ROD - Die Autobiografie
tatsächlich etwas peinlich gewesen sei, sich mit mir in der Öffentlichkeit zu zeigen. Ist das von Vorteil bei einem Manager? Wohl eher nicht.
Rowlands war der Ovomaltine-Mann aus den TV-Spots gewesen, das kann nicht jeder von sich behaupten. Später baute er ein PR-Unternehmen auf den Karrieren von Tom Jones und Engelbert Humperdinck auf. Wright hatte mit Tommy Steele, Val Doonican und Des O’Connor gearbeitet (große Namen, was immer man auch sonst von ihnen hält) und sich um die Belange von Associated London Scripts gekümmert, der Agentur von Spike Milligan, Eric Sykes, Frankie Howerd, Ray Galton und Alan Simpson – einige der witzigsten britischen Comedy-Autoren. Das waren ziemlich gute Visitenkarten, die sie da auf den Tisch legen konnten.
Also sagte ich ihnen, ich würde mir einen Vertrag gerne etwas näher ansehen – und sie setzten prompt einen auf und gaben ihn mir. Und wieder bietet der Künstler, der noch grün hinter den Ohren ist, eine potenzielle Angriffsfläche. Oder steckt, besser gesagt, in einer echten Zwickmühle: Eigentlich bräuchte man einen Manager, der einen berät, ob man den Vertrag mit einem Manager unterzeichnen soll oder nicht. Aber natürlich kann man seinen Manager nicht fragen, weil man noch keinen hat.
Ich unterschrieb nicht an Ort und Stelle, sondern nahm den Vertrag mit nach Hause und zeigte ihn meinem Bruder Don, der gut mit Zahlen umgehen konnte, und wir beide lasen ihn sehr genau durch. Insgesamt saß ich zwei Wochen an der Durchsicht, was den willkommenen Nebeneffekt hatte, Rowlands’ und Wrights Interesse noch zu schüren. Es kursiert so manches Gerücht über meine angebliche, für meine Karriere so nützliche, Geschäftstüchtigkeit. Darin steckt durchaus ein Funken Wahrheit. Aber übertreiben wir mal nicht. In den meisten Fällen ließ ich mir einfach nur keinen Bären aufbinden. Also ging ich mitsamt dem Vertrag wieder zu Rowlands und Wright und sagte, ich sei einverstanden damit – sofern wir eine Klausel hinzufügten, dass ihnen nichts von dem zustünde, was ich durch die Konzerte mit Long John und der Band verdiente. Dieses Arrangement hatte mit ihnen schließlich nichts zu tun, warum sollten sie also etwas davon abbekommen?
Nachdem das Dokument zur allseitigen Zufriedenheit angepasst worden war, folgte zur Feier des Tages ein Champagner-Dinner im Barrie Room des Kensington Palace Hotel, bei dem ich irgendwann am Tisch mit dem Gesicht auf dem Teller einschlief. Aus Erschöpfung, behauptete ich, nicht wegen des Champagners, obwohl es gut möglich ist, dass der auch seinen Teil dazu beitrug.
Meine neuen Manager versuchten nun, einen Plattenvertrag für mich an Land zu ziehen. Dafür brauchten sie eine Demo-Aufnahme, weshalb sie ein schlichtes Studio in der Poland Street in Soho buchten, Ian Armitt und Cliff Barton von den Hoochie Coochie Men engagierten und wir sieben Songs in ungefähr vier Stunden aufnahmen: den »Work Song« von Oscar Brown jr. und Nat Adderley, Jimmy Reeds »Ain’t That Lovin’ You Baby« und »Bright Lights Big City«; zwei Nummern von Big Bill Broonzy – »Moppers Blues« und »Keep Your Hands Off Her« –, Willie Dixons »Don’t You Tell Nobody« und Howlin’ Wolfs »Just Like I Treat You«. Es war alles ziemlich roh, aber durchaus hörbar – auf jeden Fall gut genug für ein Demotape.
Von manchen Plattenfirmen erhielt ich das Feedback, meine Stimme sei zu rau für den großen kommerziellen Erfolg. Sie hatte wirklich was von einem Reibeisen, und damals wollten die Leute offenbar etwas Gefälligeres. Ich glaube, insbesondere EMI lehnte mich mit dieser Begründung ab. Manche befürchteten auch, ich könnte nicht hübsch genug sein für einen Solosänger. Ein unbarmherziges Geschäft, oder? In den Augen einiger Plattenfirmenchefs bot ich damals also im Grunde genommen eine Reibeisenstimme und eine große Nase auf einem Markt an, der es lieber sanft und hübsch mochte.
Doch mit diesen Aufnahmen (und ohne jeglichen Versuch, meine Nase zu verstecken) gelang es Rowlands und Wright irgendwie, Mike Vernon von Decca Records zu überzeugen, eine Single von mir herauszubringen. Decca war damals das Label der Rolling Stones, die zuletzt auf Stühlen sitzend und Strickjacken tragend in Richmond gesehen worden waren (zumindest von mir) und jetzt überall Gekreisch hervorriefen. Kein schlechter Ausgangspunkt.
Gab es je eine professionellere Aufnahmesession als die für meine erste Single? Ich glaube, wir können uns auf ein Ja einigen.
Die
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