ROD - Die Autobiografie
bewandert, erfahren, tourneegeprüft, perfekt aufeinander eingespielt. Geoff Bradford konnte vollendet die Songs von John Lee Hooker spielen. »Hoochie Coochie Man«, bei dem John sang, oder »Got My Mojo Working«, das das Finale bildete, klangen genauso wie auf der Platte – genau wie von Muddys Band eingespielt. Fast schon unfair, wenn die erste Band eines Sängers so gut ist. Und auch ziemlich beunruhigend, denn ich wusste genau, wie gut sie waren.
Und zu alldem kam noch der unschätzbare Einfluss von Long John. Er bereitete mir den Weg, teils durch sein Vorbild, teils durch direkte Unterweisung – in allen Bereichen, von grundlegender Bühnenkunst bis zu Gesangstechnik. Er riet mir, darauf zu achten, am Mikrofon nie die Füße zusammenzuhalten, sondern immer breitbeinig zu stehen, das sorge für Präsenz und Autorität. Er zeigte mir, wie man einen Song lebt – ihn erobert, zu seinem eigenen macht; wie man mit dem Publikum spielen, von der Bühne aus einen Zugang zu ihm bekommen, eine Verbindung schaffen kann mit einem Raum voller Menschen, die man größtenteils nicht sieht. Das waren Lektionen, die mich während meiner gesamten Karriere beeinflusst haben und das auch weiterhin tun werden, solange ich mit einem Mikrofon in der Hand auf der Bühne stehe.
Allerdings musste man nicht all seine Weisheiten für bare Münze nehmen. Einmal erklärte er mir, Frauen mit dem Mund zu befriedigen würde langfristig die Stimme ruinieren; ich sollte also sofort darauf verzichten, wenn mir meine Karriere am Herzen läge. Dies war eines der wenigen Male, dass ich den Eindruck hatte, seinen Rat getrost ignorieren zu können.
Eine der Fragen, die meine Mum stellte, als ich nach Hause kam und ihr von Long Johns Jobangebot erzählte, war unvermeidlicherweise: »Hat das denn Zukunft?« Und vermutlich habe ich geschwafelt und geschwatzt, sodass am Ende etwas Ähnliches wie »Ja« herauskam. In Wahrheit hatte ich nicht den geringsten Schimmer. Ich hoffte es einfach. Wie dem auch sei, ich dachte, ich hätte hier wahrscheinlich einen Job für neun Monate und, falls das tatsächlich klappte, am Ende genug Geld für einen Sportwagen, einen MG Midget, der damals ungefähr 430 Pfund kostete. Und mit einem Midget wäre ich vollauf zufrieden gewesen.
Nicht nur ich sah das so. Alle dachten, was in den frühen Sechzigern im Musikbusiness passierte, sei ein Strohfeuer, das einmal hell auflodern und dann schnell wieder verglühen würde. Wir gingen davon aus, dass für die Beatles nach »Love Me Do« Schluss wäre. Dasselbe galt für die Stones mit »It’s All Over Now«. Wir glaubten nicht, dass diese Musik, die über Großbritannien fegte und alle mitriss, Bestand haben würde. Wir hielten das Ganze für eine Modeerscheinung, eine Art heftige Verliebtheit, die irgendwann überwunden sein würde. Dementsprechend dachte man nicht an die Zukunft, seine sogenannte Laufbahn, wenn man Mitglied einer Band wurde. Man war dabei, weil man gerade Spaß daran hatte – alles andere waren Dreingaben.
KAPITEL 5
In welchem ein Management engagiert und eine Single aufgenommen wird, die aus unerklärlichen Gründen nicht den Äther zum Glühen bringt, und in welchem wir etwas über eine frühe Begegnung mit Gary Glitter erfahren.
John Rowlands und Geoff Wright sahen mich zum ersten Mal mit den Hoochie Coochie Men im Londoner Marquee Club im April 1964. Sie fanden mich anscheinend ganz in Ordnung, denn sie kamen danach hinter die Bühne und fragten, ob sie mich managen könnten.
In meinem Alter – ich war damals neunzehn – und derart früh in meiner Sängerlaufbahn von zwei Leuten angesprochen zu werden, die mir etwas so Abgehobenes wie ein »Management« anboten, fand ich ziemlich unterhaltsam. Ich war jedoch schlau genug, um zu wissen, dass ich mich in einem Haifischbecken befand. Und dies ist unter Umständen der Moment, in dem der aufstrebende junge Sänger naiv und womöglich betrunken mit einer Unterschrift alles hergibt, ohne es überhaupt zu bemerken, und damit irgendeinem Anzugträger ein schickes Haus in Barbados kauft und sich selbst zu einem Leben in Armut und teuren Gerichtsverfahren verdammt.
Aber Rowlands und Wright waren ganz offensichtlich keine Haie. Oder sie versteckten ihre Zähne gut. Ich mochte ihre Art. Keiner von beiden wirkte besonders hip. Rowlands sah aus wie der spätere britische Premierminister John Major, und Wright ähnelte David Attenborough. Er sagte später, dass es ihm wegen meiner Haare und Klamotten
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