ROD - Die Autobiografie
Gospeltruppe, die Ende der Sechziger einen großen Hit mit »Oh Happy Day!« hatte. Woody und ich wollten sie uns vom Bühnenrand aus anschauen. Zum Chor schienen gut sechzig Leute zu gehören. Wahrscheinlich waren es höchstens zwanzig gewesen, bevor sie den Riesenhit hatten, jetzt waren es sechzig. Und als Woody und ich das Ganze so von der Seite begutachteten, fiel uns auf, dass zwei Jungs in der letzten Reihe auf dem Podium überhaupt nicht mitsangen, sondern in ihr Kartenspiel vertieft waren. Wir überlegten, ob wir Edwin Hawkins sagen sollten, dass er blinde Passagiere mit an Bord hatte, aber irgendwie ergab sich nie die rechte Gelegenheit.
Das zweite Album der Jeff Beck Group folgte 1969: Beck-Ola (man muss schon den Musik-Box-Hersteller Rock-Ola kennen, um das Wortspiel zu verstehen). Dieses Mal hatten wir entspannte sechs Tage für die Aufnahmen, mussten jedoch immer noch auf Coverversionen zurückgreifen. (Nicht nur einen, sondern gleich zwei Elvis-Songs gibt es auf der Platte: »All Shook Up« und »Jailhouse Rock«.) Woody und ich schrieben mit Jeffs Beteiligung einen Song mit dem Titel »Spanish Boots«, der Text stammte von mir – blühender Blödsinn über Klöster, Wandteppiche und darüber, seine Stiefel zu schnüren. Der ist mir heute noch peinlich. Von den Aufnahmesessions sind mir in erster Linie eine Reihe von Konflikten zwischen Mickie Most, der produzierte, und dem zunehmend launischeren und widerwilligen Jeff Beck in Erinnerung geblieben.
Dieser etwas enttäuschende Nachfolger schaffte es dennoch auf Platz 15 der Billboard -Charts. Trotz andauernder Tourneen und Plattenveröffentlichungen blieb das Geld extrem knapp. Die Bandmitglieder wurden von Becks Management schlecht behandelt – von Most, Peter Grant, der später Led Zeppelin übernahm, und diesem Buchhalter Derek Nibb. Ronnie und ich mussten immer unser Gehalt in Nibbs Büro in London abholen. Morgens um zehn kamen wir zu ihm, und er ließ uns manchmal herumsitzen und bis drei Uhr nachmittags warten, bevor er uns auszahlte – meiner Meinung nach nur so zum Spaß. Wir beiden schmiedeten andauernd finstere Pläne, wie wir uns an Nibb und seinem Büro rächen könnten, setzten sie aber nie in die Tat um.
Jeff war der Star, deshalb logierte er, wenn wir in New York waren, im Waldorf Astoria auf der noblen Park Avenue, während Woody und ich ein Stück weiter weg im wesentlich billigeren Gorham Hotel untergebracht wurden. Aber das war schon okay. Damals war das Gorham eine Rock’n’Roll-Absteige, und man traf immer irgendwelche Bands dort: Cream, Sly and the Family Stone, Ten Years After. Janis Joplin, die man durchaus nicht als schüchterne oder zurückhaltende Frau bezeichnen konnte, war immer hinter Ronnie oder mir her und versuchte einen von uns in die Kiste zu kriegen – ohne Erfolg. Wir hatten Angst vor ihr und versteckten uns hinter den Topfpflanzen in der Eingangshalle, bis sie vorbeigegangen war.
Sechs Jahre später, als wir 1974 mit den Faces auf Tournee waren, haben Ronnie und ich dem Gorham noch mal einen Besuch abgestattet. Zwar nächtigten wir im deutlich nobleren Plaza, aber wir dachten uns: Gehen wir doch mal vorbei und schauen uns den alten Schuppen wieder mal an. Und dann fragte Ronnie aus Spaß am Empfang, ob Post für uns gekommen sei. Wir standen da und kicherten vor uns hin, als der Rezeptionist wegging … und mit einer Postkarte zurückkam, die mir meine damalige Freundin Sarah Troupe sechs Jahre zuvor an die Hoteladresse geschickt hatte. Schon außergewöhnlich.
Die amerikanischen Mädels, die ich bei diesen ersten Abstechern in die USA kennenlernte – diejenigen, die zu den Shows kamen und danach mit uns backstage abhingen –, kamen mir viel freundlicher vor, viel offener und lebenslustiger als die Girls in England, wenn auch nicht unbedingt williger. Man musste viel Süßholz raspeln und sie überreden, dabei war der englische Akzent Gold wert. Das Problem bestand darin, dass das Budget dieser Beck-Touren selten mehr als ein Doppelzimmer für Ronnie und mich hergab, was sich in Sachen Damenbesuch als etwas einschränkend hätte erweisen können. Doch wir waren erfinderisch genug, es nicht so weit kommen zu lassen. Wir schufen uns ein Mindestmaß an Intimsphäre, indem wir zwischen unseren Betten eine Wand aus Koffern und allen Hotelmöbeln errichteten, die sich verrücken ließen – Nachttische, Stühle, Kleiderschränke –, und so aus dem Zimmer eine improvisierte Suite machten, oder einen Sexclub
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