ROD - Die Autobiografie
Einstieg. Ich schaffte die erste Zeile, danach war die Stimme weg. Aber egal. Am nächsten Tag trafen wir uns wieder. Und da kam ich schon mehrere Zeilen weit, bis die Stimme erneut den Abflug machte. Aber am nächsten Tag schaffte ich eine halbe Strophe, und bald darauf waren es zwei Strophen.
Nach etwa einer Woche hielt meine Stimme einen ganzen Song durch, dann zwei Songs – und dann ein halbes Set, bis ich schließlich Wochen später eine volle Show singen konnte. Die Geduld und das Vertrauen, das mir meine Musikerfreunde in dieser Zeit entgegenbrachten, waren außergewöhnlich. Mein Hals schmerzte hinterher nicht mehr so fürchterlich, meine Stimme hielt bis zum Ende durch, und ich empfand ungeheure Erleichterung darüber, dass ich darauf aufbauen konnte und es – wie Annie zu der Krankenschwester gesagt hatte – vielleicht sogar wieder beruflich machen konnte.
Wir sahen uns gezwungen, eine Presseerklärung abzugeben, dass es sich bei der OP um die Entfernung eines gutartigen Knötchens auf den Stimmbändern gehandelt habe – nicht ungewöhnlich bei Sängern. Letzten Endes kam die Wahrheit trotzdem ans Licht, und einige Zeitungen titelten: »Rods Kampf mit dem Krebs.«
Dabei gab es gar keinen Kampf – kein Aufbäumen, kein tapferes Ringen. Ich wünschte, ich könnte so tun, als wäre es das gewesen, aber damit würde ich Menschen vor den Kopf stoßen, die wirklich krank sind, die wirklich gekämpft, gerungen und sich aufgebäumt haben. In meinem Fall war der Krebs da, und zwei Tage später war er wieder weg.
Entsprechend fühle ich mich nicht wohl damit, so zu tun, als sei ich dem Tod geradeso von der Schippe gesprungen, oder mich als »Krebs-Überlebenden« zu bezeichnen und Behauptungen darüber aufzustellen, zu welch tiefgreifenden Veränderungen die Krankheit bei mir geführt habe. So was kommt mir ohnehin immer aufgesetzt vor.
Allerdings kann man sich einem drohenden Verlust nicht stellen, ohne sich auch bewusst zu machen, wie viel einem das bedeutet, was man zu verlieren fürchtet – oder wie viel Glück man bisher hatte, ohne es zu merken. Im Rock’n’Roll-Geschäft gibt es zahllose Sänger, die Glück hatten, ihren Erfolg jedoch auf harte Arbeit zurückführen. Natürlich hat Erfolg auch mit harter Arbeit zu tun, aber im Grunde nutzt man vor allem das erstaunliche Glück, die seltsame Vorsehung des Schicksals, dass ein ganz bestimmter Laut aus deinem Mund kommt, sobald du ihn aufmachst, und dass dieser ganz bestimmte Laut mehr als 200 Millionen Platten verkauft, dir weltweiten Ruhm und ein fantastischeres Leben beschert, als du dir je hättest träumen lassen.
Unter diesen Umständen Nutznießer einer weiteren Laune des Schicksals zu sein, die bewirkte, dass ich den Schilddrüsenkrebs innerhalb weniger Tage los war und wie gehabt weitermachen konnte – das war schlicht und einfach Glück. Ich hatte Schwein gehabt.
KAPITEL 18
Penny
A ls Rachel mich verließ, war mir ganz und gar nicht danach zumute, mich erneut Hals über Kopf in eine langbeinige Blondine von Mitte zwanzig zu verlieben. Ich wusste, was so etwas aus Männern in meinem Alter machte und dass es nicht unbedingt immer ein glückliches Ende nahm.
Und was passierte? Acht Monate später verliebte ich mich in eine langbeinige Blondine Mitte zwanzig.
Aber diesmal war ich fest entschlossen, auf Nummer sicher zu gehen. Als ich letztes Mal dachte, ich läge richtig, lag ich total falsch, und das wollte ich um keinen Preis noch mal erleben. Ich musste geduldig bleiben und in kleinen Schritten vorgehen, vorausgesetzt, ich war dazu überhaupt in der Lage, was die bisherige Geschichte meines vorschnellen Liebeslebens kaum zu belegen schien. Gewissenhaft ließ ich mich auf etwas ein, gegen das ich während meiner diversen romantischen Eilverfahren im Laufe der Jahre allergisch gewesen war: langes Werben.
Im Frühling 1999, vier Monate nachdem Rachel mich verlassen hatte, nach der fehlgeschlagenen Gesprächstherapie und dem eilig verworfenen Yoga, ebbte der Trennungsschmerz allmählich ab. Langsam war ich wieder bereit, mich zu verabreden. Ich ging mit Tracy Tweed aus, dem schauspielernden kanadischen Model, der lustigsten Frau, der ich je begegnet bin. Ich hatte ein paar unterhaltsame Dates mit Kimberley Conrad, frisch getrennt von Hugh Hefner. Und eine Weile ging ich mit Caprice Bourret, dem amerikanischen Model. Die arme Caprice fiel einer anhaltenden Sound-of-Music -artigen Vertreibungskampagne einiger meiner Kinder zum Opfer, die
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