ROD - Die Autobiografie
Unterseite der Sperrholzplatte an. Gelegentlich drückt er mir das heute noch rein.
Und eines schönen warmen Nachmittags verlor ich einen ganzen Zug mitsamt allen Wagen, als er entgleiste, durch das geöffnete Fenster fiel und unten auf dem Asphalt zerschellte. Davon habt ihr doch sicherlich schon gehört: Der Zwischenfall ging als das große Kenwood-Road-Zugunglück in die Eisenbahngeschichte ein.
Die Musik kam mir erneut dazwischen, als meine Solokarriere und die der Faces Fahrt aufnahmen. Ich musste mein Hobby hintanstellen, bis ich 1971 Cranbourne Court in der Nähe von Windsor kaufte und dort die Wand zwischen zwei Zimmern rausbrechen ließ. Das war dann schon eine ernst zu nehmende Anlage: Ich habe die Platten selbst aufgebaut und alle Gleise und Stromleitungen verlegt.
Aber davon musste ich mich wieder trennen, als ich 1975 nach Amerika zog. In Carolwood Drive, Beverly Hills, wo ich mit meiner ersten Frau Alana lebte, bastelte ich ein bisschen rum, baute ein paar Häuschen zusammen, doch ich hatte keine Anlage, auf der ich sie hätte aufstellen können. Erst als ich 1993 mein jetziges Haus in Beverly Park baute – damals war ich mit Rachel Hunter verheiratet –, ergab sich wieder die Möglichkeit, eine Modelleisenbahn aufzustellen. Malcolm, mein damaliger persönlicher Assistent, der erst als Roadie für Strider und dann für die Faces gearbeitet hatte, war ebenfalls Modelleisenbahner und half mir beim Verlegen der Gleise.
Die Anlage steht im Dachgeschoss des Hauses in einem Zimmer, das etwa 16 x 7 Meter groß ist. Meine Werkstatt liegt gleich gegenüber auf der anderen Seite des Flurs. Vorbild für meine Anlage ist eine amerikanische Stadt in der Übergangsphase von der Dampf- zur Dieselenergie. Diesellokomotiven werden gerade erst eingeführt. Es muss also ungefähr 1945 sein, kurz nach dem Krieg. Auch die Hausdächer weisen darauf hin: Es sind keine Klimaanlagen oder Belüftungsschächte zu sehen, außer bei einigen der größeren Fabrikgebäude, wo damals bereits Kühlsysteme installiert wurden. Das Stadtbild entspricht einer beliebigen amerikanischen Großstadt jener Zeit mit Hochhäusern – manche bis zu 1,50 Metern hoch – und einem Industriegebiet mit Fabrikhallen und einer Ölraffinerie. Von dort führen die Gleise hinaus in eine eher ländliche Umgebung.
Alles ist aufwendig ausgeleuchtet, damit die Stimmung der eines sonnigen Spätnachmittags entspricht, und passende Geräuscheinspielungen sorgen für das richtige Ambiente. Die Anlage ist erst zu gut zwei Dritteln fertig, ich dürfte also noch ein Weilchen damit beschäftigt sein. Nick Barone, der in Los Angeles den Allied Model Trains Store betreibt, kommt ab und zu vorbei und hilft mir bei den Dingen, die ich nicht selbst erledigen kann – die Elektrik gehört nicht gerade zu meinen großen Stärken. Und ein weiterer Freund, der Architekturmodelle baut, hat nach dem Vorbild der Brooklyn Bridge eine Brücke über den Fluss für mich entworfen. Ansonsten habe ich sämtliche Gebäude, Straßenszenen und Figuren eigenhändig bemalt und zusammengebaut.
Die Gebäude faszinieren mich, besonders der Alterungsprozess, die Verwitterung. Wenn ich in Chicago oder in Kansas City bin, den großen Eisenbahnstädten, mache ich jede Menge Fotos von Gebäuden, an denen ich mich dann orientieren kann. Selbst scheinbar einfache Details, wie beispielsweise der Rost auf einem Stück Wellblech, sind unglaublich schwierig nachzuahmen. Das gelingt nur, wenn man Fotografien studiert und seine Malfarben im Griff hat. Mir geht es wie einem Architekten: Manchmal stellt man Gebäude auf, und sie passen überhaupt nicht in die Umgebung – dann müssen sie wieder weg. Ich habe aber ein ganz gutes Auge für den richtigen Ort und Maßstab.
Die Gebäude, die ich verwende, entstehen aus Bausätzen. Drei gepolsterte Flightcases mit Farben, Werkzeugen und den Modellen, an denen ich gerade arbeite, begleiten mich, wenn ich auf Tour bin. Größere Gebäude baue ich abschnittsweise und setze sie erst zu Hause endgültig zusammen. Diese Cases reisen mit mir um die ganze Welt. Bei der Auswahl unserer Hotels achten wir darauf, dass sie uns einen hinreichend großen Tisch und eine angemessen helle Beleuchtung zur Verfügung stellen können. Zwischen Jakarta und Saskatoon habe ich so manchem beschaulichen und andernfalls beschäftigungslosen Nachmittag mit dem Modellbau einen Sinn gegeben.
Wenn ich zu Hause bin, ist ein Tag, an dem ich nicht zumindest ein klein wenig Zeit mit
Weitere Kostenlose Bücher