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ROD - Die Autobiografie

ROD - Die Autobiografie

Titel: ROD - Die Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Stewart
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Schottenkaros tragen, um Zwischenrufe zu ernten. Manchmal genügte die Frisur. Von Zeit zu Zeit rief ein Witzbold laut zwischen den einzelnen Nummern: »Bist du ein Junge oder ein Mädchen?« Meine vorbereitete Antwort war: »Komm hoch, dann zeig ich’s dir«, vielleicht nicht besonders geistreich, aber sie zeigte Wirkung.
    John selbst hatte mir den Spitznamen »Phyllis« gegeben. Daher das Graffiti eines Unbekannten an der Wand des Eel Pie Island, auf dem »Long John Baldry and the Hoochie Coochie Men« in »Ada Baldry and the Hoochie Coochie Ladies featuring Phyllis Stewart« geändert wurde. Das war der Preis, den man 1964 dafür zahlen musste, dass man sich um seine Haare kümmerte.
    Im Manor House in London, wo wir eine Zeit lang spielten, bestand die Bühne aus losen Holzbrettern und Kisten. Es konnte passieren, dass sich während eines Auftritts so große Löcher im Bretterboden auftaten, dass ganze Bandmitglieder samt ihrer Instrumente darin verschwanden oder dass der Drummer hintenüber von der Bühne kippte. Dann entstand eine kurze Pause, damit er sich den Staub von den Kleidern klopfen und sein Schlagzeug wieder aufbauen konnte. Einmal habe ich dort Zoot Money spielen sehen. Sie trugen enge Sharkskin-Jacketts und schmale Krawatten – eine großartige Band. Und ordentlich saufen konnten sie auch.
    Mein Problem war, die Flüssigkeit bei mir zu behalten. Eines Abends, als wir auf Eel Pie Island spielten, musste ich plötzlich dringend austreten. Da sich die Toiletten weit entfernt hinter dem Club befanden, beschloss ich, hoch in das Puppenhaus zu laufen, das unsere Garderobe darstellte, und mich in ein leeres Bierglas zu erleichtern. Es wäre wohl hygienischer gewesen, hätte ich das Glas nicht auf dem Boden abgestellt und dann bei meiner eiligen Rückkehr umgestoßen. Die Flüssigkeit verschwand in den Bodenbrettern und tropfte später als beständiger warmer Regen auf Long Johns Kopf und Schultern. Die Moral von der Geschichte: Die Garderobe sollte sich nie direkt über der Bühne befinden. Ich musste Long John später die Reinigung seines Anzugs bezahlen.
    Mein Solo-Repertoire weitete sich aus. Nach »The Night Time Is the Right Time« wurden mir Muddy Waters’ »Tiger in Your Tank« und John Lee Hookers »Dimples« anvertraut. Hielt ich mich für einen Bluessänger? Eigentlich nicht. Im Grunde meines Herzens war ich ein Folkie. Ich war aber schon immer der Meinung, meine Stimme eigne sich für alle möglichen Stile, und gab bei diesen Nummern mein Bestes. Übrigens brauchte ich dazu keine Black Bomber mehr. Mir reichten am Abend eine Flasche Newcastle Brown und ein Scotch mit Orangensaft – eine ungewöhnliche Kombination und für die Zähne wahrscheinlich genauso schlecht wie für die Leber. Fand das Konzert in London – beispielsweise im Marquee – statt, verließ ich schon am frühen Abend perfekt frisiert das Haus, ging zur Haltestelle Archway und kehrte dort im Woodman auf mein Ale und meinen Scotch mit Orangensaft ein. Wenn ich später in der U-Bahn saß, war ich immer noch leicht beschwipst und mit mir selbst zufrieden.
    Dass ich in der Band war, schien ihr eine neue Anhängerschaft zu bescheren – die »Mods«, die gerne ein bisschen R&B hörten, gesungen von jemandem im maßgeschneiderten Anzug und mit gepflegtem Haar. Als Reaktion darauf wurden wir bald in einigen Läden mit Long John Baldry and the Hoochie Coochie Men featuring Rod »The Mod« Stewart angekündigt. Long John stellte mich so vor: »Ladies und was hier sonst so rumschwirrt – hier ist er … Rod ›The Mod‹ Stewart!«
    Außerdem offenbarte sich mir eine der großen Wahrheiten zwischenmenschlicher Chemie: Mädchen mochten Sänger. Es war ganz offensichtlich: Wenn sie jemanden haben singen sehen, gehen sie hinterher gerne auf ihn zu, fangen ein Gespräch an und versuchen, Zeit in seiner Gesellschaft zu verbringen. Der Gesang verleiht einem offenbar eine magische Anziehungskraft. Nun, das waren außerordentlich gute Neuigkeiten. Meine Masche zu dieser Zeit sah so aus: Vor dem Auftritt quatschte ich an der Bar des Lokals, wo wir auftraten, ein attraktives Mädchen an, verriet ihr aber nicht, dass ich heute Abend für die Unterhaltung zuständig war. Irgendwann sagte Mad Harry die Band an. »Entschuldige mich – ich muss an die Arbeit«, verkündete ich lapidar und zwängte mich durchs Publikum auf die Bühne. Damit schindete ich jedes Mal schwer Eindruck, und wenn ich nach dem Konzert wieder mit dem Mädchen sprach, war

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