentlich, wir würden ziemlich gut aussehen.« Und er antwortete: »Ich fürchte, die Einladung schreibt förmliche Abendgarderobe vor.« Geknickt verzogen wir uns in ein Restaurant.
Aber meistens lebten wir unseren Jungentraum aus – der »lange heiße Sommer« war vollkommen überzogen, Hedonismus in Reinkultur. Sogar dermaßen überzogen, dass mir fast schon schlecht davon wurde. Wie lautet dieses Zitat von Woody Allen? »Sex ohne Liebe ist ein hohles Erlebnis – aber von den hohlen Erlebnissen ist es eins der schönsten.« Das trifft zweifellos zu, das kann ich euch als jemand, der einige Kompetenz in diesem Bereich aufweist, bestätigen. Trotzdem ertappte ich mich in stillen Momenten – zwischen all dem Kommen und Gehen – bei dem Gedanken: »Du bist jetzt fünfundvierzig Jahre alt, und du lässt dir irgendwelche Gespielinnen einfliegen. Ist das jetzt dein Lebensinhalt? Mehr hast du nicht drauf?«
Recht kleinlaut kehrte ich nach Los Angeles zurück. Noch schlimmer wurde es, als ich erfuhr, dass sich Kelly in Begleitung eines anderen Mannes gezeigt hatte. Jetzt bohrte die Eifersucht so richtig in mir, ich geriet in Panik. Genau nach dem Motto: »Erst wenn du etwas nicht mehr haben kannst, wird dir bewusst, wie sehr du es willst«, begriff ich da erst so richtig, dass ich sie verloren hatte. Ich dachte: Scheiße, wieso habe ich sie nur ziehen lassen?
Ich beschloss, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Das war die naheliegende Lösung. Sie hatte schon immer im Raum gestanden, aber ich war einfach zu bescheuert, um das zu erkennen. Aber erst mal musste ich Kelly zurückgewinnen. Ich musste mir eine große, romantische Geste einfallen lassen, um sie rumzukriegen. Irgendwas tun, das sie charmant und unwiderstehlich fand und daran erinnerte, warum sie mich überhaupt je gemocht hat.
Irgendjemand hatte mir gesteckt, dass sie am Sonntag des Labor-Day-Wochenendes mit ihrem Neuen einen Bootsausflug zur Insel Catalina vor der kalifornischen Küste unternehmen wollte. Ich entwickelte einen Schlachtplan. Von meinen eigenen Trips nach Catalina wusste ich, dass dort oft kleinere Propellermaschinen mit angehängten Werbebannern über die Strände flogen. Wenn Kelly nun von ihrem Bootsdeck nach oben schauen und meinen Heiratsantrag am Himmel lesen würde? Noch romantischer ging es ja wohl kaum.
Also besorgte ich mir die Telefonnummer einer Agentur, die ein Flugzeug mit passendem Werbebanner für den frühen Sonntagnachmittag organisierte – das schien mir die beste Zeit zu sein, um Kellys Aufmerksamkeit zu erregen. Ich erklärte ihnen, was auf dem Banner stehen sollte: »Kelly – willst du mich heiraten? RS«. Das musste doch klappen, oder?
Nachdem alles arrangiert war, fühlte ich mich schon besser und ging meinen üblichen Geschäften nach. Unter anderem war ich nachts mit Sylvester Stallone unterwegs, den ich ganz gut kannte und mit dem ich beinahe mal die Leinwand geteilt hätte. (Es gab eine Anfrage, ob ich 1981 in dem Fußballfilm Flucht oder Sieg mitspielen wollte, aber ich war auf Tour und hatte keine Zeit. Gar nicht auszudenken, die Geschichte des Kinofilms hätte neu geschrieben werden müssen.) Wenn ich mich recht erinnere, trafen Sly und ich uns an jenem Samstag zum Abendessen und besuchten dann das Roxbury in L.A.
Auf der Tanzfläche des Roxbury entdeckte ich eine Frau, deren Gesicht ich sehr gut kannte. Erst konnte ich gar nicht glauben, dass sie es war, denn ihr Antlitz beschäftigte mich, seit ich es zum ersten Mal in einem Fernsehwerbespot gesehen hatte. Und auf einmal hatte ich sie in Fleisch und Blut vor mir. Ich musste mich ihr vorstellen. Und dann schnell eine Party bei mir zu Hause improvisieren, damit ich sie und ihre Freundin einladen und wir uns
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