ROD - Die Autobiografie
entzückt in die Kamera blicken. Stattdessen ging es um die Darbietung eines großartigen Songs: Im Duett mit Tina Turner sollte ich mir die Motown-Nummer »It Takes Two« von Marvin Gaye und Tammi Terrell vornehmen. Pepsi würde ein Video davon drehen, wie Tina und ich den Song interpretieren und Ausschnitte daraus für den Werbespot einsetzen. Und ziemlich wahrscheinlich würden Tina und ich einen Hit damit landen und könnten dann das bereits gedrehte Video für unsere Promotionzwecke nutzen.
Das klang schon alles ziemlich verlockend, aber nicht annähernd so verlockend wie der Teil des Pepsi-Angebots, der mich schließlich überzeugte: Den Drehort für das Video sollten wir selbst bestimmen dürfen. Ich glaube, sie hatten damit gerechnet, dass ich Burbank sagen würde oder, wenn’s hochkommt, Anaheim, jedenfalls irgendwas bei ihnen in der Nähe. Ganz im Gegenteil spielten sich die Gespräche mit meinem Manager eher folgendermaßen ab:
Ich: »Wo wollen wir denn mal hin?«
Arnold: »Irgendwo ans Meer?«
Ich: »Europa wäre doch schön.«
Arnold: »Was könnte zu dieser Jahreszeit denn bezaubernder sein als Cannes?«
Und so ergab es sich, dass ich mich Anfang August 1990 mit Arnold im Carlton Hotel in Cannes traf. Mitgekommen waren auch noch Don Archell, mein Assistent, und mein langjähriger Kumpel Ricky Simpson, ein äußerst erfolgreicher Hotelier und Celtic-Fan wie ich. Ich bekam die gigantisch große Penthouse-Suite, deren Bad mit seiner Kuppeldecke der St. Paul’s Cathedral ähnelte – nur dass hier die Dusche besser funktionierte. Außerdem: Wenn man seine Hosen oder Socken auf dem Boden liegen ließ, verschwanden sie wie von Geisterhand und tauchten dann ebenso mysteriös gewaschen und in Papier und Pappkarton verpackt wie ein Geschenk des himmlischen Großen Chemischen Reinigers wieder auf. Ricky und ich hopsten durch die Suite wie kleine Schuljungen. Offensichtlich waren wir im ultimativen Junggesellenparadies gelandet. Deshalb wäre es mir auch als Versäumnis erschienen, hätten wir diese üppig ausgestatteten Räumlichkeiten nicht für eben jene Junggesellenzwecke genutzt, für die sie so offenkundig ausgelegt waren.
Der folgende zehn Tage andauernde Exzess ging als »der lange heiße Sommer« in die Geschichte ein (zumindest bei Ricky und mir).
Anrufe wurden getätigt, Flüge reserviert, Fahrzeuge gebucht, und schon kamen sie aus allen Richtungen herbei: alte Flammen, neue Flammen, alte Techtelmechtel, neue Techtelmechtel – Frauen, die empfänglich waren für die Aussicht auf eine Nacht in Cannes mit Erster-Klasse-Rückflug. Ich ging gewissermaßen mein kleines schwarzes Adressbuch durch und traf meine Wahl. Als Arnold von unserem Vorhaben Wind bekam, packte er seine Koffer und brachte sich entsetzt in Sicherheit. Er flüchtete ins Hotel du Cap, und wahrscheinlich war das eine weise Entscheidung, wobei ich jedoch zu meiner Verteidigung sagen möchte, dass alles äußerst geschmeidig und professionell durchgezogen wurde. Die Arrangements waren von geradezu militärischer Präzision und Strenge. Don Archell fuhr das abreisende Mädel zum Flughafen von Nizza, setzte sie am Abflugterminal ab und lud dann um die Ecke bei der Ankunft ihren gerade eingeflogenen Ersatz in den Wagen. Ich denke mal, dass die Logistik für die Olympischen Sommerspiele 2012 nur geringfügig komplexer war als der Aufwand, der betrieben wurde, um den reibungslosen Ablauf des »langen heißen Sommers« zu gewährleisten.
Gelegentlich wagten wir uns sogar aus der Hotelsuite heraus. Schließlich hatte ich ja auch ein Video zu drehen – aber das beschränkte sich eigentlich nur darauf, dass Tina und ich auf einer Clubbühne vor lauter schönen Menschen herumtollten, es war nicht gerade die anspruchsvollste Filmrolle. Tina lud uns zu ihrem Konzert im Sporting Club in Monte Carlo ein. Ich mochte Tina. Im Dezember 1981 hatten wir Freundschaft geschlossen, als sie und ich gemeinsam im Los Angeles Forum auftraten. Das Konzert wurde per Satellit in Kinos auf der ganzen Welt übertragen, sechzig Millionen Zuschauer sollen es gesehen haben. Und das trug erheblich dazu bei, dass Tinas Karriere neuen Schwung bekam und sie in den darauffolgenden Jahren erneut zum Megastar aufstieg. Nach außen hin mag sie dieses freche, unerschütterliche Selbstbewusstsein ausstrahlen, und mit ihrer Riesenstimme könnte sie Steine zertrümmern, aber im Studio entpuppte sie sich als geradezu rührend schüchtern. Als wir »It Takes Two« aufnahmen,
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